Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert. Trinkgelder. Beschwer. Verschlechterungsverbot
Leitsatz (amtlich)
1. Trinkgelder (eines Kellners) sind bei der Streitwertbemessung nicht zu berücksichtigen.
2. Im Streitwertbeschwerdeverfahren gilt das Verschlechterungsverbot.
3. Die vom Prozessbevollmächtigten „namens und im Auftrag der Partei” mit dem Ziel einer Streitwerterhöhung eingelegte Beschwerde ist wegen fehlender Beschwer unzulässig.
Normenkette
RVG §§ 23, 33; GKG § 42 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 22.03.2006; Aktenzeichen 22 Ca 10127/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten und die Beschwerde des Klägervertreters gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 22.03.2006 – 22 Ca 10127/05 – werden kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Die Parteien haben über den Bestand des Arbeitsverhältnisses gestritten. Dabei hat der Kläger folgende Anträge gestellt:
- Festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung vom 18.10.2005, zugegangen am 21.10.2005, aufgelöst worden ist;
- für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen als Köbes über den Beendigungstermin 21.10.2005 hinaus weiter zu beschäftigen;
- die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein qualifiziertes Zwischenzeugnis, welches sich auf Führung und Leistung erstreckt, zu erteilen;
für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1)
a. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger die Arbeitspapiere, bestehend aus Sozialversicherungsnachweis, Lohnsteuerbescheinigung 2005 und Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III, ordnungsgemäß ausgefüllt herauszugeben;
b. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein qualifiziertes Endzeugnis, welches sich auf Führung und Leistung erstreckt, zu erteilen;
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die Kündigung vom 22.12.2005 aufgelöst worden ist.
Der durchschnittliche monatliche Bruttoverdienst des Klägers betrug im Jahr 2005 1.727,97 EUR. Zusätzlich erhielt er nach eigenen Angaben monatliche Trinkgelder in Höhe von ca. 700,00 EUR.
Das Arbeitsgericht hat nach Anhörung der Parteien den Streitwert für das Verfahren mit dem angefochtenen Beschluss auf 11.617,99 EUR festgesetzt. Ausgehend von einem monatlichen Verdienst des Klägers in Höhe von 2.581,73 EUR (einschließlich des Trinkgeldes) hat das Arbeitsgericht dabei den Feststellungsantrag zu 1. mit drei Monatsverdiensten, den Antrag auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses mit einem halben Monatsverdienst und den weiteren Feststellungsantrag bezüglich der Folgekündigung vom 22.12.2005 wegen des insoweit bestehenden sachlichen Zusammenhangs mit der ersten Kündigung mit einem weiteren Monatsverdienst bewertet.
Gegen diesen der Beklagten am 24.03.2006 und dem Kläger am 28.03.2006 zugestellten Beschluss hat der Beklagtenvertreter namens der Beklagten am 03.04.2006 Beschwerde eingelegt und eine Streitwertfestsetzung in geringerer Höhe begehrt. Zur Begründung führt er den nach der Jahresdurchschnittsberechnung geringeren Bruttomonatsverdienst des Klägers in Höhe von 1.727,97 EUR als Berechnungsgrundlage an und weist darauf hin, dass Trinkgeldzahlungen bei der Streitwertbemessung unberücksichtigt bleiben müssten. Der Klägervertreter hat gegen den vorgenannten Beschluss am 10.04.2006 namens und im Auftrag des Klägers Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, der Streitwert sei insgesamt auf 19.362,98 EUR festzusetzen. Er meint, beide streitgegenständlichen Kündigungen müssten mit jeweils drei Bruttomonatsverdiensten und der Weiterbeschäftigungsantrag mit einem weiteren Bruttomonatsverdienst bewertet werden. Außerdem seien auch die Trinkgeldzahlungen streitwertmäßig relevant.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 08.05.2006 beiden Beschwerden nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. 1. Die zulässige Streitwertbeschwerde der Beklagten ist unbegründet. Zwar lässt die Beklagte das vom Kläger mit durchschnittlich 700,– EUR monatlich angegebene Trinkgeld bei der Streitwertbemessung zu Recht außer Betracht. Dies führt jedoch gleichwohl nicht zu einer betragsmäßigen Reduzierung des Streitwerts, da entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts der Feststellungsantrag bezüglich der Folgekündigung höher zu bewerten und auch der Weiterbeschäftigungsantrag nicht insgesamt außer Ansatz zu lassen ist.
Gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 RVG in Verbindung mit § 42 Abs. 4 S. 1 GKG sind die beiden Kündigungsschutzanträge jeweils mit drei Bruttomonatsverdiensten des Klägers zu bewerten. Dies ist hinsichtlich der ersten Kündigung unstreitig. Hinsichtlich der am 22.12.2005 ausgesprochenen ordentlichen Folgekündigung hält die Beschwerdekammer an der gefestigten Rechtsprechung des Beschwerdegerichts zur Bewertung derartiger Folgekündigungen fest. Danach ist maßgeblich auf die Zeitdifferenz zwischen den Zeitpunkten des Wirksamwerdens der jeweiligen Kündigungen abzustellen. Ist dies...