Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Anwaltsgebühren. Nachteilsausgleich. Abfindung. Kündigungsschutzantrag. Hilfsantrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren ist für die Anwaltsgebühren dann nicht maßgebend, wenn sich die anwaltliche und gerichtliche Tätigkeit nicht auf denselben Streitgegenstand beziehen.

2. Der Kündigungsschutzantrag und der Antrag auf Abfindungszahlung gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG betreffen unterschiedliche Streitgegenstände.

3. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts bezüglich eines als Hilfsantrag gestellten Anspruchs auf Nachteilsausgleich ist, auch wenn das Gericht über den Hilfsantrag (hier wegen Klagerücknahme) nicht entschieden hat, mit einer besonderen Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen.

 

Normenkette

ArbGG § 12 Abs. 7 S. 1; BRAGO § 8 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 3, § 31 Abs. 1 Nr. 1; BetrVG § 113 Abs. 3; GKG § 12 Abs. 1 S. 1, § 19 Abs. 1 S. 2; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 25.05.2001; Aktenzeichen 8 Ca 512/99)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 25.05.2001 – 8 Ca 512/99 – abgeändert:

Der Gegenstandswert wird auf 28.658,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Der Kläger hat Kündigungsschutzklage und hilfsweise Klage auf Zahlung einer Abfindung als Nachteilsausgleich gemäß § 113 Abs. 3 iVm Abs. 1 BetrVG erhoben. Der Rechtsstreit endete durch Klagerücknahme. Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers setzte das Arbeitsgericht den Streitwert durch Beschluss vom 25.05.2001 auf 14.844,00 DM fest (drei Bruttomonatsgehälter zu 4.948,00 DM).

Mit Schriftsatz vom 04.07.2001 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers unter Berufung auf § 10 BRAGO Beschwerde gegen den förmlich nicht zugestellten Streitwertbeschluss eingelegt. Mit Schriftsatz vom 06.07.2001 haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten Beschwerde eingelegt. Das Arbeitsgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Beide Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, der Gegenstandswert für den Feststellungsantrag sei fehlerhaft festgesetzt, da der Kläger lediglich 4.094,00 DM brutto monatlich verdient habe und somit der Streitwert in Höhe von 3 × 4.094,00 DM = 12.282,00 DM festzusetzen sei.

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers meinen weiter, dass für die Bemessung der Anwaltsgebühren der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Nachteilsausgleich mit einem Streitwert von 16.376,00 DM (4 × 4.094,00 DM) zu berechnen sei. Dabei sei die achtjährige Betriebszugehörigkeit des Klägers sowie dessen Lebensalter von 33 Jahren zugrunde zu legen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die nach § 10 Abs. 3 BRAGO statthaften und auch im Übrigen zulässigen Beschwerden sind begründet.

1. Der Kündigungsschutzantrag ist zu Recht mit drei Monatsgehältern gemäß § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG bewertet worden. Auszugehen ist von dem zwischen den Parteien unstreitigen Bruttomonatsgehalt des Klägers von 4.094,00 DM. Der Streitwert für den Hauptantrag war daher in Höhe von 12.282,00 DM festzusetzen.

2. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht abgelehnt, für den Antrag auf Abfindungszahlung einen gesonderten Streitwert festzusetzen, weil es sich dabei um einen Hilfsantrag handle. § 19 Abs. 1 Satz 2 GKG ist hier nicht anwendbar. Nach dieser Regelung bleibt bei der Wertfestsetzung ein Hilfsantrag außer Betracht, wenn über ihn nicht entschieden wurde. Zwar ist das hier der Fall, da der Rechtsstreit auf Grund einer Klagerücknahme erledigt worden ist. Die Vorschrift des § 19 Abs. 1 Satz 2 GKG greift jedoch vorliegend nicht ein, da es sich nicht um die Bemessung der Gerichtskosten, sondern um die Bemessung der Anwaltsgebühren handelt.

Die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren ist für die Anwaltsgebühren dann nicht maßgebend, wenn sich die anwaltliche und gerichtliche Tätigkeit nicht auf denselben Gegenstand beziehen (GK-Wenzel ArbGG § 12 Rn 88 m.w.N.; Riedel/Sußbauer BRAGO 8. Aufl. § 10 RN 5; Madert/Gerold/Schmidt BRAGO 14. Aufl. § 8 RN 19). Das trifft auch zu, wenn das Gericht in eine Prüfung des Hilfsantrags gar nicht eingetreten ist, weil wie vorliegend das Verfahren durch Klagerücknahme vorzeitig erledigt worden ist. In diesem Fall ist der Anwalt bezüglich des Hilfsantrags durch Entgegennahme der Information sowie durch Anfertigen und Einreichen der Klageschrift auch im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO tätig geworden. Diese Tätigkeit muss daher bei der Bemessung der Prozessgebühren, soweit sie nicht zur Erhebung einer Gerichtsgebühr geführt hat, mit einer besonderen Streitwertfestsetzung nach § 10 BRAGO berücksichtigt werden (LAG Hamm 26.05.1989 LAGE § 19 GKG Nr. 6; Egon Schneider, LAGE Anmerkung zu §§ 19 GKG Nr. 4;.; Creutzfeldt: Die Wertfestsetzung im arbeitsgerichtlichen Verfahren NZA 1996, 956 f., 961, 962). Die Gegenauffassung (vgl. dazu Frank: Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, 1986, S. 251 m.w.N.), berücksichtigt nicht, dass sich die Bemessung der Anwaltsgebühren nach der tatsächlic...

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