Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten für die Klage des Geschäftsführers einer GmbH gegen die fristlose Kündigung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Geschäftsführer einer GmbH ist ausnahmsweise nur dann Arbeitnehmer i.S. von § 611a Abs. 1 S. 1, wenn die Gesellschaft sich eine über ihr gesellschaftsrechtliches Weisungsrecht hinausgehende Weisungsbefugnis auch bezüglich der Umstände vorbehalten hat, unter denen der Geschäftsführer seine Leistung zu erbringen hat und die konkreten Modalitäten der Leistungserbringung durch arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Weisungen bestimmen kann (hier: verneint).
2. Ist dies nicht der Fall, so lässt sich die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen auch nicht damit begründen, dass die geltend gemachten Ansprüche lediglich auf eine arbeitsrechtliche Anspruchslage gestützt werden können.
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1 Sätze 1-2
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 18.10.2019; Aktenzeichen 2 Ca 1296/19) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der die Zulässigkeit des Rechtswegs feststellende Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 18.10.2019 - 2 Ca 1296/19 - abgeändert.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist unzulässig.
Der Rechtsstreit wird von Amts wegen an das zuständige Landgericht Aachen verwiesen.
Gründe
I.
Die Beklagte betätigt sich auf dem Gebiet der Industriekeramik mit den Sparten Ingenieurkeramik, Hochtemperaturkeramik, Hochtemperaturisolation und Verschleißschutz. Ihr Stammkapital beträgt 26.000,00 EUR.
Der Kläger war seit dem 01.09.2014 zunächst als Customer Service Manager im Arbeitsverhältnis für die Beklagte tätig. Sein Bruttomonatsentgelt als Arbeitnehmer betrug zuletzt 4.166,66 EUR. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 08.01.2016 wurde er für die Zeit ab dem 01.06.2016 für die Dauer von fünf Jahren zum nicht einzelvertretungsberechtigten Mitgeschäftsführer der Beklagten neben den Geschäftsführern Dr. D S und J S bestellt. Gemäß § 3 des Geschäftsführervertrags vom 15.06.2016 setzte sich die neue Vergütung des Klägers aus einer festen Jahresgrundvergütung von 84.000,00 EUR sowie einem Bonus und sonstigen Zusagen der Gesellschaft zusammen. Ferner regelten die Parteien in dem Geschäftsführervertrag, dass etwaige frühere Arbeits- oder sonstige Dienstverhältnisse zwischen ihnen aufgehoben werden und dass der Geschäftsführervertrag mit einer Auslauffrist ua. dann endet, wenn die Bestellung zum Geschäftsführer widerrufen wird. Mit notariellem Vertrag vom 15.06.2016 erwarb der Kläger zudem von der Gesellschafterin J S einen Teilgesellschaftsanteil von 5.935,00 EUR zum Kaufpreis von 100.000,00 EUR. Am 27.06.2016 wurde der Kläger als Geschäftsführer in das bei dem Amtsgericht D geführte Handelsregister (HRB ) eingetragen.
Die Gesellschafterversammlung vom 14.06.2019 beschloss den Widerruf der Bestellung des Klägers als Geschäftsführer sowie die fristlose Kündigung seines Geschäftsführeranstellungsvertrages, die mit einem Schreiben vom selben Tag, das dem Kläger am 21.06.2019 zuging, ausgesprochen wurde. Bereits am 18.06.2019 war die Eintragung des Klägers als Geschäftsführer im Handelsregister gelöscht worden.
Mit seiner am 05.07.2019 bei dem Arbeitsgericht Bonn anhängig gemachten Klage begehrt der Kläger die Feststellungen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien
- nicht aufgrund auflösender Bedingung anlässlich des Beschlusses der Gesellschafterversammlung enden wird,
- nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten beendet worden ist und
- nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass zwischen ihm und der Beklagten auch nach der Bestellung zum Geschäftsführer ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, und behauptet, den Geschäftsführerdienstvertrag nur pro forma abgeschlossen zu haben, um ein Darlehen für den Kauf der Gesellschaftsanteile zu erhalten. Die gesamte Leitungsmacht sei durch den Mehrheitsgesellschafter Dr. S ausgeübt worden. Herr Dr. S habe sämtliche unternehmerischen Entscheidungen alleine getroffen. Auch nach seiner Bestellung zum Geschäftsführer habe er, der Kläger, jegliche Entscheidung vor der Abgabe bindender Erklärungen mit ihm absprechen müssen.
Der Abberufungsbeschluss der Gesellschafterversammlung verstoße, so die Rechtsansicht des Klägers, gegen §§ 138, 242 BGB, so dass die auflösende Bedingung treuwidrig herbeigeführt worden sei. Ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung iSd. § 626 BGB liege nicht vor. Andere mögliche Beendigungstatbestände seien ihm, dem Kläger zwar nicht bekannt. Es bestehe jedoch die Gefahr, dass die Beklagte im Verlauf des Rechtsstreits weitere Kündigungen ausspreche.
Auf die Rechtswegrüge der Beklagten hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 18.10.2019 den Rechtsweg zu dem Arbeitsgericht Bonn für eröffnet erklärt und dies damit begründet, dass es sich bei dem ...