Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung der Prozesskostenhilfe bei Abschluss eines Vergleichs im Gütetermin
Leitsatz (amtlich)
Hinweispflicht des Gerichts, wenn eine Partei, die Prozesskostenhilfe beantragt, aber die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch nicht eingereicht hat, an der Erledigung des Rechtsstreits mitwirkt.
Leitsatz (redaktionell)
Hat der Kläger mit Einreichung der Klageschrift die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt und angekündigt, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unverzüglich nachzureichen, so hat das Gericht, wenn der Rechtsstreit in einem unmittelbar darauf anberaumten Gütetermin durch Vergleich erledigt wird, den Kläger darauf hinzuweisen, dass es beabsichtigt ist, die Prozesskostenhilfe nach Erledigung durch Vergleich aus diesem Grund abzuweisen.
Normenkette
ZPO §§ 114, 117 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 27.08.2015; Aktenzeichen 2 Ca 2158/15) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 27.08.2015 - 2 Ca 2158/15 - abgeändert: Dem Kläger wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe in vollem Umfang mit Wirkung vom19. März 2015 bewilligt und Rechtsanwalt M H zur Wahrnehmung der Rechte in diesem Rechtszug beigeordnet. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt mit der Maßgabe, dass der Kläger derzeit keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten braucht.
Gründe
Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO war zu bejahen. Auch konnte mit der vom Arbeitsgericht im Nichtabhilfebeschluss vom 19. November 2015 unter Bezug auf das gerichtliche Schreiben vom 09.10.2015 gegebenen Hilfsbegründung der Prozesskostenhilfeantrag nicht zurückgewiesen werden.
A. Was zunächst die Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO anbelangt, gilt zum Grundsätzlichen Folgendes:
I. Die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu führen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Prozesskostenhilfeverfahren zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Denn das Prozesskostenhilfeverfahren soll den gebotenen Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern erst zugänglich machen (vgl. hierzu und zum Folgenden z. B. BVerfG 08.12.2009, 1 BvR 2733/06 mit zahlreichen weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
Diesen verfassungsrechtlich gebotenen Zweck der Prozesskostenhilfe haben die Fachgerichte bei Auslegung und Anwendung des § 114 S. 1 ZPO zu beachten. Den ihnen zukommenden Entscheidungsspielraum überschreiten sie, wenn sie in Verkennung der in Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit die Anforderungen an die Erfolgsaussicht überspannen und der unbemittelten Partei im Verhältnis zur bemittelten die Rechtsverfolgung unverhältnismäßig erschweren. Dieses kommt dann in Betracht, wenn dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussicht seines Begehrens Prozesskostenhilfe vorenthalten wird, obwohl die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer in Ansehung der einschlägigen gesetzlichen Regelung und bereits vorliegenden Rechtsprechung schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt. Gleiches gilt für den Fall, dass eine entscheidungserhebliche Tatsache zwischen den Parteien im Streit steht und keine Anhaltspunkte vorliegen, dass eine durchzuführende Beweisaufnahme mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Lasten des bedürftigen Antragstellers ausgehen würde. Dementsprechend reicht es aus, wenn bei einer allein erlaubten vorläufigen Prüfung der Parteivortrag als vertretbar bezeichnet werden kann, wobei die Anforderungen an die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen nicht überspannt werden dürfen.
Es genügt, wenn der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat, keineswegs ist eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erforderlich (LAG Düsseldorf 29.11.1999 LAGE § 114 ZPO Nr. 36).
II. Das Arbeitsgericht hat sich in dem angefochtenen Beschluss vom 21.08.2015 allein mit dem Maßregelungsverbot nach § 612 a BGB auseinandergesetzt. Die Klage war indes sowohl im tatsächlichen Vorbringen als auch durch ausdrückliche Benennung der gesetzlichen Vorschrift auch darauf gestützt, dass die Kündigung gemäß § 613a BGB unwirksam sei.
Der Vortrag des Klägers, die Kündigung sei wegen Betriebsübergangs (§613a Abs. 4 BGB) erfolgt, ist nach dem Vortrag in der Klageschrift weder tatsächlich noch rechtlich so fernliegend, dass nach den oben genannten Maßstäben Erfolgsaussicht bereits im gegebenen Verfahrensstadium hätte verneint werden können. Der zeitliche Zusammenhang der Kündigung mit dem dargelegten Betriebsübergang spricht jedenfalls in einem gewissen Maße indiziell dafür, dass die Kündigung wegen des Betriebsübergangs erfolgte. Mangels einer schlüssigen und substantiierten Erwiderung der Beklagten durfte Erfolgsaussicht nicht verneint werden. Die Beklagte hatte ausweislich der Gerichtsakten auf die Klageschrift zum Zeitpunkt des Gütetermins noch nicht schriftsätzlich erwidert. Auch aus de...