Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsvollstreckung. Weiterbeschäftigung. Inhalt eines Vollstreckungstitels auf Weiterbeschäftigung. Inhalt des Weisungsrechts gehört in Erkenntnisverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung der Weiterbeschäftigung dürfen nicht aus dem Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Schuldner einer festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber, worin diese besteht. Der Vollstreckungstitel muss verdeutlichen, um welche Art von Beschäftigung es geht, da der Arbeitgeber vor unberechtigten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geschützt werden muss. Streitigkeiten darüber, ob im Einzelfall das Weisungsrecht nach § 106 GewO ordnungsgemäß ausgeübt wurde, gehören nicht ins Vollstreckungsverfahren und sind ggf. in einem gesonderten Erkenntnisverfahren zu klären.

 

Normenkette

GewO § 106

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 25.06.2013; Aktenzeichen 8 Ca 3541/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 25.06.2013 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 21.03.2013 festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom 27.04.2012 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 31.07.2012 aufgelöst hat. Ferner hat es die Beklagte verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits als Assistentin/Sekretärin nach näherer Maßgabe des Anstellungsvertrages vom 04.03.2002 weiterzubeschäftigen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Beklagte hatte die Klägerin zunächst ab Januar 2013 mit Aufgaben der Vertriebsdokumentation betraut. Nach Verkündung des Urteils hat die Klägerin die Festsetzung eines Zwangsgeldes wegen Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht aus dem arbeitsgerichtlichen Urteil beantragt. Seit dem 03.06.2013 wird die Klägerin befristet bis zum 30.11.2013 als Assistentin/Sekretärin im Bereich Entwicklung/Konstruktion beschäftigt.

Hinsichtlich der fehlenden Zustimmung des Betriebsrats ist ein Zustimmungsersetzungsverfahren, verbunden mit einem Feststellungsantrag nach § 100 Abs. 2 BetrVG, beim Arbeitsgericht anhängig (Arbeitsgericht Köln - 10 BV 172/13 -). Ferner hat der Betriebsrat ein Aufhebungsverfahren eingeleitet (Arbeitsgericht Köln - 8 BV 70/13 -).

Das Arbeitsgericht hat den Zwangsgeldantrag mit Beschluss vom 25.06.2013 (Bl. 377 d.A.) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte erfülle durch die Beschäftigung seit dem 03.06.2013 den titulierten Weiterbeschäftigungsanspruch.

Gegen den ihr am 09.07.2013 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 12.07.2013 sofortige Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die Klägerin meint, die Beklagte erfülle nicht die tenorierte Beschäftigungspflicht, denn der zugewiesene Arbeitsplatz sei hierarchisch nicht auf gleicher Ebene wie die frühere, bis zum 30.07.2012 ausgeübte Tätigkeit und entspreche zudem nicht einer Tätigkeit der Entgeltgruppe (EG) 11 ERA. Die Zuweisung der neuen Tätigkeit sei rechtsunwirksam. Die Beklagte könne die Klägerin auf dem gleichwertigen Arbeitsplatz der Frau Hartlieb weiterbeschäftigen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Köln - Az.: 8 Ca 3541/12 - vom 25.06.2013 gegen die Schuldnerin wegen Nichtvornahme der Beschäftigung der Gläubigerin entsprechend dem Urteil des Arbeitsgerichts Köln - Az.: 8 Ca 3541/12 - vom 21.03.2013 ein Zwangsgeld festzusetzen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft.

Die Beklagte beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, sie erfülle trotz Versetzung ihre Beschäftigungspflicht. Die zugewiesene Tätigkeit sei auf gleicher Hierarchieebene angesiedelt und inhaltlich gleichwertig. Ihr Direktionsrecht werde durch den Beschäftigungstitel nicht eingeschränkt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 12.07.2013, 30.08.2013 und 10.09.2013 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig, denn sie ist nach den §§ 78 Satz 1 ArbGG, 567 Abs. 1, 793 ZPO an sich statthaft und gemäß den §§ 78 Satz 1 ArbGG, 569 ZPO form- sowie fristgerecht eingelegt worden.

Die Beschwerde ist unbegründet, das Arbeitsgericht hat den Zwangsgeldantrag zu Recht zurückgewiesen.

1. Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung dürfen nicht aus dem Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Schuldner einer festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber, worin diese besteht. Bei der Prüfung, welche Verpflichtungen durch de...

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