Rechtsmittel zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wählbarkeit. Betriebsangehöriger. Arbeitnehmerüberlassung. Auslandsberührung. Betriebszweck
Leitsatz (amtlich)
Arbeitnehmer, die auf Weisung eines ausländischen Betriebes, für den sie ausschließlich eingesetzt sind einen Arbeitsvertrag mit einer inländischen Tochter des ausländischen Beschäftigungsbetriebs abschließen, sind im Inland weder aktiv noch passiv wahlberechtigt. Die Wahlberechtigung folgt bei ausschließlichem formalem Arbeitsvertrag auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Arbeitnehmerüberlassung. Eine Betriebsratswahl bei der als ordentliche und Ersatz-Mitglieder ausschließlich nicht wählbare Arbeitnehmer gewählt wurden, ist nichtig.
Normenkette
BetrVG §§ 7-8; AÜG § 14; BetrVG § 24 Abs. 1 Nr. 6, § 19
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 26.02.1997; Aktenzeichen 3 BV 182/96) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Arbeitgebers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Köln vom 26.02.1997 – 3 BV 182/96 – abgeändert:
Es wird festgestellt, daß die Betriebsratswahl nichtig ist.
Die Beschwerde zum BAG wird zugelassen.
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die 49 Lkw-Fahrer, die einen Arbeitsvertrag mit der Beteiligten zu 1) geschlossen haben betriebsverfassungsrechtlich als Arbeitnehmer der Beteiligten zu 1) anzusehen sind, sowie um die verschiedenen Rechtsfolgen, die sich hieraus im Zuge einer Betriebsratswahl ergeben.
Die Antragstellerin ist ein Speditionsunternehmen mit Sitz in Brühl. Hier beschäftigt die Antragstellerin 11 Arbeitnehmer, in drei weiteren Filialen sind weitere 12 Arbeitnehmer tätig. Diese Arbeitnehmer vermitteln sogenannte Wechselbrücken, die auf Güterbahnhöfen abgeladen werden, an Fuhrunternehmer, die diese wiederum den endgültigen Empfängern zuleiten.
Die Antragstellerin ist 100 %ige Tochter der Fercam s.r.l., Bozen, Italien (im folgenden Fercam Italien). Diese betreibt sowohl eine Spedition als auch ein Fuhrunternehmen. Die Firma Fercam Italien unterhält einen Fuhrpark mit Lkw's und Sattelzügen und beschäftigt insgesamt 220 Fahrer.
Die Mannheimer Filiale der Antragstellerin schloß mit 49 Lkw-Fahrern Arbeitsverträge. Diese Arbeitsverträge wegen lediglich buchhalterisch, lohnsteuerrechtlich und sozialversicherungsrechtlich in Mannheim abgewickelt. Tatsächlich eingesetzt werden die 49 Lkw-Fahrer im internationalen Güterfernverkehr von Fercam Italien. Sämtliche Personalentscheidungen werden in Italien getroffen. Selbst die Einstellungsgespräche und die Auswahl der Fahrer erfolgt durch die Zentrale in Bozen. Urlaubsplanung und Fahrteinteilungen erfolgen in Bozen. In den drei Einzelfällen in denen die Antragstellerin gegenüber den Fahrern tätig geworden ist (2 Schreiben zur 80 %igen Lohnfortzahlung, 1 Schreiben bezüglich Urlaubserteilung) hat diese auf Anweisung von Fercam Italien gehandelt. Die Mannheimer Filiale erhält aus Italien die Daten über Überstunden und Auslösung und führt diese lediglich der Abrechnung zu. Die Lohnkosten werden der Antragstellerin von Fercam Italien erstattet.
Die Antragstellerin hat von Anfang an die Ansicht vertreten, daß die 49 Fahrer keinerlei Rechte aus dem Betriebsverfassungsgesetz herleiten können, da sie nicht Arbeitnehmer eines deutschen Betriebes im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes seien.
Da auf Wunsch der Fahrer durch die ÖTV eine Betriebsversammlung initiiert wurde, richtete sich das Verfahren ursprünglich gegen die ÖTV. Auf dieser Betriebsversammlung wurde ein Wahlvorstand bestehend aus den Fahrern Reiling, Scholz und Erardi gebildet. Im Wege der subjektiven Antragsänderung vertrat die Antragstellerin ihren Rechtsstandpunkt weiter und beantragte erstinstanzlich,
- festzustellen, daß der Betrieb der Antragstellerin nicht betriebsratsfähig ist, jedenfalls aber nicht im Hinblick auf die bei der Antragstellerin beschäftigten Lkw-Fahrer, die laut beiliegender Liste lohnsteuerrechtlich bei der Filiale Mannheim geführt werden.
Das Arbeitsgericht Köln hat mit am 26.02.1997 verkündetem Beschluß diesen Antrag abgewiesen.
Dabei hat es ausgeführt, daß die allgemeine Betriebsratsfähigkeit bereits aufgrund der unstreitigen Anzahl der mit der Vermittlung der Wechselbrücken im Speditionsbereich eingesetzten Mitarbeiter gegeben ist. Es hat dabei die Filialen insbesondere auch die Mannheimer Filiale dem Kölner Betrieb zugeordnet, da es sich insoweit mangels eigenständiger organisatorischer Leitung nicht um einen selbständigen Betrieb handele. Weiterhin hat das Arbeitsgericht in dem Beschluß ausgeführt, daß die 49 Lkw-Fahrer dem Betrieb in Deutschland betriebsverfassungsrechtlich zuzuordnen seien. Eine Entsendung ins Ausland auf Dauer könne nicht angenommen werden, weil die Lkw-Fahrer auch auf deutschen Straßen führen und sich zwischen den jeweiligen Fahrteinsätzen regelmäßig zu Hause in Deutschland aufhielten.
Die Zustellung des Beschlusses an den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin erfolgte am 10.06.1997. Am 08.07.1997 ging die Beschwerdeschrift ein, die gleichzeitig die Beschwerdebegründung enthielt.
Mit ...