Entscheidungsstichwort (Thema)

Wert des Beschwerdegegenstandes. Vergleichsstreitwert bei Freistellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Unter dem Wert des Beschwerdegegenstandes i.S. von § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG ist nicht die Differenz zwischen dem festgesetzten und dem begehrten Gegenstandswert, sondern die Differenz zwischen den Kosten zu verstehen, um die sich der Beschwerdeführer verbessern will bzw. würde (wie LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 09.02.2007 – 1 Ta 32/07).

2. Die in einem Kündigungsschutzprozess vergleichsweise vereinbarte Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht während der Kündigungsfrist rechtfertigt regelmäßig keine Erhöhung des Gegenstandswertes für den Vergleich gegenüber dem Verfahrensstreitwert der Bestandsschutzklage, sofern die Parteien nicht bereits vor dem Abschluss des Vergleichs über die Frage der Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht gerichtlich oder außergerichtlich gestritten haben (im Anschluss an LAG Köln, Beschluss vom 29.01.2002 – 7 Ta 285/01; LAG Köln, Beschluss vom 13.06.2005 – 4 Ta 178/05; LAG Köln, Beschluss vom 06.09.2007 – 5 Ta 232/07; gegen LAG Köln, Beschluss vom 27.07.1995 – 13 Ta 144/95 und LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.11.2000 – 1 Ta 133/00).

 

Normenkette

RVG § 33 Abs. 3 Sätze 1-2, Abs. 9 Sätze 1-2; GKG § 42 Abs. 4 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 01.10.2007; Aktenzeichen 3 Ca 3677/07)

 

Tenor

Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 01.10.2007 – 3 Ca 3677/07 – wird kostenpflichtig mit der Klarstellung als unzulässig verworfen, dass der Gegenstandswert für den Vergleich auf 12.037,85 EUR festgesetzt wird.

 

Tatbestand

I. Der Kläger war seit dem 15.08.2001 bei der Beklagten als Paketzusteller beschäftigt. Sein Bruttomonatsverdienst betrug rund 2.100,00 EUR. Mit Schreiben vom 26.04.2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.07.2007. Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 02.05.2007 vorab per Telefax beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Kündigungsschutzklage vom selben Tag gewandt, mit der er die Beklagte zugleich auf Weiterbeschäftigung als Paketzusteller in K in Anspruch genommen hat. Mit Beschluss vom 06.08.2007 hat das Arbeitsgericht gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Vergleich zustande gekommen ist, in dem es u.a. heißt:

  1. „Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch Kündigung vom 26.04.07 zum 31.07.07 sein Ende gefunden hat.
  2. Die Beklagte verpflichtet sich bis zum Beendigungszeitpunkt das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzuwickeln, wobei sich die Parteien darüber einig sind, dass bis zum Beendigungszeitpunkt die Beklagte an den Kläger 3.637,85 EUR zu zahlen hat.
  3. Die Beklagte verpflichtet sich an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 18.862,15 EUR zu zahlen. (…)
  4. Die Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Endzeugnis mit Beurteilungszeitpunkt 31.07.2007 und einer Leistungsbewertung mit der Note ‚gut’ zu erteilen.
  5. Bis zum Beendigungszeitpunkt verpflichtet sich die Beklagte widerruflich, den Kläger von der Erbringung seiner Arbeitsleistung unter Anrechnung von etwaigen noch bestehenden Urlaubsansprüchen sowie Ansprüchen aus Mehrarbeit freizustellen.

    (…)”

Mit am 18.09.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 14.09.2007 hat der Beschwerdeführer die Festsetzung des Streitwerts beantragt und angeregt, diesen für das Verfahren auf 6.300,00 EUR und für den Vergleich auf 13.800,00 EUR festzusetzen. Hinsichtlich des Vergleichs seien die Vergütungs- und Zeugnisregelung jeweils mit einem Gehalt und die Freistellungsregelung mit 50 % von drei Gehältern zu bewerten, da der Kläger in der Zeit von Mai bis Juli 2007 freigestellt gewesen sei. Mithin errechne sich für den Vergleich ein Mehrwert in Höhe von insgesamt 7.500,00 EUR.

Mit Beschluss vom 01.10.2007 hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das Verfahren auf 6.300,00 EUR und „für den Vergleich – Mehrwert – auf 5.737,85 EUR” festgesetzt. Den Mehrwert des Vergleichs hat es zum einen aus dem nominellen Betrag in Nr. 2 in Höhe von 3.637,85 EUR, zum anderen aus der Zeugniserteilung in Nr. 4 in Höhe von 2.100,00 EUR errechnet. Hinsichtlich der Freistellungsregelung hat es in den Gründen des Beschlusses ausgeführt, dass diese streitwertmäßig nicht höher zu berücksichtigen sei. Der Vergleich sei erst Anfang Juni 2007 verabredet worden. Ein besonderes, wirtschaftlich vom Regelfall abweichendes Vereinbarungspotenzial habe es hier nicht gegeben, da der Urlaub üblicherweise ohne streitige Entscheidung in der verbleibenden Restkündigungsfrist gewährt werde. Die Erwähnung im Vergleich stelle nur einen Erinnerungsposten dar, habe aber keinen separaten Wert. Anders könne dies zu bewerten sein, wenn es etwa um eine fristlose Kündigung gegangen wäre oder wenn noch künftig Folgemonate einer Regelung bedurft hätten. Dies alles sei hier...

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