Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Jugend- und Auszubildendenvertreter
Leitsatz (amtlich)
Die Auflösung eines nach § 78 a BetrVG zustande gekommenen Arbeitsverhältnisses ist dann nicht begründet, wenn der Arbeitgeber mehrere offene Teilzeitarbeitsplätze hat. Die gleichen Maßstäbe, die bei einem Aufstockungsverlagen nach § 9 TzBfG zu Grunde zu legen sind, rechtfertigen auch die vollzeitige Beschäftigung nach § 78 a BetrVG. Für die Aufteilung eines freien Stundenkontingents auf mehrere Arbeitsplätze müssen mindestens arbeitsplatzbezogene Sachgründe gegeben sein.
Ebenfalls gegen eine Auflösung des nach § 78 a BetrVG zustande gekommenen Arbeitsverhältnisses spricht, wenn ein Arbeitgeber den Mehrbedarf an Arbeitsleistung ohne erkennbares Organisationskonzept teils durch Überstunden, teils durch befristete Einstellung von Leiharbeitnehmern abdeckt. Es fehlt dann an der arbeitgeberseitigen Vorgabe einer nur beschränkten Anzahl von Arbeitsplätzen.
Normenkette
BetrVG § 78a; TzBfG § 9
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 28.08.2007; Aktenzeichen 16 BV 101/07) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 28.08.2007 – Az.: 16 BV 101/07 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten darum, ob das gemäß § 78 a BetrVG zustande gekommene Arbeitsverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Beteiligten zu 3) durch das Arbeitsgericht aufzulösen ist.
Die Arbeitgeberin bildete den Beteiligten zu 3) seit 07.08.2004 zur Fachkraft für Lagerwirtschaft aus. Der Beteiligte zu 3) ist Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung. Er forderte seine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis gemäß Schreiben vom 20.04.2007 und 16.05.2007. Die Arbeitgeberin lehnte dies mit Schreiben vom 03.05.2007 ab. Am 20.06.2007 bestand der Beteiligte zu 3) die Abschlussprüfung.
Die Arbeitgeberin bot dem Beteiligten zu 3) eine Teilzeitstelle an, mit der er den auf unabsehbare Zeit arbeitsunfähig erkrankten Vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer R vertreten sollte. Der Beteiligte zu 3) lehnte dieses Angebot ab, weil es nur eine Teilzeitstelle beinhaltete. Während der ersten zwei Monate nach Beendigung der Ausbildung wurde der Beteiligte zu 3) zunächst nicht beschäftigt. Seit dieser Zeit beschäftigt die Arbeitgeberin den Beteiligten zu 3) mit 87 Monatsstunden, leistet jedoch eine Vollzeitvergütung, ohne den Beteiligten zu 3) über 87 Monatsstunden hinaus einzusetzen. Zwischen dem Beteiligten zu 3) und der Arbeitgeberin war auch ein Rechtsstreit hinsichtlich der richtigen Vergütung anhängig. Die Beteiligten haben mitgeteilt, dass der Beteiligte zu 3) vom Arbeitsgericht Köln eine Vergütung nach dem Entgelttarifvertrag im Einzelhandel für das Land NRW nach Vergütungsgruppe III c zugesprochen erhalten hat. Dieses Urteil ist rechtskräftig geworden.
Am 29.03.2007, also vor Abschluss der Ausbildung des Beteiligten zu 3) und vor dessen erstmaliger Geltendmachung des Übernahmeverlangens, schrieb die Arbeitgeberin eine Vollzeitstelle für eine Führungsnachwuchskraft Logistik im Kölner Betrieb aus. Diese Stellenausschreibung zog sie zurück. Die Stelle wurde mindestens ein halbes Jahr lang nicht besetzt, sondern durch Überstunden anderer Arbeitnehmer vertreten. Der Beteiligte zu 3) war der erste Auszubildende in dem Ausbildungsberuf Lagerlogistik.
Ab 01.05.2007 stellte die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer B als Ersatz für einen ausgeschiedenen Arbeitnehmer befristet für die Zeit bis zum 31.08.2007 ein. Für die Zeit vom 16.06.2007 bis 30.07.2007 stellte sie drei Mitarbeiter befristet im Bereich Warenfluss und im Bereich Logistik im Umfang von jeweils 100 Stunden monatlich ein.
Da es mit dem Betriebsrat wegen der fehlenden Übernahme des Beteiligten zu 3) zu Differenzen kam, verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung zur Ableistung von Überstunden, da er die Ansicht vertrat, dem Beteiligten zu 3) könnten diese Überstunden als Aufstockung seiner Stelle zugeordnet werden. Kurzfristig stellte die Arbeitgeberin deshalb drei Leiharbeitnehmer für die Zeit vom 24.07.2007 bis 28.07.2007 ein.
Die Arbeitgeberin begründet das Auflösungsverlangen damit, dass sie über ihren Bedarf hinaus ausgebildet habe. Die Tätigkeiten der Mitarbeiter im Warenfluss, die Tätigkeiten als Gabelstaplerfahrer und die Tätigkeiten als Kommissionierer verlangten grundsätzlich keine abgeschlossene Ausbildung. Mit der Einrichtung des Ausbildungsplatzes sei ursprünglich beabsichtigt gewesen, Führungsnachwuchskräfte heranzuziehen, die bei erfolgreicher Ausbildung und persönlicher Eignung mit Leitungsfunktionen im Lagerbereich eingesetzt werden sollten. Zudem nehme sie generell Neueinstellungen nur im Rahmen von befristeten Arbeitsverträgen vor, da sie erwarte, dass es wegen der im April 2009 stattfindenden Neueröffnung der Niederlassung in K.-O. zu einem Umsatzrückgang in der Niederlassung G kommen werde.
Die Arbeitgeberin hat bea...