Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für eine Räumungsklage bezüglich einer Werkdienstwohnung

 

Leitsatz (redaktionell)

Für Rechtsstreitigkeiten aus der Überlassung von Werkdienstwohnungen ist gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a ArbGG der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet.

Eine Werkdienstwohnung i.S. von § 576b BGB ist gegeben, wenn die Wohnung dem Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses überlassen wird, ohne dass ein eigenständiges Mietverhältnis begründet wird.

 

Normenkette

GVG § 17 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Entscheidung vom 22.02.2018; Aktenzeichen 1 Ca 1976/17)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den die Zulässigkeit des Rechtsweges bejahenden Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 22.02.2018 - 1 Ca 1976/18 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Parteien führen vor dem Arbeitsgericht Bonn einen Kündigungsschutzprozess und streiten im Beschwerdeverfahren über die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen für die von dem Beklagten im Weg der Widerklage begehrte Räumung einer der Klägerin zur Verfügung gestellten Wohnung.

Die Klägerin war aufgrund eines am 20.02.2017 abgeschlossenen Arbeitsvertrages, der als Beginn des Arbeitsverhältnisses den 01.03.2017 vorsieht, als studentische Hilfskraft für den Wachdienst "mit Dienstwohnung" (§ 1 Abs. 3 des Arbeitsvertrages ) in dem von dem Beklagten unterhaltenen Museum in B zu einer Monatsvergütung von 369,01 EUR tätig. Gemäß § 3 Abs. 4 des Arbeitsvertrages besteht ein Sonderkündigungsrecht des Beklagten "für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses über die Dienstwohnung".

Über die Wohnung schlossen die Parteien unter dem Datum des 21.02.2017 (Beklagter) bzw. des 27.02.2017 (Klägerin) unter Nutzung eines von der H GmbH erstellten Vertragsformulars einen "Wohnraummietvertrag für preisfreien Wohnraum". Gemäß § 1 Nr. 1 des Mietvertrages wurden die Räume ausschließlich zu Wohnzwecken vermietet. Nach § 2 des Mietvertrages läuft der Vertrag auf unbestimmte Zeit und kann mit gesetzlicher Frist gekündigt werden. Unter § 26 des Mietvertrages trafen die Parteien u.a. folgende handschriftlich eingetragene Vereinbarung:

"Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass die Wohnung als Dienstwohnung überlassen wird. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom 01.03.2017 endet zeitgleich dieser Mietvertrag."

Gemäß einer Zusatzvereinbarung vom 21.02.2017 erfolgt die Vermietung unter dem Marktwert, da die Wohnung "als Dienstwohnung für den Wachdienst Museum zur Verfügung gestellt wird".

Mit Schreiben vom 30.08.2017, das der Klägerin am 31.08.2017 zuging, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis. Mit Schreiben vom 04.10.2017 kündigte der Beklagte vorsorglich das Mietverhältnis.

Die Klägerin rügt die fehlende Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen für den Räumungsantrag des Beklagten. Sie ist der Auffassung, dass es sich bei der von ihr genutzten Wohnung allenfalls um eine Werkmietwohnung handele. Der Mietvertrag sei ausdrücklich als Mietvertrag bezeichnet worden und stelle auch von seiner sonstigen Ausgestaltung her einen üblichen Wohnraummietvertrag dar.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass es sich bei der Wohnung um eine Werkdienstwohnung handele. Die Parteien seien sich einig gewesen, dass die Wohnung nur für die sachgerechte Erfüllung des Wachdienstes überlassen worden sei, insbesondere während der sich an die eigentliche Wachtätigkeit anschließende Rufbereitschaft.

Mit Beschluss vom 22.02.2018 hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt. Der Beschluss ist der Klägerin am 01.03.2018 zugestellt worden.

Gegen ihn richtet sich die am 09.03.2018 bei dem Arbeitsgericht Bonn eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin, der das Arbeitsgericht gemäß Beschluss vom 26.04.2018 nicht abgeholfen hat.

II.

Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 GVG die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen für den Räumungsantrag des Beklagten bejaht. Denn bei der von der Klägerin genutzten Wohnung in der B handelt es sich um eine sog. Werkdienstwohnung. Für Rechtsstreitigkeiten aus der Überlassung von Werkdienstwohnungen ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet (BAG, Beschluss vom 02. November 1999 - 5 AZB 18/99 -, BAGE 92, 336-342, Rn. 19; Lützenkirchen in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 576b BGB, Rn. 9).

1.) Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei den Mieträumen nicht um eine sog. Werkmietwohnung iSd. § 576 BGB.

a) Werkmietwohnungen sind solche, die mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden. Es bestehen nebeneinander ein Arbeits- und ein Mietverhältnis als zwei voneinander unabhängige Rechtsverhältnisse. Das Arbeitsverhältnis ist zwar der maßgebliche, nicht jedoch der notwendig einzige Grund für den Abschluss des Mietvertrages. Für Werkmietwohnungen gelten grundsätzlich die allgemeinen Vorschrift...

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