Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahl der Hauptschwerbehindertenvertretung. Wahlanfechtung. vereinfachtes Wahlverfahren
Leitsatz (amtlich)
Für die Wahl der Hauptschwerbehindertenvertretung gelten gemäß § 97 Abs. 77 SGB IX unter anderem die Vorschriften über die Wahl der Schwerbehindertenvertretung nach § 94 Abs. 3 bis 7 SGB IX entsprechend. Bei einer normzweckbezogenen Auslegung des so in Bezug genommenen entsprechend anzuwendenden § 94 Abs. 6 SGB IX ist für das sog. vereinfachte Wahlverfahren bei der Wahl der Hauptschwerbehindertenvertretung das Kriterium der räumlichen Nähe im Sinne von § 95 Abs. 6 Satz 3 SGB IX nicht anzuwenden.
Normenkette
SGB IX §§ 94, 97; SchwbvWO § 18 ff; BPersVG § 25
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Aktenzeichen 5 BV 51/11) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) – 7) wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der am 23.02.2011 bei dem Beteiligten zu 9) durchgeführten Wahl der Hauptschwerbehindertenvertretung.
Die Rechte der schwerbehinderten sowie der gleichgestellten Menschen werden im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung durch Vertrauenspersonen wahrgenommen. Auf der Ebene der Mittelbehörden werden in den insgesamt 16 Kommandos und Ämtern der Bundeswehr Bezirksvertrauenspersonen gewählt. Beim Beteiligten zu 9) wird eine Hauptvertrauensperson sowie deren Stellvertreter gewählt, die die Hauptschwerbehindertenvertretung bilden. Wahlberechtigt hierzu sind die insgesamt 16 Bezirksvertrauenspersonen sowie die örtliche Vertrauensperson des Bundesministeriums der Verteidigung. Bei den Beteiligten zu 1) bis 7) handelt es sich um Bezirksvertrauenspersonen. Der Beteiligte zu 8) ist die derzeitige, in der angefochtenen Wahl gewählte Hauptvertrauensperson.
Mit Schreiben vom 07.01.2011 lud die damalige Hauptvertrauensperson sämtliche Bezirksvertretungen sowie die örtliche Vertrauensperson beim Bundesministerium der Verteidigung zu der in der Zeit vom 22.02.2011 bis 25.02.2011 in B. stattfindenden Jahresversammlung ein. Im Rahmen dieser Versammlung fand am 23.02.2011 die Wahl der Hauptschwerbehindertenvertretung statt. An der Wahl beteiligten sich insgesamt 15 Vertreter der verschiedenen Bezirksschwerbehindertenvertretungen sowie die örtliche Vertrauensperson des Ministeriums. Zusätzlich waren die Herren C. und W. zugegen. Für den Bereich Sanitätsamt nahm keine Vertrauensperson an der Wahl teil. Nach dem Rücktritt des bisherigen Amtsinhabers und dessen Vertreters hatte bis zum 23.02.2011 dort keine neue Wahl stattgefunden.
Geleitet wurde die Wahl der Hauptschwerbehindertenvertretung durch Herrn K., der zu diesem Zeitpunkt kein Amt als Vertrauensperson bekleidete. Die bei der Wahl verwendeten Stimmzettel entsprachen dem Muster, das die Integrationsämter für die Wahlen der Schwerbehindertenvertretung vorschlagen. Der Beteiligte zu 8) wurde mit 9:7 Stimmen gewählt. Bei der Wahl des Stellvertreters entfielen auf Herrn Dr. M. 14, auf Herrn K. 10, auf Frau H. 9, auf Frau Dr. Mi. 9, auf den Beteiligten zu 1) 8, auf Herrn Ko. 8 und auf Herrn W. 7 Stimmen.
Mit der am 12.03.2011 beim Arbeitsgericht Bonn eingegangenen Antragsschrift haben sich die Beteiligten zu 1) bis 7) gegen die Gültigkeit der Wahl gewandt.
Sie haben die Auffassung vertreten, sowohl die Wahl der Hauptvertrauensperson, als auch die der Stellvertreter leide unter schweren Fehlern, die die Nichtigkeit, zumindest aber die Anfechtbarkeit der Wahl begründeten. Die Wahl sei unberechtigterweise im vereinfachten Verfahren durchgeführt worden, obwohl dessen rechtliche Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten und ein Teilnehmer vor der Wahl die Durchführung des förmlichen Verfahrens beantragt hätte. Zu Unrecht sei eine öffentliche Bekanntmachung der Wahl unterblieben. Zudem erwecke die persönliche Einladung einzelner Kandidaten den Eindruck der Wahlmanipulation. Auch durch die fehlende Teilnahme der Bezirksvertretung Sanitätsamt habe ein Wahlberechtigter nicht wählen können. Ein weiterer Fehler bestehe darin, dass der Wahlleiter nicht zum Kreis der Wahlberechtigten gehört und sein Amt daher unbefugt ausgeübt habe. Schließlich sei die Wahl unwirksam, weil die Wahlzettel nicht im Sinne eines „Vier-Augen-Prinzips” kontrolliert worden seien und außerdem zwei der anwesenden Wahlberechtigten trotz bestehender Dienstunfähigkeit gewählt hätten.
Die Beteiligten zu 1) bis 7) haben beantragt,
- die Wahl zur Hauptvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen beim Bundesministerium der Verteidigung vom 23.02.2011 für ungültig zu erklären,
- die Wahl der insgesamt sieben Stellvertreter der Hauptvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen beim Bundesministerium der Verteidigung vom 23.02.2011 für ungültig zu erklären.
Der Beteiligte zu 8) hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 9) hat keinen Antrag gestellt.
Der Beteiligte zu 8) hat die Auffassung vertreten, die Durchführung der Wahl i...