Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit des Arbeitsgerichts bei Doppelstellung als Arbeitnehmer im einen und Geschäftsführer im anderen Betrieb (Unternehmensverbund). Matrixstruktur im Unternehmensverbund
Leitsatz (amtlich)
Für die Klage eines Arbeitnehmers gegen seine Vertragsarbeitgeberin sind die Gerichte für Arbeitssachen auch dann zuständig, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der Matrixstruktur eines Unternehmensverbunds zum Geschäftsführer von zwei anderen dem Unternehmensverbund angehörenden Gesellschaften bestellt wurde.
Normenkette
GVG § 17a; ArbGG § 5; BetrVG § 5 Abs. 3; KSchG § 14 Abs. 2; ZPO § 97
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 10.05.2022; Aktenzeichen 5 Ca 6936/21) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen feststellenden Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 10.05.2022 - 5 Ca 6936/21 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Kläger trat gemäß einem von ihm am 06.07.1998 unterzeichneten schriftlichen Anstellungsvertrag als Leiter des Instituts für Verkehrssicherheit zum am 01.10.1998 in die Dienste der Beklagten. Im Zuge der Neugestaltung der Matrix-Organisation der T Group wurde der Kläger im Jahr 2011 zum Leiter des globalen Geschäftsfelds M.04 Entwicklung/Typprüfung befördert. Die Verantwortlichkeit des Klägers als Leiter dieses Geschäftsfelds umfasste neben der Führung der entsprechenden Teams in Europa die Führung großer Teams in China, Japan, Korea und Nordamerika.
Mit Schreiben vom 04.07.2013, mit dessen Inhalt sich der Kläger durch eine Gegenzeichnung vom 06.08.2013 einverstanden erklärte, wandte sich die Beklagte wie folgt an den Kläger:
"... wir freuen uns über Ihre Bereitschaft, ab dem 01. September 2013 zusätzlich zu Ihrer Aufgabe als Globaler Geschäftsfeldleiter M.04 die Geschäftsführung der Gesellschaften
- T L GmbH, Luxemburg
- T F GmbH Berlin.
zu übernehmen.
Die Übernahme dieser Geschäftsführungsfunktionen erfolgt im Rahmen Ihres bestehenden Anstellungsvertrages mit der T K GmbH. Mit der Vergütung aus diesem Vertragsverhältnis sind zugleich alle Vergütungsansprüche als Geschäftsführer abgegolten. ..."
Mit Schreiben 21.11.2017 teilte die Beklagte dem Kläger das Ergebnis einer Gehaltsüberprüfung wie folgt mit:
"... wie mit Ihnen einvernehmlich besprochen wurde, werden die aktuell unterschiedlichen Vergütungsbestandteile für Ihre Tätigkeiten in der T K GmbH und den Gesellschaften T L GmbH und T F GmbH ab dem 01. Januar 2018 wie folgt zusammengefasst.
Ihre Pauschalvergütung beträgt ab 01.01.2018 insgesamt brutto 13.333,33 Euro. Die Zulage in Höhe von brutto 750,- Euro entfällt zum gleichen Zeitpunkt. Ihr Tantiemerahmen beträgt ab 01.01.2018 bei 100 % Ziel- und Leistungserfüllung brutto 50.000,- Euro. Die Tantieme in Höhe von brutto 11.000,- Euro für die Geschäftsführertätigkeit entfällt zum gleichen Zeitpunkt."
Zuletzt erhielt der Kläger, dem Gesamtprokura erteilt worden war, eine monatliche Vergütung iHv. durchschnittlich 18.586,33 EUR.
Die Beklagte kündigte das zwischen den Parteien bestehende Anstellungsverhältnis mit Schreiben vom 14.12.2021 zum 31.07.2022. Seit dem 04.01.2022 wird der Kläger nicht mehr als Geschäftsführer der luxemburgischen Gesellschaft geführt. Zudem wurde der Kläger gemäß einem Gesellschafterbeschluss vom 28.02.2022 der T L GmbH abberufen.
Mit seiner am 20.12.2021 bei dem Arbeitsgericht Köln anhängig gemachten und der Beklagten am 27.12.2021 zugestellten Klage macht der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung, das Fortbestehen seines Arbeitsverhältnisses und einen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend.
Die Beklagte hat die Zulässigkeit des Rechtswegs gerügt und dazu vorgetragen, dass sie die bis zum 31.12.2017 unterschiedlichen Vertragsverhältnisse mit Rücksicht auf die organschaftliche Bestellung des Klägers in den weiteren Gesellschaften einerseits und seine globale Führungsrolle im Geschäftsbereich M.04 andererseits zusammengeführt und auch hinsichtlich der Entgeltseite einheitlich behandelt habe. In diesem einheitlichen Vertragsverhältnis habe der Kläger die gesetzlichen Befugnisse eines Leitungsorgans einer juristischen Gesellschaft ausgeübt. Soweit zu dem Kläger bis zum 31.12.2017 ein Anstellungsverhältnis eines leitenden Angestellten bestanden habe, sei dieses jedenfalls seit dem 01.01.2018 zu Gunsten des einheitlichen Dienstverhältnisses aufgehoben worden.
Das Arbeitsgericht hat mit einem am 10.05.2022 verkündeten Beschluss den Rechtsweg zur Arbeitsgerichtsbarkeit für eröffnet erklärt und dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger sei unstreitig nie Geschäftsführer der Beklagten gewesen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Rechtsweg sei er zudem nicht mehr Geschäftsführer der T L S.a.r.L sowie der T L GmbH gewesen. Ob die ursprüngliche Konstellation im streitgegenständlichen Vertragsverhältnis überhaupt dazu führen könne, dass der Rechtsweg nicht eröffnet sei, müsse daher nicht entschieden werden.
Gegen diesen ihr am 16.05.2022 zugestellten Beschluss rich...