Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmungspflicht bei Einführung von Microsoft Office 365. Betriebsbegriff bei Aktivlegitimation des Betriebsrats
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Betriebsrat ist weiterhin aktivlegitimiert, auch wenn der Gemeinschaftsbetrieb aufgelöst wurde, solange aber die Identität des Betriebs aufrechterhalten bleibt.
2. Die Einführung von Microsoft Office 365 als zentralem Administrationssystem unterliegt der Mitbestimmung.
Normenkette
BetrVG §§ 17, 75, 87 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 20.05.2020; Aktenzeichen 2 BV 94/19) |
Nachgehend
Tenor
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Zuständigkeit des Antragstellers für die Einführung von Microsoft Office 365 im Kombi VZ W .
Die d -d GmbH & Co. KG ist ein Unternehmen der d -Gruppe, die in W ein Verteilzentrum betreibt. Die d T GmbH ist die IT-Gesellschaft der d -Gruppe. Die d -d GmbH & Co. KG und die d T GmbH (im Folgenden: Arbeitgeberinnen) hatten am Standort W den Gemeinschaftsbetrieb Kombi-VZ W gegründet. Der Antragsteller ist der für den Gemeinschaftsbetrieb am Standort W gebildete Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat). In dem Gemeinschaftsbetrieb in W wurden insgesamt mehr als 2.000 Mitarbeiter beschäftigt. Bei der d -d markt GmbH & Co. KG und bei der d T GmbH ist jeweils ein Gesamtbetriebsrat gebildet. Insgesamt unterhalten die Arbeitgeberinnen derzeit zehn Betriebe.
Die Arbeitgeberinnen beabsichtigten, Microsoft Office 365 in allen Betrieben ihrer Unternehmen einzuführen und haben hierzu für den Betrieb W unter dem 01.03.2019 eine Vorhabensbeschreibung erstellt. Bei dem Produkt Microsoft Office 365 handelt es sich um ein aus verschiedenen Komponenten bestehendes Softwaresystem, welches auf einer cloud-Nutzung basiert. Nach der Vorhabensbeschreibung der Arbeitgeberinnen sollen ua. die Microsoft-Produkte Teams, Yammer, Office Pro Plus, Sway, Planner, Stream, Flow Forms, Power Apps und ToDo eingeführt werden. Dazuwird für jedes Unternehmen von Microsoft ein sog. Tenant angelegt, unter dem die erhobenen Daten in einer cloud gespeichert werden (sog. 1-Tenant-Lösung). Die Administration von Microsoft Office 365 erfolgt über die zentralisierte Vergabe von Administrationsrechten. Auch die Daten anderer Betriebe der Arbeitgeber werden im Wege dieser Lösung verarbeitet und zentral in einer cloud gespeichert. Der Zugriff, die Verwaltung und Auswertung der für die weiteren Betriebe gespeicherten Daten erfolgt zentral über Administratoren in K . Weiterhin wird in der Vorhabensbeschreibung ausgeführt, dass sich durch die Einführung von Office 365 neue Möglichkeiten der team- und standortübergreifenden Zusammenarbeit und Informationsbeschaffung ergeben haben.
Die Arbeitgeberinnen verhandelten ihre Vorhabensbeschreibung mit dem Gesamtbetriebsrat, welcher der Einführung von Microsoft Office 365 durch Beschluss in seiner Sitzung vom 24./25.04.2019 zustimmte. In vielen Betrieben der Arbeitgeberinnen ist Microsoft Office 365 zwischenzeitlich eingeführt.
Die von dem Antragsteller und den Arbeitgeberinnen eingerichtete Einigungsstelle zum Thema "Roll-Out von Microsoft Office 365" beschloss in ihrer dritten Sitzung am 13.12.2019, dass sie für das Thema "Rollout Microsoft Office 365" unzuständig sei.
Mit Beschluss vom 18.12.2019 entschied der Antragsteller, den Spruch der Einigungsstelle vom 13.12.2019 anzufechten und feststellen zu lassen, dass für die Einführung von Microsoft Office 365 er als örtlicher Betriebsrat, nicht hingegen der Gesamtbetriebsrat zuständig sei.
Am 22.06.2020 schlossen die Arbeitgeberin und die d T GmbH eine Vereinbarung, wonach der zwischen ihnen bestehende Gemeinschaftsbetrieb in W mit sofortiger Wirkung beendet werde. In der Folgezeit zogen die Arbeitnehmer der d T GmbH in ein anderes Betriebsgebäude. Am 30.07.2020 wurde für den Betrieb der d T GmbH ein Betriebsrat gewählt. Für die Mitarbeiter der d -d markt GmbH & Co. KG des Betriebes Kombi-VZ W wurde bislang kein neuer Betriebsrat gewählt.
Der Antragsteller hat behauptet, dass es eine Regelungsabrede gebe, nach welcher er unabhängig von einer eventuell gegebenen Zuständigkeit eines Gesamtbetriebsrates zu beteiligen sei. Diese Beteiligung habe es nicht gegeben.
Der Antragsteller hat behauptet, es fehle eine zwingende technische Notwendigkeit der unternehmensweiten bzw. konzernweiten Regelung für die Einführung von Microsoft Office 365. Die einzelnen Module könnten auf Grund unterschiedlicher betrieblicher Belange mit differenzierten Regelungen für einzelne Betriebe genutzt werden. Die zentralen Administrationsrechte könnten durch unterschiedliche Anweisungen auf betrieblicher Ebene geregelt werden. Die Datenspeicherung in einer cloud könne nicht entscheidend sein, da anderenfalls alle technischen Einrichtungen mit Datenspeicherung auf einer ...