Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausüben der Tätigkeit eines Vertriebsleiters auf der Grundlage eines freien Dienstvertrages
Leitsatz (amtlich)
Einzelfallentscheidung zur Arbeitnehmereigenschaft eines Fremdgeschäftsführers (hier verneint).
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 25.09.2024; Aktenzeichen 3 Ca 1222/24) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 25.09.2024- 3 Ca 1222/24 - abgeändert.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist unzulässig.
Der Rechtsstreit wird an das Landgericht Bonn verwiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über den Fortbestand des zwischen ihnen bestehenden Anstellungsverhältnisses nach Ausspruch einer fristlosen, hilfsweise ordentlich erklärten Kündigung der Beklagten vom 11.07.2024 sowie einer ebenfalls fristlos und hilfsweise fristgerecht erklärten Kündigung vom 12.08.2024.
Mit einem "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag" vom 30.01.2024, wegen dessen näheren Inhalts auf Blatt 5 bis 13 der arbeitsgerichtlichen Akte verwiesen wird, wurde der Kläger zum 01.04.2024 als Geschäftsführer der Beklagten mit einer monatlichen Vergütung von 10.000,- EUR brutto zzgl. einer jährlichen Tantieme von maximal 50.000,- EUR eingestellt. Für die Zeit vom 01.02.2024 bis zum 30.03.2024 war eine Tätigkeit des Klägers als Vertriebsleiter der Beklagten vereinbart.
Mit Beschluss ihrer Gesellschafterversammlung vom 21.05.2024 bestellte die Beklagte den Kläger mit Wirkung zum 01.06.2024 zu einem ihrer Geschäftsführer. Am 22.05.2024 gab der Kläger zwecks Eintragung seiner Geschäftsführerstellung im Handelsregister vor dem Notar unter anderem die Erklärung ab, er sei zum weiteren Geschäftsführer der Beklagten bestellt worden.
Am 11.07.2024 beschloss die Gesellschafterversammlung der Beklagten, den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag des Klägers fristlos, hilfsweise fristgemäß zu kündigen und ihn auf keinen Fall zum Geschäftsführer zu bestellen und im Handelsregister eintragen zu lassen. Mit Schreiben vom selben Tag kündigte die Beklagte das Anstellungsverhältnis des Klägers fristlos und hilfsweise fristgemäß.
Gemäß einem Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 30.07.2024 wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12.08.2024 kündigte die Beklagte sodann den Anstellungsvertrag per E-Mail erneut fristlos und hilfsweise fristgerecht.
Mit seiner am 31.07.2024 bei dem Arbeitsgericht eingereichten und der Beklagten am 08.08.2024 zugestellten sowie mit einem Schriftsatz vom 13.08.2024 erweiterten Klage wendet sich der Kläger gegen die Beendigung seines Anstellungsverhältnisses.
Er ist der Ansicht, Arbeitnehmer der Beklagten gewesen zu sein, da er während der gesamten Beschäftigungsdauer nur auf Anweisung tätig geworden sei. Wichtige Gründe für eine außerordentliche Kündigung lägen nicht vor. Zudem seien beide Kündigungen formunwirksam.
Der Kläger begehrt die Feststellungen,
1. dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 11.07.2024 nicht aufgelöst worden ist;
2. dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 11.07.2024 hinaus fortbesteht;
3. dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten auch nicht durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 12.08.2024 aufgelöst worden ist.
Die Beklagte rügt die Zulässigkeit des Rechtswegs und meint, der Kläger sei gemäß den Bestimmungen des Anstellungsvertrages als Geschäftsführer nie weisungsgebunden tätig geworden. Auch sei er nicht als arbeitnehmerähnliche Person anzusehen.
Das Arbeitsgericht hat mit seinem Beschluss vom 25.09.2024 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt und dies im Wesentlichen damit begründet, dass seine Klage Anträge enthalte, die nur dann begründet sein könnten, wenn das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuordnen sei. In diesen sogenannten Sic-non-Fällen eröffne die bloße Rechtsansicht der Klagepartei, es handele sich um ein Arbeitsverhältnis, den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen.
Gegen diesen ihr am 26.09.2024 zugestellten Beschluss richtet sich die am 09.10.2024 bei dem Arbeitsgericht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten, der das Arbeitsgericht mit einem Beschluss vom 23.10.2024 nicht abgeholfen hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
II.
Die nach § 17a Abs.4 Satz 3 GVG, § 48 Abs.1 ArbGG statthafte und insgesamt zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten ist begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist für den vorliegenden bürgerlichen Rechtsstreit gemäß § 2 Abs.1 Nr. 3 Buchst. a und b ArbGG nicht eröffnet.
1.) Wie das Arbeitsgericht zutreffend erk...