Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmungssicherung. Pausen. Überarbeit
Leitsatz (amtlich)
Ein Unterlassungsanspruch zur Sicherung der Mitbestimmung ist dann nicht gegeben, wenn durch eine gesetzliche Regelung bereits ein Individualanspruch der Arbeitnehmer besteht. Mehrarbeit, die ausschließlich dadurch entsteht, dass Arbeitnehmer die gesetzliche Mindestpause nicht wahrnehmen/nicht wahrnehmen können, eröffnet keine Mitbestimmung durch den Betriebsrat, denn er könnte den Verzicht auf die Pause nicht regeln. Der Betriebsrat kann nur auf die Einhaltung der Vorschriften drängen und den Arbeitgeber dazu anhalten.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1, § 80 Abs. 1, § 77
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 18.11.2009; Aktenzeichen 7 BV 173/09) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 18.11.2009 – Az.: 7 BV 173/09 – abgeändert:
Der Antrag des Betriebsrats und der Hilfsantrag des Betriebsrats werden zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Unterlassung von Überstunden. Die Arbeitgeberin betreibt ein weltweit operierendes Luftverkehrsunternehmen. Antragsteller ist der in der Station Köln bestehende Betriebsrat. Dieser vertritt das auf dem Flughafen Köln/Bonn eingesetzte Bodenpersonal.
In der Station Köln gilt die Betriebsvereinbarung „Pausen” vom 07.05.2002. Diese Betriebsvereinbarung, die für alle Mitarbeiter/-innen gilt, die nach Schicht – und Dienstplänen arbeiten, regelt die Lage der Arbeitspausen. Hinsichtlich der Dauer der Pausen ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass sie nicht länger dauern dürfen, als im Manteltarifvertrag Nr. 14, § 10 beziehungsweise in § 4 S. 1 AZG festgelegt.
Vor Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens kam es in der Vergangenheit zu mindestens 36 Überstundenmitteilungen, die darauf beruhten, dass Überstunden aufgrund der Nichteinhaltung der vorgegebenen Pause entstanden sind. Als Ursache für die Überarbeit wurde regelmäßig hohes Arbeitsaufkommen, fehlerhafte Dienstplanung oder zu geringer Personalbestand angegeben. Der Betriebsrat rügte am 16.04.2009, dass nicht genügend qualifiziertes Personal ausgebildet sei, um die Pausenablösung auf bestimmten Arbeitsplätzen zu garantieren. Während der Dauer des vorliegenden Verfahrens verbesserte sich die Personalsituation teilweise. Der Betriebsrat vertritt jedoch die Ansicht, dass die verbesserte Personalstruktur für die Zukunft nicht sichergestellt sei, da die Personalplanung jeweils nur befristet sei. Der angestrebte Unterlassungstitel sei deshalb erforderlich, um auf Dauer Schichteinteilungen/Personalbestand zu gewährleisten, die eine Pausenablösung ermöglichten.
Der Betriebsrat hat beantragt,
- der Arbeitgeberin aufzugeben, es künftig zu unterlassen, Überstunden anzuordnen oder zu dulden, die dadurch entstehen, dass die Mitarbeiter/-innen, die nach Schicht- und Dienstplänen arbeiten, die dort vorgesehene Pause nicht in Anspruch nehmen, sondern durcharbeiten.
- der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Entscheidung entsprechend dem Antrag zu 1. ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichtsgesetzwert anzudrohen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie hält den Antrag des Betriebsrat für einen unzulässigen jedenfalls unbegründeten Globalantrag, da nach dem Wortlaut auch sogenannte Notfälle miterfasst seien, in denen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates wegen einer Katastrophensituation zurück trete. Zudem sehe sie für einen Unterlassungsanspruch keine Wiederholungsgefahr, da sie durch Ausbildung von Personal und Veränderung des Schichtplanes nunmehr in der Lage sei, drei Personaldisponenten pro Tag einzusetzen. Hierdurch sei die Pausenname weitestgehend gewährleistet. Nur im Einzelfall sei es durch eine außergewöhnlich hohe Krankenquote noch dazu gekommen, dass die Pause durchgearbeitet wurde. Auch sei eine Wiederholungsgefahr deshalb nicht gegeben, weil die Arbeitgeberin am 06.10.2009 und 20.10.2009 ausdrückliche Anweisung erteilt habe, die Pausen unbedingt zu nehmen.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Antrag des Betriebsrates erkannt. Es hat den Globalantrag für begründet gehalten, ohne dass der Tenor wegen unstreitig nicht mitbestimmter Notsituationen eingeschränkt sein müsse. Im Übrigen hat es das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrAVG wegen der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung betriebsüblicher Arbeitszeiten hergeleitet. Die Arbeitgeberin habe dadurch, dass sie es geduldet habe, dass Mitarbeiter/-innen der Station Köln an verschiedenen Tagen die Pause durchgearbeitet haben, gegen die Bestimmungen der zwischen den Beteiligten abgeschossenen Betriebsvereinbarung „Pausen” verstoßen.
Die Arbeitgeberin begründet ihre Beschwerde zunächst damit, dass der vorliegende Globalantrag nur dann begründet sein könne, wenn kein einziger Fall denkbar sei, bei dem der Arbeitgeber kollektivbezogene Überstun...