Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsanspruch des Betriebsrats bei Prüfung Konzernbetriebsrat. Kein Auskunftsanspruch des Betriebsrats gegen Holding. Beschränktes Informationsrecht des Betriebsrats
Leitsatz (redaktionell)
Der Betriebsrat hat gegen den Arbeitgeber - nicht gegen die Holding - einen Informationsanspruch in dem Umfang, der es ihm ermöglicht, zu prüfen, ob die Bildung eines Konzernbetriebsrats in Betracht kommt.
Normenkette
BetrVG §§ 54, 80 Abs. 2 S. 1; EBRG § 5; BGB §§ 823, 1104
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 20.08.2020; Aktenzeichen 13 BV 247/19) |
Tenor
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über Auskunftsansprüche des Antragstellers gegen die Beteiligte zu 2 als Holding-Gesellschaft der in der Möbelbranche tätigen P -Gruppe im Zusammenhang mit der Prüfung der Möglichkeiten zur Errichtung eines Konzernbetriebsrats.
In mehreren Konzernunternehmen der P -Gruppe bestehen Betriebsräte, ein Gesamtbetriebsrat ist jedoch in keinem der Konzernunternehmen gebildet. Bei dem Antragsteller handelt es sich um den Betriebsrat des von der Arbeitgeberin, der Beteiligten zu 3, betriebenen Möbelhauses in F .
Der Antragsteller erbat mit Schreiben vom 24.04.2019 von der Holding-Gesellschaft Auskunft darüber, wie viele Mitarbeiter im gesamten Konzern und den einzelnen Unternehmen beschäftigt sind, in welchen Unternehmen Betriebsräte bestehen und über die Anzahl der Arbeitnehmer, die von diesen einzelnen Betriebsräten laut Wählerliste der letzten Betriebsratswahlen vertreten werden.
Mit Schreiben vom 14.05.2019 antwortete die Holding-Gesellschaft, dass insgesamt 7.319 Mitarbeiter/innen in der P -Gruppe beschäftigt seien, wovon 3.161, also rund 43 %, durch Betriebsräte repräsentiert würden. Die Errichtung eines Konzernbetriebsrates komme nicht in Betracht, weil nicht mehr als 50 % der Arbeitnehmer durch die Betriebsräte der Konzernunternehmen repräsentiert würden.
In dem vorliegenden, am 11.06.2019 bei dem Arbeitsgericht M anhängig gemachten und mit Beschluss vom 04.11.2019 an das Arbeitsgericht Köln verwiesenen Verfahren, verfolgt der Antragsteller den geltend gemachten Informationsanspruch weiter.
Er hat die Ansicht vertreten, er habe gegen die Holding-Gesellschaft als Konzernobergesellschaft den von ihm verfolgten Informationsanspruch, um beurteilen zu können, ob die von ihm gewünschte Gründung eines Konzernbetriebsrats möglich sei.
Der Antragsteller hat beantragt,
die Antragsgegnerin übermittle ihm Unterlagen in Schriftform oder Textform über sämtliche zu ihrer Holding gehörenden Gesellschaften der P Möbel Gruppe in der Bundesrepublik Deutschland. Die Aufstellung habe mindestens die verantwortliche und aktuelle Geschäftsführung zu benennen, Auskunft darüber zu erteilen, ob in dem Betrieb ein Betriebsrat bestehe sowie bejahendenfalls den Namen des bzw. der Vorsitzenden zu benennen. Die Auskunft habe ferner die aktuelle Mitarbeiterzahl der jeweiligen Unternehmen und Betriebe zum Stichtag der Rechtshängigkeit dieses Beschlussverfahrens sowie im Falle des Bestehens eines Betriebsrates die Mitarbeiterzahl zum Zeitpunkt der letzten stattgefundenen Betriebsratswahl zu benennen.
Die weiteren Beteiligten haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie haben die Ansicht vertreten, dass der Antrag zu unbestimmt sei und dass sich ein Auskunftsanspruch des Antragstellers nur gegen die Arbeitgeberin als Trägerin des Unternehmens richten könne, bei dem derAntragsteller gebildet sei. Die Bildung eines Konzernbetriebsrates scheitere an dem erforderlichen Quorum des § 54 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Jedenfalls sei der Auskunftsanspruch erfüllt, weil die zwischenzeitlich mitgeteilt habe, welche Betriebe zum Konzern der P -Gruppe gehören und welche davon über einen Betriebsrat verfügen würden.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 20.08.2020 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antrag zwar zulässig, in der Sache jedoch unbegründet sei. Der Betriebsrat könne sein Auskunftsbegehren nicht auf § 80 Abs. 2 BetrVG stützen, weil sich dieser lediglich gegen die Arbeitgeberin richte. Eine analoge Anwendung von § 5 Abs. 1 EBRG scheitere daran, dass eine planwidrige Regelungslücke nicht vorliege. Hätte der Gesetzgeber einen vergleichbaren Anspruch im Vorfeld der Errichtung eines Konzernbetriebsrats gewollt, hätte er das Betriebsverfassungsgesetz mit Einführung des § 5 Abs. 1 EBRG entsprechend angepasst. Schließlich stehe der Anerkennung eines Auskunftsdurchgriffs gegen die Konzernobergesellschaft das konzernrechtliche Trennungsprinzip entgegen. Jedenfalls habe die Holding-Gesellschaft den Auskunftsanspruch trotz ihrer insoweit nicht bestehenden Verpflichtung erfüllt.
Der Beschluss ist dem Antragsteller am 02.10.2020 zugestellt worden. Seine dagegen gerichtete Beschwerde ist am 05.10.2020 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen und ...