Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerbegriff. Dienstleistungsvertrag. Arbeitnehmerüberlassung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird in einer Poststelle die eingehende und die ausgehende Post sowohl von eigenen Arbeitnehmern als auch von Mitarbeitern eines anderen Unternehmens aufgrund eines Dienstleistungsvertrages gemeinsamen bearbeitet, so kann beim Einsatz der Mitarbeiter des anderen Unternehmens ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG bestehen.
2. Entscheidend kann dabei sein, dass auch der Einsatz der Mitarbeiter des anderen Unternehmens von der bei der Arbeitgeberin angestellten Leiterin der Poststelle gesteuert wird, und dass bei der Verhinderung von eigenen Arbeitnehmern eine Vertretung durch (zusätzliche) Mitarbeiter des Dienstleistungsunternehmens erfolgt.
3. Zum Umfang des Auskunftsrechts nach § 80 Abs. 2 BetrVG.
Normenkette
BetrVG §§ 99, 101, 80 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 04.08.2009; Aktenzeichen 13 BV 352/08) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 04.08.2009 – 13 BV 352/08 – wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Antragsteller (im Weiteren: Betriebsrat) ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG beim Einsatz von zwei bei einem Dienstleister angestellten Arbeitnehmern in der Hauptverwaltung der Antragsgegnerin (im Weiteren: Arbeitgeberin) zukommt und ob der Betriebsrat von der Arbeitgeberin Auskunft und Vorlage von Verträgen über die Beschäftigung von Mitarbeitern anderer Unternehmen verlangen kann.
Die Arbeitgeberin unterhält in der Hauptverwaltung in Köln eine Poststelle, in der u.a. eingehende Post sortiert und von dort aus in Brieffächer auf insgesamt fünf Etagen verteilt wird sowie ausgehende Post abgeholt wird. Die Arbeitgeberin, die die Poststelle von der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmerin Frau K L leiten lässt, setzt dafür mehrere bei ihr angestellte Arbeitnehmer ein.
Zudem werden für die Postarbeiten aufgrund eines mit der D S S G abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages vom 23. April 2008 ganzjährig zwei bei der D S W G angestellte Kräfte arbeitstäglich an jeweils 8 Stunden sowie ggf. weitere Kräfte für Extrastunden zur Abdeckung von Urlaub/Krankheit von Arbeitnehmern, die bei der Arbeitgeberin angestellt sind, und zur Abdeckung des Weihnachtsgeschäfts eingesetzt.
In dem vorliegenden Verfahren macht der Betriebsrat geltend, die bei der D S W G angestellten Kräfte seien als Leiharbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert, so dass er nach § 99 BetrVG bei der Einstellung hätte beteiligt werden müssen. Da dies nicht erfolgt sei, habe er Anspruch auf Aufhebung der personellen Maßnahme nach § 101 BetrVG. Zudem begehrt er umfassende Auskunft von der Arbeitgeberin darüber, ob auch außerhalb der Poststelle Mitarbeiter anderer Unternehmen beschäftigt werden. Ihm seien die zugrunde liegende Verträge zur Einsicht vorzulegen und in Kopie zur Verfügung zu stellen, damit er prüfen könne, ob auch diese in den Betrieb eingegliedert seien.
Die Arbeitgeberin hat vorgetragen, die bei der D S W G angestellten Kräfte seien nicht als Leiharbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert, sondern würden in der Poststelle von der D S W G für in dem Dienstleistungsvertrag vom 23. April 2008 festgelegte Leistungspakete „Hausgang” und „Sortiertätigkeit” eingesetzt. Die Tätigkeit der Leiterin der Poststelle beschränke sich darauf, im Sinne einer Auftragskonkretisierung diesen Kräften mitzuteilen, für welchen Bereich sie an dem jeweiligen Tag zuständig seien. Ein gemeinsames Arbeiten zwischen ihren Mitarbeitern und den Kräften der D S W G finde nicht statt.
Das Arbeitsgericht Köln hat durch Beschluss vom 4. August 2008 den Anträgen des Betriebsrats stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Anspruch auf Aufhebung der Beschäftigung der beiden bei der D S W G angestellten Arbeitnehmer bestehe, da sie in den Betrieb der Arbeitgeberin eingegliedert seien. Sowohl die bei der Arbeitgeberin angestellten Arbeitnehmer als auch diese Kräfte erledigten das Postsortieren und –verteilen und Einsammeln der ausgehenden Post, nachdem sie von der Leiterin der Poststelle eingeteilt worden seien. Die Post werde in einem gemeinsamen Raum sortiert. Eine Zusammenarbeit finde statt, auch wenn die einfachen Arbeiten von jedem Beauftragten selbständig ausgeführt würden. Ort und Zeit der Arbeitsleistung unterlägen damit einem Weisungsrecht der Arbeitgeberin. Des Weiteren habe der Betriebsrat Anspruch auf Auskunft über den Einsatz von Mitarbeitern anderer Unternehmen außerhalb der Poststelle und Überprüfung der entsprechenden Verträge.
Der Beschluss ist der Arbeitgeberin am 28. Dezember 2009 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 25. Januar 2010 Beschwerde eingelegt und diese – nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 29. März 2010 – am 24. März 2010 beim Landesarbeitsgericht Köln begründet.
Die Arbeitgeberin verweist auf eine am 9. März 2010 ab...