Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßvergleich. Vergleichskosten. Kostenvereinbarung. Kostenaufhebung. Auslegung einer Kostenvereinbarung. Wert des Beschwerdegegenstandes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wenn die Parteien in einem Prozeßvergleich eine Kostenvereinbarung treffen, deren Text sich nur auf die Kosten „des Rechtsstreits” und nicht auf die „des Vergleichs” bezieht, kann fraglich werden, ob die Vergleichskosten miterfaßt sein sollen oder insoweit abweichend eine Kostenaufhebung nach § 98 ZPO stattzufinden hat. Dies richtet sich nach dem Willen der Parteien, der durch Auslegung zu ermitteln ist. Diese hat zu berücksichtigen, daß eine Kostenvereinbarung dem Regelungszweck des § 98 ZPO entsprechend weit auszulegen ist. Dies führt beim Fehlen weiterer Anhaltspunkte dazu, die Vergleichskosten als von der Vereinbarung miterfaßt anzusehen.

2. Auch wenn der nach § 567 Abs. 2 ZPO (§ 11 Abs. 2 Satz 5 RPflG) erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 DM nicht übersteigt, kann das befaßte Beschwerdegericht entscheiden, wenn Praktikabilitätserwägungen dafür sprechen.

 

Normenkette

ZPO § 98 S. 1, § 567 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 28.06.1995; Aktenzeichen 14 Ca 2314/93)

 

Tenor

Die als Beschwerde geltende Erinnerung des Klägers vom 24.07.1995 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Köln vom 28.06.1995 – 14 Ca 2314/93 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 100,– DM.

 

Tatbestand

I. Den vorliegenden Rechtsstreit haben die Parteien zweitinstanzlich durch Vergleich vom 21.02.1995 erledigt. Zur Kostentragung enthält Ziffer 5. des Vergleichs folgende Regelung: „Bezüglich der Kostenentscheidung erster Instanz verbleibt es bei der getroffenen Entscheidung. Bezüglich der Kosten der Berufung trägt der Kläger 27/35, der Beklagte 8/35.”

Durch Festsetzungsbeschluß vom 28.06.1995 hat der Rechtspfleger des Arbeitsgerichts eine Kostenausgleichung vorgenommen und den Erstattungsanspruch des Beklagten gegen den Kläger auf 786,57 DM festgesetzt. Diesen Betrag hat er auf die Erinnerung des Klägers hin mit Änderungsbeschluß vom 04.09.1995 auf 677,22 DM, mit weiterem Änderungsbeschluß vom 23.10.1995 auf 544,73 DM gesenkt. Nicht abgeholfen hat er der Erinnerung, soweit der Kläger mit ihr verlangt, die Vergleichskosten nicht der Kostenvereinbarung der Parteien zu unterwerfen, sondern insoweit eine Kostenaufhebung nach § 98 Satz 1 ZPO vorzunehmen. Insoweit hat er die Erinnerung der Kammervorsitzenden vorgelegt, die ihr ebenfalls nicht abgeholfen, sondern sie dem LAG zur Entscheidung vorgelegt hat.

 

Entscheidungsgründe

II. Die gem. § 11 Abs. 2 Satz 5 RpflG als Beschwerde geltende Erinnerung war nicht erfolgreich.

Es bleibt offen, ob dies bereits daran liegt, daß der Vortrag des Klägers nicht erkennen läßt, ob der nach § 567 Abs. 2 ZPO erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes 100,– DM übersteigt. Denn auch wenn das nicht der Fall sein sollte, kann das befaßte Beschwerdegericht entscheiden, wenn Praktikabilitätserwägungen dafür sprechen (Zöller/Herget, ZPO, 17. Aufl., §§ 103, 104 Rdn. 21 Stichw. Vorlage an den Richter lit. e). Dies wird hier angenommen.

Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Denn Ziffer 5. des Vergleichs erfaßt auch die Vergleichskosten. Das ergibt die Auslegung. Denn die Ziffer verteilt die „Kosten der Berufung” und damit eines Teils des Rechtsstreits. Zu den Kosten des Rechtsstreits gehören auch die Kosten des ihn abschließenden Prozeßvergleichs. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 98 Satz 2 ZPO; denn dieser meint mit den „Kosten des (…) Rechtsstreits” die restlichen Kosten, stellt also nicht den Charakter der Vergleichskosten als Prozeßkosten in Frage (Baumbach/Hartmann, ZPO, 53. Aufl., § 98 Rdn. 17).

Ob die Parteien, die in einem Prozeßvergleich eine Kostenvereinbarung treffen, deren Text sich nur auf die Kosten des Rechtsstreits und nicht auf die des Vergleichs bezieht, letztere dennoch mit erfassen wollten, ist eine Frage der Auslegung (Baumbach/Hartmann, ZPO, 53. Aufl., § 98 Rdn. 40). Diese hat zu berücksichtigen, daß eine Kostenvereinbarung dem Regelungszweck des § 98 ZPO entsprechend weit auszulegen ist (Baumbach/Hartmann, ZPO, 53. Aufl., § 98 Rdn. 24). Dies führt beim Fehlen weiterer Anhaltspunkte dazu, die Vergleichskosten als miterfaßt anzusehen (Zöller/Herget, ZPO, 17. Aufl., §§ 103, 104 Rdn. 21 Stichw. Prozeßvergleich lit. e).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 78 Abs. 2 ArbGG.

 

Unterschriften

Der Vorsitzende der 11. Kammer Schunck Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht

 

Fundstellen

Haufe-Index 1053330

BB 1996, 2256

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