Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwertung einer nicht besonders geschützten Lebensversicherung für die Prozessführung. Prozesskostenhilfe. Verwertung von Lebensversicherung im Rahmen des § 115 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die sogenannte Riester-Rente ist gesetzlich geregelt, dass sie für die Prozesskostenhilfe nicht zu verwerten ist (§ 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i. V. m. § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII).

2. Für andere Lebensversicherungen gilt der Grundsatz, dass eine nicht besonders geschützte Lebensversicherung regelmäßig für die Prozesskosten zu verwerten ist, soweit ihr durch Kündigung, Verkauf oder Beleihung erzielbarer Wert das Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b der Verordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII übersteigt.

3. § 90 Abs. 3 SGB IX ist zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen die Lebensversicherung ausnahmsweise nicht für die Prozessführung zu verwerten ist. Danach darf der Einsatz oder die Verwertung eines Vermögens nicht verlangt werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls (BGH 9. Juni 2010 - XII ZB 55/08 - [...]).

4. Von einer wesentlichen Erschwerung der Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung kann nur ausgegangen werden, wenn die Lebensversicherung der Alterssicherung dienen soll. Hierfür genügt die bloße Absicht, das Kapital zur Altersversorgung bereitzuhalten, nicht. Vielmehr hat der Antragsteller darzulegen, dass das Kapital aufgrund der vertraglichen Gestaltung, etwa durch eine entsprechende Fälligkeit, Zweckbindung oder durch sonstige Regelungen für die Alterssicherung bestimmt und geeignet ist. Denn anderenfalls steht das Kapital aus der Lebensversicherung dem Antragsteller zur freien Verfügung und unterscheidet sich insoweit nicht von sonstigem Vermögen, das - soweit es das Schonvermögen übersteigt - für die Prozesskosten heranzuziehen ist.

5. Zudem ist in jedem Fall erforderlich, dass ohne das einzusetzende Kapital die angemessene Altersversorgung des Antragstellers nicht gewährleistet ist, was wiederum vom Antragsteller darzulegen ist. An einer angemessenen Altersvorsorge fehlt es dann, wenn der Antragsteller im Rentenalter ohne das einzusetzende Einkommen voraussichtlich sozialleistungsbedürftig wird.

 

Normenkette

ZPO § 115; SGB IX §§ 390, 90 Abs. 2-3; ZPO § 115 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 21.06.2012; Aktenzeichen 6 Ca 2632/12)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 21. Juni 2012- 6 Ca 2632/12 - aufgehoben:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beschwerde der Staatskasse ist begründet.

Der Kläger kann die Kosten der Prozessführung selbst bestreiten (§ 114 Abs. 1 ZPO). Es ist ihm zumutbar, sein Vermögen, zu dem die bei der C abgeschlossene Lebensversicherung gehört, einzusetzen (§ 115 Abs. 3 ZPO).

Für andere Lebensversicherungen gilt der Grundsatz, dass eine nicht besonders geschützte Lebensversicherung regelmäßig für die Prozesskosten zu verwerten ist, soweit ihr durch Kündigung, Verkauf oder Beleihung erzielbarer Wert das Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b der Verordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII übersteigt(BGH 9. Juni 2010 - XII ZB 55/08 - [...]).

§ 90 Abs. 3 SGB IX ist zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen die Lebensversicherung ausnahmsweise nicht für die Prozessführung zu verwerten ist. Danach darf der Einsatz oder die Verwertung eines Vermögens nicht verlangt werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls(BGH 9. Juni 2010 - XII ZB 55/08 - [...]).

Von einer wesentlichen Erschwerung der Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung kann nur ausgegangen werden, wenn die Lebensversicherung der Alterssicherung dienen soll. Hierfür genügt die bloße Absicht, das Kapital zur Altersversorgung bereitzuhalten, nicht. Vielmehr hat der Antragsteller darzulegen, dass das Kapital aufgrund der vertraglichen Gestaltung, etwa durch eine entsprechende Fälligkeit, Zweckbindung oder durch sonstige Regelungen für die Alterssicherung bestimmt und geeignet ist. Denn anderenfalls steht das Kapital aus der Lebensversicherung dem Antrag...

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