Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsvollstreckung während der Insolvenz des Beklagten (Zwischenzeugnis). Vollstreckung bei Verurteilung zur Erteilung einer Lohnabrechnung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses kann auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner vollstreckt werden. Das Vollstreckungsverbot des § 89 InsO kommt nicht zu Anwendung. Ansprüche auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung (§ 888 ZPO) bleiben gegen den Schuldner selbst durchsetzbar.
2. Die Verurteilung zur Erteilung einer Lohnabrechnung wird regelmäßig nicht nach § 888 ZPO, sondern nach § 887 ZPO vollstreckt. Es handelt sich um eine vertretbare Handlung. Die Erstellung einer Lohnabrechnung ist regelmäßig nicht ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängig; vielmehr können Lohnabrechnungen in aller Regel von jedem sachkundigen Dritten, etwa einem Steuerberater, erstellt werden, wenn die betrieblichen Lohnunterlagen zur Verfügung stehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die erforderlichen Lohnunterlagen nicht in geeigneter Form zur Erstellung einer Lohnabrechnung vorliegen.
Normenkette
InsO § 89; ZPO §§ 887-888
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 17.03.2008; Aktenzeichen 17 Ca 836/07) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 17. März 2008 – 17 Ca 836/07 – teilweise abgeändert:
Der Antrag der Klägerin auf Festsetzung von Zwangshaft wird insoweit zurückgewiesen, als er sich auf die Erteilung der Lohnabrechnungen für die Monate Februar bis April 2007 bezieht.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Vollstreckungs- und Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Die Klägerin ist beim Beklagten seit dem 28. Oktober 2006 als Friseurmeisterin zu einem monatlichen Bruttogehalt von 1.600 Euro beschäftigt. Wegen der Gehaltsabrechnungen für Oktober und November 2006, die die Klägerin der Klageschrift beigefügt hat, wird auf Bl. 2 f. d. A. verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 15. März 2007 hat die Klägerin den Antrag angekündigt, den Beklagten zu verurteilen, das Arbeitsverhältnis für den Monat Februar 2007 auf Basis eines Bruttomonatsentgelts von 1.600 Euro abzurechnen. Entsprechende Anträge hat sie mit Schriftsatz vom 2. April 2007 für März 2007 und mit Schriftsatz vom 30. April 2007 für April 2007 angekündigt. Darüber hinaus hat sie die Erteilung eines Zwischenzeugnisses verlangt.
Mit rechtskräftigem Versäumnisurteil vom 14. Juni 2007 hat das Arbeitsgericht den Beklagten verurteilt, der Klägerin ein Zwischenzeugnis sowie Entgeltabrechnungen für Februar, März und April 2007zu erteilen.
Auf Antrag der Klägerin vom 5. September 2007 hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 30. Oktober 2007 ein Zwangsgeld gegen den Beklagten in Höhe von 1.000 Euro zur Erzwingung der im Versäumnisurteil vom 14. Juni 2007 ausgewiesenen Verpflichtungen festgesetzt.
Die von der Klägerin vorgenommene Vollstreckung des Zwangesgeldes ist fruchtlos geblieben. Auf ihren Antrag vom 12. Februar 2008 hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 17. März 2008 Zwangshaft festgesetzt.
Gegen den am 22. März 2008 zugestellten Beschluss wendet sich der Beklagte mit der am 31. März 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Beschwerde. Er macht geltend, er habe am 13. März 2008 einen Insolvenzantrag gestellt. Das Insolvenzverfahren ist vom AG Köln (73 IN 428/07) am 25. März 2008 eröffnet worden.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie mit Beschluss vom 14. April 2008 dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Das Landesarbeitsgericht hat die Parteien darauf hingewiesen, dass der Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung regelmäßig nach § 887 ZPO und nicht nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist. Die Klägerin trägt hierzu vor, der Beklagte unterhalte einen Kleinstbetrieb; er beschäftige außer ihr keinen weiteren Arbeitnehmer. Ihr lägen keine Abrechnungsunterlagen vor. Sie habe vom Beklagten zu keinem Zeitpunkt eine Entgeltabrechnung erhalten. Vor diesem Hintergrund habe die Vollstreckung vorliegend ausnahmsweise nach § 888 ZPO zu erfolgen.
Entscheidungsgründe
II. Die nach § 793 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist in der Sache nur teilweise begründet. Der Beklagte ist nicht durch Zwangshaft anzuhalten, der Klägerin Abrechnungen für die Monate Februar bis April 2007 zu erteilen. Soweit sich die Beschwerde auf das Zwischenzeugnis bezieht, ist sie unbegründet.
1. Der Zwangsvollstreckung steht zunächst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten nicht entgegen. Das Vollstreckungsverbot des § 89 InsO kommt nicht zur Anwendung. Ansprüche auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung (§ 888 ZPO) bleiben gegen den Schuldner selbst durchsetzbar (vgl. nur MünchKommInsO-Breuer § 89 Rdnr. 31 m.w.N.).
Dies gilt auch für den Zeugnisanspruch. Der Zeugnisanspruch ist im Falle einer Insolvenzeröffnung vom Schuldner und nicht vom Insolven...