Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtswegzuständigkeit, Arbeitnehmerbegriff, designierter Gesellschafter einer GmbH, arbeitnehmerähnliche Person
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein GmbH-Gesellschafter mit einem Gesellschaftsanteil von 15 Prozent kann gleichwohl Arbeitnehmer der Gesellschaft sein. Mit einem solchen Anteil verfügt er nicht über eine gesetzliche Sperrminorität und damit nicht über ein solches Maß an Selbstbestimmung, das jedwede arbeitsrechtliche Beziehung von vornherein ausschlösse.
2. Die wirtschaftliche Abhängigkeit einer arbeitnehmerähnlichen Person ist nicht schon deshalb zu verneinen, wie er keine laufenden Bezüge erhält. Die wirtschaftliche Gegenleistung für seine Tätigkeit kann auch darin zum Ausdruck kommen, dass er Geschäftsanteile deutlich unter ihrem Verkehrswert erhält.
Normenkette
ArbGG § 5 Abs. 1 S. 2, § 2 Abs. 1 Nr. 3; GVG § 17a
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 30.01.2003; Aktenzeichen 15 Ca 9053/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 30.01.2003 – 15 Ca 9053/02 – abgeändert und der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche aus einem Vertragsverhältnis. Die Beklagte betreibt eine Unternehmensberatung im IT – Bereich. Unter dem 21.12.2001 schlossen die Parteien einen als „Letter of Intent”
überschriebenen Vertrag, dessen Inhalt auszugsweise lautet:
- Der Partner tritt ab dem 01.01.2002 als Managing Partner auf Geschäftsleitungsebene in den Dienst der Firma mit dem Aufgabenbereich Marketing und Business Development.
- Nach einem gegenseitigen Probelauf von 6 bis 12 Monaten wird der Partner Gesellschafter der Firma mit einer Kapitalbeteiligung von 15 %. Der Probelauf soll dazu dienen, die gemeinsame Einschätzung zu bestätigen, dass der Partner und die Gründungsgesellschafter gut miteinander auskommen werden, eine Zusammenarbeit substantielle Vorteile bringen wird und insbesondere, dass der Beitrag des Partners die beabsichtigte Firmenbeteiligung begründet.
1. Für den Probevorlauf sind entsprechende Ziele einvernehmlich zu definieren in den Bereichen
i) Auslandsgeschäft / USA
ii) Partnerschaften / SAP
iii) Marketing (Außenauftritt / Produktgeschäft)
Diese Vereinbarungen wurden Anfang 2002 in einem Vertrag konkretisiert, der sowohl die Zusammenarbeit während des Probelaufes wie auch die Kernpunkte des daraufhin anzupassenden Gesellschaftsvertrages sowie des Anstellungsvertrages regelt.
Wegen des weiteren Inhalts des „Letter of Intent” wird auf die zur Akte gereichte Kopie (Blatt 5 f.) ergänzend Bezug genommen. Die nach erfolgreichem „Probelauf” in Aussicht gestellten Gesellschaftsanteile waren mit DM 240.000 bewertet. Auf diesen Betrag sollte der Kläger bei Übertragung nur DM 100.000 zahlen, der Rest sollte mit seiner vorangegangenen Tätigkeit während des „Probelaufs” abgegolten sein.
Ab dem 01.01.2002 wurde der Kläger für die Beklagte tätig, wobei Art und Umfang seiner Tätigkeit zwischen den Parteien streitig sind. Einen finanziellen Ausgleich hierfür erhielt er in der Folgezeit nicht. Da er keine anderweitigen Einnahmen hatte, griff er zur Sicherung seines Lebensunterhalts während dieser Zeit auf eine zuvor erhaltene Abfindung zurück.
Anfang Juni 2002 lehnten die Gesellschafter der Beklagten eine Übertragung der Gesellschaftsanteile auf den Kläger ab. Nachdem sie es auch ablehnten, eine Vergütung für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.06.2002 zu leisten, verlangte der Kläger mit seiner am 03.09.2002 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage Zahlung von EUR 53.658,65 als übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB.
Nachdem die Beklagte die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen gerügt hatte, hat das Arbeitsgericht Köln mit Beschluss vom 30.01.2003 – 15 Ca 9053/02 – den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Köln verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestanden habe und der Kläger auch nicht arbeitnehmerähnlich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG sei: Wer, wie der Kläger, ein halbes Jahr Dienstleistungen anbiete, ohne dafür im laufenden Zeitraum, wenigstens vierteljährlich die Zahlung von Entgelt zu vereinbaren, ist nicht wirtschaftlich unselbständig im Sinne des § 5 Abs. 2 S. 2 ArbGG. Wegen der weiteren konkreten Begründung und des bisherigen erstinstanzlichen Vortrags der Parteien wird auf den Beschluss vom 30.01.2003 (Bl. 144 d. A.) verwiesen.
Gegen diesen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 06.02.2003 zugestellten Beschluss richtet sich die am 20.02.2003 beim Landesarbeitsgericht Köln eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten. Der Kläger vertritt die Rechtsansicht, das Arbeitsgericht habe den Arbeitnehmerstatus des Klägers fehlerhaft verneint, da es zu Unrecht auf förmliche Aspekte wie etwa die Bezeichnung des Vertrages „Letter of Intent”) oder die darin enthaltende Rollenbezeichnung als „Partner” abgestellt und den Inha...