Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschlussverfahren. Mitbestimmung. Einstellung. Streitwert
Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert eines Beschlussverfahrens auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung eines Arbeitnehmers richtet sich nicht nach dem Vierteljahresverdienst des Einzustellenden, sondern nach den Regeln über nicht-vermögensrechtliche Streitigkeiten, entspricht im Zweifel also dem Hilfswert von 4.000,– EUR
Normenkette
RVG § 23; GKG § 42; BetrVG § 99
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 19.03.2008; Aktenzeichen 8 BV 42/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beteiligten zu 2 wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 19.03.2008 abgeändert:
Der Streitwert für das Beschlussverfahren Arbeitsgericht Köln 8 BV 42/08 wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Streitwertbeschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beteiligten zu 2 ist begründet. Der Streitwert für die anwaltlichen Gebühren im vorliegenden Beschlussverfahren war entsprechend § 23 Abs. 3 S. 2, 2. Hs. RVG nach dem sog. Hilfswert mit 4.000,00 EUR zu bemessen.
Die Beschwerdekammer folgt der neueren Bezirksrechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Köln, wonach es sich bei Mitbestimmungsangelegenheiten des § 99 BetrVG grundsätzlich um nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten handelt (LAG Köln,7 (9) Ta 479/06= NZA-RR 2008, 43 f.; LAG Köln vom 17.04.2007, 11 Ta 66/07; LAG Köln vom 20.07.2005, 4 Ta 255/05; LAG Köln vom 04.08.2005, 13 Ta 252/05; LAG Köln vom 21.06.2006, 2 Ta 195/06; LAG Köln vom 24.01.2007, 3 Ta 461/06). Diese Rechtsprechung steht überdies auch im Einklang mit der überwiegenden Meinung der anderen Landesarbeitsgerichte.
Die 8. Kammer des Arbeitsgerichts Köln ist in dem angegriffenen Streitwertbeschluss stattdessen in Anlehnung an § 42 Abs. 4 S. 1 GKG von dem geschätzten Vierteljahresverdienst des einzustellenden Arbeitnehmers ausgegangen. Dies erscheint letztendlich nicht sachgerecht. Der Streitwert eines Gerichtsverfahrens kann nicht an der Interessenlage eines nicht am Verfahren beteiligten Dritten – hier des einzustellenden Arbeitnehmers – ausgerichtet werden. Maßgeblich ist vielmehr das Interesse der das Gerichtsverfahren betreibenden Partei, also in einem regulären Klageverfahren das Interesse der Klagepartei, in einem Beschlussverfahren wie dem vorliegenden das Interesse der Antragstellerin. Das Interesse der antragstellenden Arbeitgeberin, die nach § 99 BetrVG erforderliche Zustimmung ihres Betriebsrats zu der Einstellung eines bestimmten Arbeitnehmers zu erlangen, ist seiner Wesensart nach betriebsverfassungsrechtlicher Natur. Mitbestimmungsangelegenheiten haben als solche nichtvermögensrechtlichen Charakter.
Nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG kann der Streitwert nach billigem Ermessen „nach Lage des Falles” auch niedriger oder höher als der Regelwert von 4.000,00 EUR bemessen werden. Hinreichende Anhaltspunkte, die es danach rechtfertigen könnten, nur ein Drittel des Regelwertes von 4.000,00 EUR als Streitwert anzusetzen, sind aber nicht erkennbar.
Für die Bewertung einer mitbestimmungsrechtlichen Angelegenheit erscheint es nicht von ausschlaggebender Bedeutung, ob es im Sinne von § 99 BetrVG bei der Mitbestimmung zur Einstellung um einen Leiharbeitnehmer oder einen eigenen Vertragsarbeitnehmer des Arbeitgeber-Unternehmens geht.
Auch die beabsichtigte Tätigkeitsdauer des einzustellenden Arbeitnehmers rechtfertigt jedenfalls im vorliegenden Fall keine Abstriche vom Regelstreitwert nach unten. Der einzustellende Leiharbeitnehmer soll vorliegend für anderthalb Jahre im Unternehmen tätig sein.
Hinzukommt, dass nach der eigenen Darstellung der Antragstellerin in ihrer Antragsschrift der hier streitgegenständlichen Angelegenheit zwischen den streitenden Betriebspartnern in gewisser Weise exemplarische Bedeutung zukam.
Der Ansatz des Regelwerts von 4.000,00 EUR erscheint bei alledem gerechtfertigt.
Gegen diesen Beschluss ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.
Unterschriften
Dr. Czinczoll
Fundstellen