Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Beschwerde bei Einreichung einer nicht unterzeichneten Beschwerdeschrift. Gründungszuschuss nach § 57 SGB III als einzusetzendes Einkommen i. S. von § 115 Abs. 1 S. 1 ZPO
Leitsatz (amtlich)
1. Die unterbliebene Unterzeichnung einer Beschwerdeschrift steht der Zulässigkeit einer von der Partei selbst – ohne anwaltliche Vertretung – eingelegten Beschwerde (hier gegen einen erstinstanzlichen Beschluss im Rahmen des PKH-Verfahrens) jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Beschwerdeschrift den Beschwerdeführer, die angefochtene Entscheidung und das Anliegen der Überprüfung derselben durch die höhere Instanz erkennen lässt (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – IX ZB 369/02, NJW 2004, 1112 f.).
2. Bei dem nach § 57 SGB III gewährten Gründungszuschuss handelt es sich jedenfalls insoweit um einzusetzendes Einkommen i. S. von § 115 Abs. 1 Satz 1 ZPO, als er gemäß § 58 Abs. 1 SGB III in Höhe des Betrags geleistet wird, den der Arbeitnehmer als Arbeitslosengeld zuletzt bezogen hat.
Normenkette
SGB III §§ 57, 58 Abs. 1; ZPO § 120 Abs. 4 S. 1, § 124 Nr. 4, § 569 Abs. 2 Sätze 1-2
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Beschluss vom 12.06.2007; Aktenzeichen 9 Ca 5352/05) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 12.06.2007 – 9 Ca 5352/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Dem Kläger ist durch Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 06.01.2006 für die erste Instanz Prozesskostenhilfe mit der Maßgabe bewilligt worden, dass er sich an den Prozesskosten mit monatlichen Raten in Höhe von 506,13 EUR und einer Einmahlzahlung in Höhe von 350,00 EUR zu beteiligen hat.
Nachdem der Kläger keine Zahlungen geleistet hatte, ist er vom Arbeitsgericht mit Schreiben vom 30.06.2006, 07.08.2006 und 22.08.2006 aufgefordert worden, die Gründe für die Zahlungsrückstände mitzuteilen. Ausweislich einer Gesprächsnotiz vom 13.09.2006 hat der Kläger unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 22.08.2006 mitgeteilt, dass sich sein Einkommen und seine Kosten verändert hätten und er die festgesetzten Raten nicht zahlen könne.
Mit am 11.10.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schreiben hat der Kläger eine neue von ihm ausgefüllte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht. Nach Aufforderungen durch das Arbeitsgericht mit Schreiben vom 23.10.2006, 30.11.2006 und 09.01.2007 hat er diesbezügliche Unterlagen eingereicht.
Mit Schreiben vom 02.05.2007 hat das Arbeitsgericht dem Kläger mitgeteilt, dass seinem Antrag auf Herabsetzung der Ratenhöhe derzeit nicht entsprochen werden könne. Nach den von ihm vorgelegten Unterlagen verfüge er über Einkünfte aus dem Gründungszuschuss in Höhe von 1.562,40 EUR nebst Einkünften aus selbständiger Tätigkeit. Eine Verschlechterung seiner Einkommenssituation sei nicht ersichtlich. Zur Vermeidung der Entziehung der Prozesskostenhilfe infolge Nichteinhaltung der Ratenzahlungsverpflichtung hat das Arbeitsgericht dem Kläger in dem Schreiben dringend geraten, die Zahlungen aufzunehmen und ihm hierfür eine Frist von drei Wochen gesetzt.
Mit Beschluss vom 12.06.2007 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Klägers auf Reduzierung bzw. Wegfall der auferlegten Ratenzahlungsverpflichtung aus September/Oktober 2006 zurückgewiesen und die Bewilligung der Prozesskostenhilfe vom 06.01.2006 gemäß § 124 Nr. 4 ZPO aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Nachberechnung des anrechenbaren Einkommens habe zu dem Ergebnis geführt, dass die Ratenzahlungsverpflichtung nicht abzuändern gewesen sei. Da bislang kein Zahlungseingang zu verbuchen sei, sei auch die Bewilligung der Prozesskostenhilfe vom 06.01.2006 aufzuheben.
Gegen diesen seiner Prozessbevollmächtigten am 20.06.2007 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit am 20.06.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 18.06.2007, der nicht mit einer Unterschrift versehen ist, Beschwerde eingelegt. Darin hat der Kläger behauptet, das Schreiben vom 02.05.2007 sei erst nach dem Eingang bei seiner Prozessbevollmächtigten an ihn geschickt worden. Da ihm nach seinem Umzug einige Unterlagen nicht mehr vorgelegen hätten, seien ihm die Kontonummer und die genaue Höhe der zu zahlenden Raten nicht mehr bekannt gewesen. Nach dem Eingang des Schreibens vom 02.05.2007 habe er seine Prozessbevollmächtigte schriftlich um Mitteilung der Kontonummer und der genauen Höhe der zu zahlenden Raten gebeten. Diese Auskünfte seien ihm erst wenige Tage vor dem Beschluss vom 12.06.2007 erteilt worden.
Mit Beschluss vom 15.08.2007 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Die sofortige Beschwerde sei zwar vom Kläger form- und fristgerecht eingelegt worden. Raum für eine Abhilfe sei aber nicht gegeben, da bisher kein Zahlungseingang verbucht sei. Es sei daher davon auszugehen, dass der Kläger seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkommen wolle. Mit Verfügung vom selben Tag hat das...