Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschäftigungsanspruch. Umorganisation. Unmöglichkeit. Zwangsvollstreckung
Leitsatz (amtlich)
Zum Einwand des Arbeitgebers im Zwangsvollstreckungsverfahren, die titulierte Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei ihm wegen einer betrieblichen Umorganisation „unmöglich” und die Zwangsvollstreckung daher unzulässig
1. Keine Frage der Unmöglichkeit, sondern Wertungsentscheidung
2. Zwangsgeld zulässig, wenn die Umorganisation (Entzug von Aufgaben) bereits Gegenstand des Erkenntnisverfahrens war und der Arbeitgeber den Beschäftigungsanspruch zu den alten Bedingungen rechtskräftig werden läßt.
Normenkette
ZPO § 888
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 06.05.1998; Aktenzeichen 8 Ca 4699/97) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 06.05.1998 – 8 Ca 4699/97 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 4.469,– DM festgesetzt.
Tatbestand
I. Dem Gläubiger war seit Dezember 1975 als Stellvertreter des Meisters die Führung einer Schlosser- und Elektrikergruppe übertragen. Ende April/Anfang Mai 1997 entzog ihm die Schuldnerin die Vorgesetztenfunktion und ordnete an, dass der Gläubiger ebenso wie die Arbeitnehmer der ihm bisher zugeordneten Gruppe als reparierender Schlosser zu arbeiten habe. Auf die dagegen vom Gläubiger erhobene Klage hat das Arbeitsgericht die Schuldnerin am 20.11.1997 verurteilt,
den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Stellvertreter des Meisters mit der Führung einer Schlosser- und Elektrikergruppe für Inspektion, Wartung, Instandhaltung, Reparatur, Überholung, Umbau, Änderung, Neubau und Inbetriebnahme von Krananlagen, Aufzügen, Hebezeugen, Maschinen und maschinellen Anlagen zu beschäftigen.
Das Urteil ist nach Rücknahme der Berufung am 13.02.1998 rechtskräftig geworden.
Auf Antrag des Gläubigers hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 06.05.1998 zur Erzwingung des titulierten Beschäftigungsanspruchs gegen die Schuldnerin ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft festgesetzt. Gegen den der Schuldnerin am 08.06.1998 zugestellten Beschluss hat sie am 22.06.1998 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, im Mai 1997 sei im Zuge der Umstrukturierung die Personalstärke der Abteilung Werkinstandhaltung D /K, innerhalb der der Gläubiger als Gruppenführer Kranwerkstatt und stellvertretender Meister beschäftigt gewesen sei, erheblich auf insgesamt 16 Mitarbeiter reduziert worden. Gruppenarbeit werde in dieser Abteilung nicht mehr durchgeführt. Nach der Umorganisation würden innerhalb der Abteilung 16 sog. Fachverantwortliche für Instandhaltung beschäftigt, die ihre Aufgabe selbstständig erfüllten. Geleitet werde die Abteilung von Herrn K, der bisherige Gruppenführeraufgaben mitübernommen habe. Die Position des Meisters des Bereichs Kranwerkstatt und die des Stellvertreters existierten nicht mehr. Das Vollstreckungsbegehren des Gläubigers sei auf eine unmögliche Leistung gerichtet. Dies hätte das Arbeitsgericht im Rahmen des Erkenntnisverfahrens berücksichtigen müssen. Zwischenzeitlich sei dem Gläubiger eine Änderungskündigung zum 31.12.1998 erteilt worden, die er unter Vorbehalt angenommen habe.
Der Gläubiger beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Die Schuldnerin unternehme den Versuch, im Vollstreckungsverfahren eine Korrektur der Entscheidung in der Hauptsache herbeizuführen, was unzulässig sei. Der Vortrag der Schuldnerin lasse kein Schluss darauf zu, dass die Zwangsvollstreckung auf eine unmögliche Leistung gerichtet sei. Seine frühere Tätigkeit sei nicht entfallen, sondern von der Schuldnerin nur auf andere Arbeitnehmer wie z.B. Herrn K übertragen worden. Dieser sei der neue Meister. Der Schuldnerin sei es nach wie vor möglich, ihn als stellvertretenden Meister mit den früheren Aufgaben weiterzubeschäftigen. Jeder Meister im Unternehmen der Schuldnerin habe einen Stellvertreter.
Entscheidungsgründe
II. Die gem. § 793 Abs. 1 ZPO statthafte, sowie form- und fristgerecht (§ 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO) eingelegte und daher zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Zwangsvollstreckung aus dem Beschäftigungstitel vom 06.05.1998 ist nicht wegen Unmöglichkeit, den Beschäftigungsanspruch des Gläubigers zu den ausgeurteilten Bedingungen zu erfüllen, unzulässig. Zutreffend ist der Ausgangspunkt der Schuldnerin, dass bei Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung eine Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO ausscheidet. Der Schuldner kann durch staatliche Zwangsmittel nicht zu etwas gezwungen werden, was nicht in seiner Macht steht.
Unmöglichkeit im Sinne dieser Definition liegt nicht bereits dann vor, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer Aufgaben und Funktionen entzieht, sie auf andere Arbeitnehmer verteilt und dadurch eine Leitungsebene (Position eines Gruppenführers und stellvertretenden Meisters) entfällt, denn eine solche Maßnahme steht ebenso wie ihre Rückgängigmachung nicht außerhalb, sondern in der Macht des Arbeitgebers. Ob sich der Arbeitgeber seiner Beschäftigun...