Verfahrensgang
ArbG Bonn (Beschluss vom 08.05.1996; Aktenzeichen 2 BV 8/96) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den am 08.05.1996 verkündeten Beschluß des Arbeitsgerichts Bonn – 2 BV 8/96 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I. Antragsgegnerin ist eine in der Rechtsform einer GmbH betriebene gemeinnützige Gesellschaft für ein Therapiezentrum für Schwerst- und Mehrfach-Körperbehinderte mit etwa 86 Beschäftigten, die sich aus Zuschüssen des L. und aus Spenden – etwa der Eltern der Behinderten – finanziert. Antragsteller ist der bei ihr amtierende fünfköpfige Betriebsrat.
Auf einer Besprechung der Gruppenleiter am 11.01.1996 äußerte ein Mitarbeiter den Wunsch nach Fortbildungsmaßnahmen. Dazu erklärte die Antragsgegnerin, die Finanzierung solcher. Maßnahmen sei ein Problem, weil aus dem dazu zur Verfügung stehenden Fortbildungsetat (3.000,– DM) auch die Betriebsratskosten bestritten würden und der Betriebsrat diesen Etat „recht stark” ausschöpfe (Bl. 18). Die Fortbildungsmaßnahme wurde von der Antragsgegnerin abgelehnt. Vorliegend fordert der Betriebsrat von der Antragsgegnerin die Unterlassung derartiger Hinweise.
Der Betriebsrat hat beantragt,
der Antragsgegnerin aufzugeben, es zu unterlassen, gegenüber Mitarbeitern mit Fortbildungswunsch darauf zu verweisen, die Finanzierung von Fortbildungen sei ein Problem, da der Betriebsrat über den Fortbildungsetat laufe und dieser stark ausgeschöpft werde.
Die Antragsgegnerin hat Zurückweisung des Antrags beantragt mit der Begründung, ihr beanstandeter Hinweis entspreche der Wahrheit.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihren Zurückweisungsantrag weiter. Ihre Finanzierung erfolge über die Zuweisung von Pflegesätzen durch den L. Dieser lehne es ab, bei Ermittlung des Pflegesatzes die Betriebsratskosten zu berücksichtigen. Daher müsse sie diese aus einem anderen Haushaltstitel bestreiten; dafür bleibe nur der Fortbildungsetat, weil allein dieser ihr einen gewissen Spielraum für die Verwendung der Mittel lasse. Ihr Geschäftsführer habe auf der Gruppenleiterbesprechung nur sagen wollen, daß für den Fortbildungswunsch des Mitarbeiters kein Geld mehr zur Verfügung stehe, weil eben der Fortbildungsetat durch die Kosten der Betriebsratsarbeit praktisch ausgeschöpft gewesen sei. Auch den Eltern der pflegebedürftigen Heimbewohner bleibe nicht verborgen, daß der Betriebsrat seine (vermeintlichen) Rechte aus dem BetrVG ohne Rücksicht auf die Bewohner durchsetze.
Die Antragsgegnerin beantragt,
unter Abänderung des angegriffenen Beschlusses den Antrag des Betriebsrats zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt …
die Beschwerde zurückzuweisen.
Das Protokoll der Gruppenleiterbesprechung liege in jeder Gruppe aus und müsse von den Gruppenmitgliedern, also den Arbeitnehmern, zur Kenntnis genommen werden. Sein Inhalt stelle dar, daß die berechtigten Fortbildungswünsche der Mitarbeiter an der Betriebsratstätigkeit scheitere und sei deshalb geeignet, ihn in Mißkredit zu bringen und eine Gegnerschaft zwischen ihm und den Arbeitnehmern aufzubauen. I.ü. bestreite er, daß der Landschaftsverband Rheinland es ablehne, die Betriebsratskosten zu berücksichtigen und die Antragsgegnerin über keine anderen finanziellen Spielräume verfüge. Im Jahre 1996 seien viele Fortbildungsmaßnahmen durchgeführt worden, obwohl der Fortbildungsetat angeblich schon im Januar 1996 ausgeschöpft gewesen sei.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens wird auf den angefochtenen Beschluß sowie auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde war zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats zu Recht stattgegeben: Er ist begründet. Anspruchsgrundlage ist § 1004 BGB in entsprechender Anwendung i.V.m. § 78 BetrVG, ohne daß es auf ein Verschulden der Antragsgegnerin ankäme (BAG v. 19.08.1992 – 7 AZR 262/91 in AP Nr. 5 zu § 8 BPersVG für das Personalvertretungsrecht):
Das Verhalten der Antragsgegnerin war rechtswidrig, weil es gegen die in § 78 BetrVG enthaltene Verpflichtung verstößt, die Mitglieder des Betriebsrats in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht zu stören oder zu behindern. Der Begriff der Behinderung in § 78 BetrVG ist umfassend zu verstehen. Er umfaßt jede unzulässige Erschwerung, Störung oder gar Verhinderung der Betriebsratsarbeit (BAG v. 19.07.1995 – 7 ABR 60/94 in AP Nr. 25 zu § 23 BetrVG 1972 unter II 5). Eine Störung in diesem Sinne kann vom Arbeitgeber auch durch Angaben über die Betriebsratskosten gegenüber der Belegschaft verursacht werden – und zwar auch dann, wenn die Angaben als solche nicht wahrheitswidrig und ohne Bewertung durch den Arbeitgeber erfolgen (BAG v. 19.07.1995 a.a.O.). Voraussetzung ist, daß die Angaben derart einseitig, verzerrend und/oder unvollständig sind, daß sie eine in Wahrheit nicht berechtigte negative Wertung des Betriebsrats und seines Kostenverhaltens nahelegen, weil sie kein zuverlässi...