Entscheidungsstichwort (Thema)

Mehrwert einer Verschwiegenheitserklärung in einem gerichtlichen Vergleich

 

Leitsatz (amtlich)

Kein Mehrwert für eine Verschwiegenheitserklärung

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird seitens des Arbeitnehmers in einem gerichtlichen Vergleich eine Verschwiegenheitsverpflichtung eingegangen, so ist dies in der Regel als eine Leistung anzusehen, die im Wege des gegenseitigen Nachgebens gewährt wurde, damit der Rechtsstreit erledigt wurde. Solche Leistungen erhöhen den Gegenstandswert eines Vergleichs nicht.

 

Normenkette

BGB § 779; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 01.07.2016; Aktenzeichen 3 Ca 8225/15)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Streitwertbeschluss vom 18.03.2014 wird - soweit das Arbeitsgericht ihr nicht in dem Beschluss vom 01.07.2016 abgeholfen hat - zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Für die Frage eines Mehrwerts des Vergleichs kommt es nicht darauf an, welche Leistungen die Parteien sich im Wege des gegenseitigen Nachgebens versprechen. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob diese Leistungen für die Parteien wertvoll sind und welchen Wert sie haben. Entscheidend ist vielmehr, ob es sich um zuvor streitige Gegenstände handelt. Der Vergleich muss auf bereits rechtshängige oder nicht rechtshängige Streitgegenstände ausgedehnt werden (vgl. insoweit insbesondere den Beschluss der erkennenden Kammer vom 03.03.2009 - 4 Ta 467/08 - NZA-RR 2009, 503 bis 505, m. w. N.). Ausnahmsweise kann ein Mehrwert eines Vergleichs auch dadurch begründet werden, dass die Ungewissheit über künftig streitträchtige Ansprüche, z. B. Schadensersatzansprüche oder Zeugnisansprüche, beseitigt wird. In diesem letzteren Sinne kommt es darauf an, mit welcher Wahrscheinlichkeit über den Gegenstand noch ein weiterer Rechtsstreit droht (vgl. z. B. den Beschluss der erkennenden Kammer vom 15.05.2009 - 4 Ta 880/09, NRWE und LAG Hamm vom 27.07.2007 - 6 Ta 357/07, [...]).

Dementsprechend regelt auch der Streitwertkatalog in der Fassung vom 5. April 2016 unter I 22.1 Folgendes:

Ein Vergleichsmehrwert fällt nur an, wenn durch den Vergleichsabschluss ein weiterer Rechtsstreit und/oder außergerichtlicher Streit erledigt und/oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt werden. Der Wert des Vergleichs erhöht sich nicht um den Wert dessen, was die Parteien durch den Vergleich erlangen oder wozu sie sich verpflichten.

Als Beispiel wird unter I 22.1.4 dazu Folgendes ausgeführt:

Nur wenn eine Partei sich eines Anspruchs auf oder eines Rechts zur Freistellung berühmt hat, wird die Freistellungsvereinbarung mit bis zu einer Monatsvergütung (unter Anrechnung des Wertes einer Beschäftigungs- oder Weiterbeschäftigungsklage) bewertet. Die Freistellung wird nur zukunftsbezogen ab dem Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses berücksichtigt, etwaige Zeiten einer Freistellung zuvor spielen keine Rolle.

II. 1. Dementsprechend ist die Verschwiegenheitserklärung als eine Leistung anzusehen, die - von Seiten des Klägers - im Wege des gegenseitigen Nachgebens gewährt wurde, damit der Rechtsstreit erledigt wurde. Dass die Beklagte daran ein wirtschaftliches Interesse hatte, führt nach den oben genannten Grundsätzen nicht zu einem Mehrwert. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Verpflichtung zur Verschwiegenheit erörtert wurde, weil der Regelabfindungsbetrag überschritten wurde und der Kläger die Regelabfindung ablehnte. Der Kläger ist erst im Vergleich selbst die Verpflichtung zur Verschwiegenheit eingegangen. Nicht etwa wurde schon zuvor und unabhängig vom Vergleich über ein Recht der Beklagten auf Verschwiegenheit gestritten.

2. Auch die Ausführungen der Prozessbevollmächtigten des Klägers zur Freistellungsregelung bestätigen, dass es nicht etwa darum ging, dass sich die Beklagte eines Rechts zur Freistellung oder der Kläger sich eines Anspruchs auf Freistellung berühmt hätte. Vielmehr wurde die Freistellung - wie die Abfindung - erst durch den Abschluss des Vergleichs begründet und stellt mithin eine Leistung dar, die die Beklagte dem Kläger gewährte, um im Wege des gegenseitigen Nachgebens den Rechtsstreit zu erledigen.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI9735659

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