Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Verfügung. Verfügungsgrund. Karneval. Rosenmontag
Leitsatz (amtlich)
1. Der Betriebsrat kann individuelle Ansprüche der Arbeitnehmer, die in einer Betriebsvereinbarung ihre Grundlage haben (hier: Freistellungs- und Vergütungsansprüche an den rheinischen Karnevalstagen), nicht zum Gegenstand eines Durchführungsanspruchs machen.
2. Ist der Arbeitgeber bereit, den Arbeitnehmern zur Teilnahme an Karneval in dem bisherigen Umfang Freizeit zu gewähren, so fehlt es hinsichtlich der Frage der Vergütungspflicht an einem Verfügungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Normenkette
ZPO §§ 253, 567, 920, 935
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Beschluss vom 31.01.2006; Aktenzeichen BVGa 2/06) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 31.01.2006 – 6 BVGa 2/06 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über die Anwendung einer „Betriebsvereinbarung über Arbeitszeitregelung” vom 17.07.1990 hinsichtlich der rheinischen Brauchtumstage Weiberfastnacht, Rosenmontag und Fastnachtsdienstag 2006.
Antragsteller ist der bei der Antragsgegnerin gebildete Betriebsrat. Die Antragsgegnerin ist ein Unternehmen der die eine Harmonisierung der Arbeitszeitregelungen innerhalb der zur Gruppe gehörenden Unternehmen herbeiführen will. Vor diesem Hintergrund wurde die Betriebsvereinbarung über Arbeitszeitregelung bereits mit Schreiben vom 30.09.2003 per E-Mail „zum 31.12.2003” gekündigt (Kopie Bl. 26 d. A.). „Rein vorsorglich” wiederholte die Antragsgegnerin die Kündigung mit Schreiben vom 23.09.2005 (Kopie Bl. 27 d. A.). In einem weiteren Schreiben an den Betriebsrat vom 23.12.2005 heißt es:
„Sehr geehrter Herr S,
mit Schreiben vom 23.09.2005 hatten wir Ihnen mitgeteilt, dass zukünftig an allen Karnevalstagen die normale Sollarbeitszeit von 7:36 Stunden gilt. Wie in den letzten beiden Jahren angekündigt, sind wir nicht mehr bereit, für diese Tage eine Zeitgutschrift zu gewähren und wollen dies jetzt für das Jahr 2006 auch umsetzen. Zugleich entfällt der „B Tag”.
Wir sind der Auffassung, dass die Betriebsvereinbarung Arbeitszeit der B B im Jahre 2003 durch H. B wirksam gekündigt wurde. Ferner gehen wir davon aus, dass keine Nachwirkung bezüglich der freiwilligen Regelungen besteht.
Da es uns nicht darum geht, den Karneval „abzuschaffen” sondern lediglich die Zeitgutschrift, schlagen wir für 2006 eine Regelung außerhalb der BV Arbeitszeit vor.
Den Mitarbeitern wird ermöglicht, an den gleichen Tagen wie im Vorjahr Freizeit – jedoch ohne entsprechende Zeitgutschrift – in Anspruch zu nehmen und den Betrieb am Rosenmontag (27.02.) zu schließen. Für Weiberfastnacht (23.02.) gilt die Sollarbeitszeit von 7:36 Stunden; für die Teilnahme an der Weiberfastnachtsfeier des D H wird keine Zeitgutschrift gewährt. Über die Umsetzung in der Zeitwirtschaft können wir uns noch verständigen.
Wir hoffen, dass unser Vorschlag Ihr Einverständnis findet. Wie Sie wissen, können wir dieses Verfahren nicht einseitig umsetzen. Bei fehlendem Einvernehmen müssten wir die Mitarbeiter daher darüber informieren, dass mit Ausnahme von normalen Urlaubsregelungen die regelmäßige Sollarbeitszeit bzw. Anwesenheitspflicht gilt.
Bitte teilen Sie uns Anfang Januar mit, ob Sie mit dieser Lösung einverstanden sind.”
Mit dem am 20.01.2006 beim Arbeitsgericht eingegangen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat der Betriebsrat beantragt:
1. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es zu unterlassen,
1.1 den 27.02.2006 (Rosenmontag) als Arbeitstag zu behandeln,
1.2 den 23.02.2006 (Weiberfastnacht) über 4 Stunden hinaus als Arbeitstag zu behandeln,
1.3 den 28.02.2006 (Fastnachtsdienstag) über 5,5 Stunden hinaus als Arbeitstag zu behandeln.
2. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziffer 1 wird der Antragsgegnerin pro Tag und pro betroffenem Arbeitnehmer ein Ordnungsgeld angedroht, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.
ersatzweise Ordnungshaft.
3. Hilfsweise:
die unter 1. und 2. beantragte einstweilige Verfügung nach Anhörung der Beteiligten unter größtmöglicher Abkürzung der Ladungs- und Einladungsfristen zu erlassen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 31.01.2006 ohne mündliche Anhörung der Beteiligten zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, es fehle an einem Verfügungsgrund, weil ein möglicher Verstoß gegen die Betriebsvereinbarung im Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden könne und hinsichtlich der Frage, ob eine bezahlte Freistellung der Arbeitnehmer stattzufinden habe, kein besonderes Eilbedürfnis bestehe. Zudem habe der Betriebsrat längst eine Klärung im Hauptsacheverfahren anstreben und erreichen können.
Mit seiner am 13.02.2006 gegen den am 03.02.2006 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts eingelegten Beschwerde verfolgt der Betriebsrat seine Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung weiter.
Er meint, dass entgegen der Auffassung des A...