Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Beiordnung nach § 11 a ArbGG
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Mutwillig handelt deshalb, wer von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen denjenigen beschreitet, von dem er von vornherein annehmen muss, dass er für ihn der Kostspieligere ist. Regelmäßig ist daher die Anstrengung eines neuen Prozesses statt einer Klageerweiterung mutwillig. Ausnahmsweise ist keine Mutwilligkeit anzunehmen, wenn für die Erhebung einer zweiten Klage nachvollziehbare Gründe bestehen.
2. Besondere Gründe, die der Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 11 a Abs. 2 ArbGG entgegenstehen, können vorliegen, wenn ein Rechtsstreit in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht sehr einfach gelagert ist. Die den Antrag stellende Partei darf offensichtlich keine Schwierigkeiten haben, ihre Interessen im Prozess ohne die Mitwirkung eines Rechtsanwalts sinnvoll wahrzunehmen. Hierunter fällt die Klage auf Erteilung eines Zeugnisses jedenfalls bis zur Durchführung des Gütetermins. Der bedürftigen Partei kann es zumutbar sein, den Gütetermin ohne Vertretung durch einen Rechtsanwalt wahrzunehmen, um abzuwarten, ob die beklagte Partei Einwendungen gegen den geltend machten Anspruch erhebt.
Normenkette
ZPO § 114; ArbGG § 11a
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Beschluss vom 15.04.2008; Aktenzeichen 3 Ca 501/08) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 15.04.2008 – 3 Ca 501/08 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 9. Mai 2006 als Vertriebsassistent tätig.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 21. Januar 2008 zum 29. Februar 2008. Hiergegen erhob der Kläger Klage vor dem Arbeitsgericht Bonn (3 Ca 370/08). Mit Schriftsatz vom 11. März 2008 teilte die Beklagte mit, dass sich die Parteien auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 29. Februar 2008 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 1.950 Euro brutto verständigt hätten. Das Arbeitsgericht stellte am 1. April 2008 das Zustandekommen eines entsprechenden Vergleiches fest. Eine Regelung zum Zeugnisanspruch des Klägers enthält der Vergleich nicht.
Der Klägervertreter hatte die Beklagte außergerichtlich mit Schreiben vom 11. Februar 2008 unter Fristsetzung bis zum 18. Februar 2008 zur Erteilung eines Zwischenzeugnisses aufgefordert. Mit der am 28. Februar 2008 beim Arbeitsgericht Bonn eingegangenen neuen Klage hat der Kläger diesen Anspruch gerichtlich verfolgt. Im Gütetermin vom 1. April 2008 hat er diesen Klageantrag zurückgenommen und nunmehr die Erteilung eines Schlusszeugnisses verlangt. Über dieses Begehren ist am 15. April 2008 antragsgemäß Versäumnisurteil ergangen. Die Beklagte hat zunächst Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt. Im Anschluss haben beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Beschluss vom 3. Juni 2008 hat das Arbeitsgericht der Beklagten die Kosten mit Ausnahme der Kosten, die für die Zustellung der Klage entstanden sind, auferlegt.
Mit Beschluss vom 15. April 2008 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei mutwillig erhoben worden. Der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, den Zeugnisanspruch in dem ersten Verfahren zu verfolgen.
Gegen den ihm am 22. April 2008 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 25. April 2008 sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Erhebung einer zweiten Klage sei nicht mutwillig, weil der Verlauf des Kündigungsschutzverfahrens nicht vorhersehbar gewesen sei. Er sei auf das Zwischenzeugnis bzw. später das Schlusszeugnis zeitnah angewiesen gewesen. Er habe nicht davon ausgehen können, dass bei einer längeren Dauer des Kündigungsschutzverfahrens ein Teilurteil ergehen werde.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 3. Juni 2008 zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die insgesamt statthafte, form- und fristgerechte sofortige Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt. Dem Kläger war Rechtsanwalt auch nicht nach § 11a ArbGG beizuordnen.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe. Die Rechtsverfolgung des Klägers ist mutwillig (§ 114 Satz 1 ZPO).
a) Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Mutwillig handelt deshalb, wer von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen denjenigen beschreitet, von dem er von vornherein annehmen muss, dass er für ihn der Kostspieligere ist. Regelmäßig ist daher die Anstrengung eines neuen Prozesses statt einer Klageerweit...