Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Abnahmung. mehrere kurzfristig aufeinander folgende Abmahnungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Klage auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte ist regelmäßig mit einem Bruttomonatsverdienst zu bewerten.

2. Bei mehreren kurzfristig aufeinander folgenden Abmahnungen sind regelmäßig die beiden ersten Abmahnungen mit einem Bruttomonatsverdienst und die Folgeabmahnungen mit einem Drittel des Betrags eines Monatsverdienst zu bewerten.

3. Besondere Umstände des Einzelfalles können ausnahmsweise eine höhere oder geringere Wertfestsetzung erfordern.

 

Normenkette

BRAGO § 10

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Beschluss vom 03.06.2003; Aktenzeichen 3 Ca 4025/02)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 03.06.2003 – 3 Ca 4025/02 – aufgehoben und der Streitwert für das Verfahren auf 13.343,44 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Der Kläger begehrte im vorliegenden Verfahren die Entfernung von sieben Abmahnungen aus seiner Personalakte. Hierbei handelte es sich um vier Abmahnungen vom 22.02.2002, zwei Abmahnungen vom 20.03.2002 sowie eine weitere Abmahnung vom 04.04.2002. Der Rechtsstreit ist durch einen vom Landesarbeitsgericht Köln in einem weiteren zwischen den Parteien wegen der Wirksamkeit einer Kündigung anhängigen Rechtsstreit gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich miterledigt worden. Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Verfahren bei der Streitwertfestsetzung den Vergleichsmehrwert wegen des miterledigten Verfahrens mit 25.473,85 EUR (= sieben Bruttomonatsverdienste des Klägers) bewertet.

Das Arbeitsgericht hat im vorliegenden Verfahren auf Antrag der Klägervertreter mit Beschluss vom 03.06.2003 den Streitwert auf 9.218,38 EUR festgesetzt und dabei jeweils ein Bruttomonatseinkommen für die ersten beiden Abmahnungen sowie je 500,00 EUR für die weiteren Abmahnungen zu Grunde gelegt. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben gegen diesen Streitwertbeschluss am 14.06.2003 Beschwerde eingelegt und eine Bewertung der Abmahnungen mit insgesamt sieben Bruttomonatsverdiensten des Klägers geltend gemacht. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 18.07.2003 nicht abgeholfen und diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II. Die gemäß § 10 Abs. 3 BRAGO statthafte und insgesamt zulässige Beschwerde ist nur zum Teil begründet. Der Streitwert ist für das Verfahren auf 13.343,44 EUR festzusetzen.

Gemäß §§ 8 Abs. 1 BRAGO, 1 Abs. 4 und 12 Abs. 1 Satz 1 GKG sowie 3 ZPO richtet sich die Wertfestsetzung für die Gebühren der anwaltlichen Tätigkeit nach den wirtschaftlichen Wert des jeweiligen Streitgegenstands, der seinerseits durch Klageantrag und Klagebegründung bestimmt wird. Die Wertfestsetzung hat dabei nach billigem Ermessen zu erfolgen. Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung mehrerer Landesarbeitsgerichte wird die Klage auf Entfernung einer Abmahnung regelmäßig mit einem Bruttomonatsverdienst bewertet (LAG Frankfurt, Beschluss vom 01.03.1988 – 6 Ta 60/88 –, LAGE § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 72; LAG Frankfurt, Beschluss vom 24.05.2000 – 15 Ta 16/00 –, NZA-RR 2000, 438; LAG Hamburg, Beschluss vom 12.08.1991 – 1 Ta 6/91 –, LAGE § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 94; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.06.1995 – 1 Ta 63/95 –, LAGE § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 103; LAG Nürnberg, Beschluss vom 11.11.1992 – 6 Ta 153/92 –, NZA 1993, 430; vgl. auch GK-ArbGG/Wenzel, § 12 Rdnr. 105 a m. w. N. aus der Rechtsprechung). Dieser Rechtsprechung schließt sich die erkennende Kammer im Grundsatz an.

Diese pauschalierte Wertermittlung bedarf jedoch in jedem Einzelfall einer Überprüfung dahingehend, ob besondere Umstände des Einzelfalles ausnahmsweise eine höhere oder geringere Wertfestsetzung erfordern (vgl. LAG Berlin, Beschluss vom 28.04.2003 – 17 Ta 6024/03 –). So kann beispielsweise bei einer besonders umfangreichen, mehrere gravierende Pflichtverstöße enthaltenden Abmahnung eine Bewertung mit 1,5 oder zwei Monatsverdiensten ebenso angemessen sein, wie die Bewertung mit einem halben Monatsverdienst bei einer offensichtlich unverhältnismäßigen Abmahnung, die wegen eines möglichen Fehlverhaltens ausgesprochen wurde, das auf einer leicht fahrlässigen Unachtsamkeit des Arbeitnehmers beruht. Auch im vorliegenden Fall, bei dem es um die Bewertung mehrerer in kurzer zeitlicher Abfolge ausgesprochener Abmahnungen geht, führen die Umstände des Einzelfalls zu einer Modifizierung der Pauschalbewertung einer Abmahnung mit einem Bruttomonatsverdienst.

Das hessische Landesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 24.05.2000 (– 5 Ta 16/00 –, NZA-RR 2000, 438) mehrere kurzfristig aufeinanderfolgende Abmahnungen grundsätzlich dahingehend bewertet, dass die beiden ersten Abmahnungen jeweils mit dem Betrag eines Bruttomonatsverdienstes bemessen werden und für weitere Abmahnungen, sofern sie innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten nach...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge