Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Handelsvertreter
Leitsatz (amtlich)
1. Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang gemäß § 2 Absatz 3 ArbGG kann nicht angenommen werden, wenn auf ein Einarbeitungsarbeitsverhältnis als Vertriebsassistent eine selbständige Tätigkeit als Generalvertreter mit der Verantwortung für eine Agentur folgt.
2. Für die Geltendmachung der Rückforderung von nicht verdienten Provisionsvorschüssen reicht es nicht aus, sich auf Provisionsabrechnungen oder Kontokorrentsalden zu berufen. Zur schlüssigen Darlegung ist vielmehr erforderlich, darzulegen, dass und wann Stornogefahrmitteilungen erteilt worden sind und welche Nachbearbeitungsmaßnahmen mit welchem Erfolg ergriffen worden sind.
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Beschluss vom 20.10.2010; Aktenzeichen 4 Ca 2262/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 20.10.2010 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin Rückzahlung von vorschussweise geleisteten Provisionen.
Der Beklagte war zunächst für die Klägerin in der Zeit vom 01.10.2005 bis zum 30.11.2006 als angestellter Außendienstmitarbeiter zur Ausbildung als Vertriebsassistent tätig. Grundlage hierfür war der Vertrag vom 24.10.2005 (Bl. 13 ff. d. A.).
Vom 01.12.2006 bis zum 31.12.2007 war der Kläger alsdann als selbständiger Handelsvertreter für das Unternehmen der Beklagten tätig. Maßgebende Grundlage hierfür war der Agenturvertrag vom 11.12.2006 (Bl. 20 ff. d. A.), in dem der Beklagte als Generalvertreter bezeichnet wurde und ihm eine Agentur der Beklagten im Gebiet der Vertriebsdirektion Köln übertragen wurde.
Aus vorzeitigen Stornierungen verschiedener vermittelter Versicherungsverträge begehrt die Klägerin Rückzahlungsansprüche in Höhe von insgesamt 6.292,77 EUR, davon 621,96 EUR aus der Tätigkeit als Vertriebsassistent und der Rest in Höhe von 5.670,81 EUR aus der selbständigen Tätigkeit als Handelsvertreter.
Nach vorangegangenem Hinweis hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 20.10.2010 den Rechtsstreit hinsichtlich der aus den Arbeitsverhältnis geltend gemachten Beträge von 621,96 EUR abgetrennt und den verbleibenden Rechtsstreit an das Landgericht Bonn verwiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, für die Rückzahlungsansprüche aus dem selbständigen Handelsvertreterverhältnis sei das Arbeitsgericht nicht zuständig. Die Zuständigkeit lasse sich auch nicht aus § 2 Abs. 3 ArbGG herleiten. Denn ein Zusammenhang zu einer arbeitsrechtlichen Streitigkeit sei nicht gegeben. Ein einheitlicher Lebenssachverhalt liege nicht vor. Die Rückzahlungsansprüche beruhten auf unterschiedlichen Sachverhalten, da sie nach der Behauptung der Klägerin durch die jeweilige Stornierung unterschiedlicher Versicherungsverträge ausgelöst worden seien.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin. Die Klägerin macht geltend, es bestehe ein einheitlicher Lebenssachverhalt. Sowohl dem Arbeitsverhältnis als auch den Vertragsverhältnis als selbständiger Handelsvertreter sei eigen, dass von dem Beklagten Versicherungsverträge auf Provisionsbasis vermittelt worden seien. Der einheitliche Lebenssachverhalt ergebe sich auch schon daraus, dass die Vorschriften der §§ 87 ff. HGB auch auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fänden. Insbesondere bestehe bei gemischten Verträgen, von denen einer ein Arbeitsvertrag sei, der geforderte Zusammenhang.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Rechtssache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Entscheidungsgründe
II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht sich hinsichtlich der Forderungen aus dem selbständigen Handelsvertreterverhältnis für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht Bonn verwiesen.
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Die sofortige Beschwerde ist statthaft gemäß § 17 a Abs. 4 S. 3 GVG. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden.
2. In der Sache ist die sofortige Beschwerde nicht begründet. Eine Zuständigkeit des Arbeitsgerichts für die Ansprüche aus dem selbständigen Handelsvertreterverhältnis kann nicht angenommen werden.
a) Unstreitig ist der Beklagte, soweit der Zeitraum ab dem 01.12.2006 bis zum 31.12.2007 und damit die Ansprüche aus dem selbständigen Handelsvertreterverhältnis in Höhe von 5.670,81 EUR betroffen sind, kein Arbeitnehmer der Klägerin mehr gewesen. Das Vertragsverhältnis der Parteien war ab dem 01.12.2006 ein selbständiges Handelsvertreterverhältnis, dessen Rechtsqualität von keiner der Prozessparteien in Frage gestellt wird.
Der Beklagte kann auch nicht als Arbeitnehmer gemäß § 5 Abs. 3 ArbGG angesehen werden. Nach dieser Vorschrift gelten Handelsvertreter nur dann als Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für de...