Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe wegen Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse und wegen fehlender Mitwirkung. Anforderungen an das Verfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Die nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO vorgesehene gerichtliche Aufforderung an die Partei, sich in einer Frist darüber zu erklären, ob eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist, muss gemäß § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO analog dem Anwalt zugestellt werden, wenn dieser bereits im Bewilligungsverfahren bestellt war. Fehlt diese Zustellung, hat das die ersatzlose Aufhebung des Beschlusses, mit dem die bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben wurde, und die Aufrechterhaltung der bewilligten Prozesskostenhilfe zur Folge.
2. Es genügt nicht, wenn das Gericht in einem Parallelverfahren teilweise Kenntnis von den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der Partei erhält, wenn die Partei sich hierüber nicht selbst erklärt. Es genügt allerdings, wenn die Partei Bezug nimmt auf eine eigene Erklärung in einem konkreten anderen Verfahren, in dem eine aktuelle Erklärung nach § 117 Abs. 3 ZPO abgegeben wurde und die hierfür erforderlichen Unterlagen beim selben Gericht zur Akte gereicht wurden.
Normenkette
ZPO §§ 124, 120 Abs. 4 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 09.03.2015; Aktenzeichen 3 Ca 64/12) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 31. März 2015 wird der Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 9. März 2015 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen eine Aufhebungsentscheidung des Arbeitsgerichts Bonn im Prozesskostenhilfe-Nachprüfungsverfahren.
In der Klageschrift vom 5. Januar 2012 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und seine Beiordnung für eine Zahlungsklage i.H.v. 1.520,00 Euro brutto. In der Sitzung am 14. Februar 2012 erging antragsgemäß Versäumnisurteil gegen die Beklagte. Der Vorsitzende bewilligte der Klägerin ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Klägervertreters.
Am 23. Januar 2013 erinnerte der Rechtspfleger die Klägerin persönlich an die Erledigung seines Schreibens vom 8. Januar 2013, das sich nicht mehr in der Akte befindet. Er bat sie, den übersandten Vordruck unter Angabe aller monatlichen Einkünfte und Verbindlichkeiten auszufüllen und umgehend an das Gericht unter Angabe des Aktenzeichens zu übersenden. Er wies darauf hin, dass bei Nichtbeantwortung oder bei unrichtigen Angaben der Einkommensverhältnisse die gewährte Prozesskostenhilfe aufgehoben werde. Hierfür setzte er eine Frist bis zum 7. Februar 2013.
In einem Schreiben vom 8. Februar 2013 wandte sich der Rechtspfleger an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Darin bat er ihn, eine aktuelle Erklärung über die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin bei Gericht einzureichen bis zum 22. Februar 2013.
Der folgende Aufhebungsbeschluss vom 25. Februar 2013 wurde auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 27. Februar 2013 durch Beschluss des Rechtspflegers vom selben Tag aufgehoben. Der Klägervertreter übersandte am 27. Februar 2013 eine ausgefüllte Erklärung der Klägerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst aktueller Gehaltsbescheinigungen.
Mit Schreiben vom 29. Januar 2015 wandte sich der Rechtspfleger erneut an die Klägerin persönlich und forderte sie auf, den übersandten Vordruck auszufüllen und nebst Nachweisen zu übersenden. Er setzte hierfür eine Frist bis zum 13. Februar 2015, wonach die Bewilligung aufgehoben werden könne.
In einem Schreiben vom 30. Januar 2015 nahm die Klägerin persönlich Bezug auf das Verfahren vor dem Arbeitsgericht Bonn mit dem Az. - 7 Ca 1805/14 - und ihre dort hinterlegten Einkünfte und Verbindlichkeiten. Sie bat um Mitteilung, ob diese Angabe genüge. Im dortigen Verfahren hatte die Klägerin Prozesskostenhilfe für ein Verfahren gegen eine andere Person beantragt und dort am 4. August 2014 eine ausgefüllte Erklärung nebst Belegen über Einkommen und Mietzahlung vorgelegt. Ihre Einkommensverhältnisse hatten sich verbessert.
Aus einer Verfügung des Rechtspflegers vom 2. Februar 2015 lässt sich entnehmen, dass er die Klägerin persönlich darauf hinwies, dass die Einkommens- und Ausgabenbelege im Verfahren - 7 Ca 1805/14 - aus Juni 2014 veraltet seien. Er forderte sie auf, die neuesten Einkommens- und Ausgabenbelege (Miete, etc.) einzureichen. Mit Schreiben vom 17. Februar 2015 erinnerte der Rechtspfleger den Prozessbevollmächtigten der Klägerin und diese persönlich an die Erledigung und setzte eine Frist zum 6. März 2015, ohne diese Aufforderung zuzustellen.
Durch Beschluss vom 9. März 2015 hob der zuständige Rechtspfleger die Bewilligung der Prozesskostenhilfe auf. Er begründete den Aufhebungsbeschluss damit, die Klägerin habe auf veraltete Unterlagen verwiesen. Dieser Beschluss ist dem Klägervertreter am 11. März 2015 zugestellt worden.
In einem Schreiben vom 11. März 2015 wies die Klägerin persönlich darauf hin, dass zu dem Para...