Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats zur Anrufung einer Einigungsstelle
Leitsatz (amtlich)
Zum Wegfall der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die Einführung eines OTRS-Ticketsystems, wenn sich der Arbeitgeber entgegen früheren Planungen entschließt, das System nur in einem Betrieb einzuführen.
Leitsatz (redaktionell)
Hat der Arbeitgeber sich entgegen früherer Planungen entschlossen, ein OTRS-Ticketsystem zur Erteilung bzw. Entgegennahme von Aufträgen zur Abhilfe technischer Probleme nur in einem von mehreren Betrieben einzuführen, so entfällt die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die Anrufung einer Einigungsstelle.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 6; ArbGG § 100
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 07.07.2020; Aktenzeichen 12 BV 92/20) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 07.07.2020 - 12 BV 92/20 - abgeändert.
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Errichtung einer Einigungsstelle im Hinblick auf die Einführung und Nutzung eines sog. OTRS-Ticketsystems.
Die Arbeitgeberin ist die Servicedienstleisterin des D , einer gemeinnützigen rechtsfähigen Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Mitglieder die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten und das Zweite Deutsche Fernsehen sind. Die Arbeitgeberin unterhält Betriebe in K und B . Die ARD und das D haben das webbasierte Ticketsystem OTRS (Open Technology Real Services) eingeführt, über das sowohl Aufträge auf Abhilfe technischer Probleme aufgegeben als auch entsprechende Aufträge entgegengenommen werden können. Zur Auftragserfüllung werden an den Standorten B und K jeweils zwei Arbeitnehmer eingesetzt. Der Auftraggeber D kann über das System nachverfolgen, welcher Mitarbeiter welches Ticket wann bearbeitet hat. Der bei der Arbeitgeberin gebildete Gesamtbetriebsrat hatte einer Testphase zur Einführung des Systems und der mehrfachen Verlängerung der Testphase, zuletzt bis zum 31.07.2019, zugestimmt und dabei jeweils darauf hingewiesen, dass die Zustimmung zur Testphase keine grundsätzliche Zustimmung zur Einführung des Systems darstelle.
Am 22.01.2020 beschloss der Gesamtbetriebsrat, der Einführung und dem Betrieb des OTRS-Ticketsystems nicht zuzustimmen, und in einer weiteren Sitzung vom 13.02.2020 als externen Sachverstand seine jetzigen Verfahrensbevollmächtigten hinzuzuziehen. Am 04.03.2020 beschloss der Gesamtbetriebsrat das Scheitern der Verhandlungen, die Anrufung der Einigungsstelle und für den Fall, dass die Arbeitgeberin sich nicht mit der Einigungsstelle selbst, der vorgeschlagenen Person des Vorsitzenden und der Zahl der Beisitzer einverstanden erkläre, seine jetzigen Verfahrensbevollmächtigten mit der Einleitung und Durchführung des Einsetzungsverfahrens zu beauftragen.
In seiner am 15.06.2020 bei dem Arbeitsgericht Köln eingereichten Antragsschrift hat der Gesamtbetriebsrat geltend gemacht, dass das Ticketsystem OTRS ohne Rücksicht auf die abgelaufene Befristung der Testphase unternehmensweit eingesetzt werde.
Die Arbeitgeberin hat entgegnet, der Gesamtbetriebsrat habe auf der Einführung von anonymisierten Funktionsaccounts für die vier Mitarbeiter im OTRS-System bestanden, damit eine Zuordnung der einzelnen Tickets zu ihren Bearbeitern unmöglich sei. Dazu sei das D als Auftraggeber jedoch nicht bereit gewesen und habe deswegen angekündigt, ihr den Auftrag über das Jahresende 2020 hinaus nur noch zu erteilen, wenn sichergestellt sei, dass das Ticketsystem OTRS zum Einsatz komme.
Vor diesem Hintergrund habe sich der örtliche Betriebsrat B für originär zuständig erklärt und mit ihr eine Betriebsvereinbarung zur Einführung und Nutzung des OTRS-Ticketsystems am Standort B abgeschlossen.
Sie habe die Nutzung des Ticketsystems am Standort K mit Weisung vom 01.07.2020 ausgesetzt und werde das System bis zum Auslaufen des Auftrags "Studiotechnik" am 31.12.2020 dort nicht mehr nutzen. Für das Jahr 2021 und die folgenden Jahre werde ihr das D keinen entsprechenden Auftrag mehr erteilen. Am Standort K gebe es daher keinen Mitbestimmungstatbestand mehr.
Das Arbeitsgericht hat mit einem am 07.07.2020 verkündeten Beschluss dem Antrag des Gesamtbetriebsrats entsprechend eine Einigungsstelle zu dem Regelungsgegenstand "Betriebsvereinbarung zur Einführung und Betrieb des OTRS-Ticketsystems in den Betrieben K und B " unter dem Vorsitz von Dr. Ch L , B , eingesetzt und die Zahl der Beisitzer auf 3 pro Seite festgelegt.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine Zuständigkeit der Einigungsstelle in Betracht komme, da es sich bei dem OTRS-Ticketsystem um eine technische Einrichtung zur Überwachung der Arbeitnehmer handele. Da das System betriebsübergreifend eingeführt werden solle, eine unterschiedliche Ausgestaltung in den einzelnen Betrieben mit der einheitlichen Funktion des Systems nicht vereinbar wäre und der Datentransfer über einen gemeinsamen Server stattfinde, sei eine originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsr...