Verfahrensgang
ArbG Aachen (Beschluss vom 29.10.1993; Aktenzeichen 7 Ca 2217/93) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Aachen vom 29.10.1993 – 7 Ca 2217/93 – aufgehoben.
Die Sache wird zur weiteren Verhandlung über die Hauptsache an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte im Termin vom 27.09.1993 ein Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts erwirkt, durch das
- festgestellt wird, daß das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung (der Beklagten) vom 01.09.1993 nicht aufgelöst worden ist, sondern unverändert fortbesteht,
- die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger einen Betrag von 21.817,60 DM netto zu zahlen.
Dem liegt zugrunde eine Zahlungsklage des Klägers vom 02.09.1993, die der Beklagten durch Ersatzzustellung in der Wohnung des Vertretungsberechtigten, des Geschäftsführers E. M., am 09.09.1993 zugestellt worden ist, sowie eine Klageerweiterung des Klägers vom 17.09.1993, welche nicht förmlich zugestellt wurde. Das Versäumnisurteil ist in der gleichen Form wie die Klage vom 02.09.1993 – nämlich am 02.10.1993 im Wege der Ersatzzustellung durch Niederlegung an den Vertretungsberechtigten Geschäftsführer der Beklagten, Herrn E. M., – zustellt worden. Nach dem Inhalt der Postzustellungsurkunden vom 09.09.1993 und 02.10.1993 ist eine schriftliche Mitteilung über die Niederlegung in den Hausbriefkasten eingelegt worden.
Die Beklagte hat gegen das Versäumnisurteil mit Schriftsatz vom 13.10.1993, beim Arbeitsgericht eingegangen am 19.10.1993, Einspruch eingelegt und geltend gemacht, sie habe weder die Klageschrift noch das Versäumnisurteil noch die schriftlichen Benachrichtigungen des jeweiligen Zustellers erhalten. Erst am 22.09.1993 habe sie mit einfacher Post die Klageerweiterungsschrift vom 17.09.1993 erhalten. Von dem Versäumnisurteil habe sie lediglich durch die ihr vom Kläger mit Schreiben vom 08.10.1993 zugeleitete Urteilskopie erfahren. Mit Verfügung vom 14.10.1993 wies das Gericht die Beklagte auf die Absicht hin, den Einspruch als unzulässig wegen Versäumung der Einspruchsfrist zu verwerfen. In dem Schreiben heißt es weiter, der Beklagten werde Gelegenheit zur umgehenden Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags oder aus Kostenersparnisgründen zur Rücknahme des Einspruchs gegeben. Daraufhin erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 20.10.1993 unter Bezugnahme auf den richterlichen Hinweis betreffend den Einspruch vom 13.10.1993, daß sie den Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 27.09.1993 zurücknimmt. Zugleich stellte die Beklagte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründete diesen unter anderem damit, sie habe weder Klageschrift noch Versäumnisurteil vom 27.09.1993 erhalten, auch entsprechende Zustellbenachrichtigungen über die Niederlegungen seien der Beklagten nicht zugegangen, eine Säumnis liege aus diesem Grunde nicht vor. Darüberhinaus sei weder Klageschrift noch Versäumnisurteil ordnungsgemäß zugestellt worden, eine Ersatzzustellung an den Geschäftsführer der Beklagten sei wegen § 184 Abs. 2 unzulässig, weil ein besonderes Geschäftslokal der Beklagten vorhanden sei. Wegen besonderer betrieblicher Situation sei eine Zustellung nur in den Nachmittagsstunden möglich, dies sei gerichtsbekannt.
Mit Beschluß vom 29.10.1993 hat das Arbeitsgericht den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil sei zurückgenommen worden, das Versäumnisurteil sei somit rechtskräftig, ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht mehr gegeben.
Dieser Beschluß ist der Beklagten – wiederum durch Niederlegung – am 10.11.1993 zugestellt worden. Dagegen hat die Beklagte und Beschwerdeführerin am 23.11.1993 beim Arbeitsgericht Aachen sofortige Beschwerde eingelegt und diese im wesentlichen damit begründet, daß eine ordnungsgemäße Zustellung der Klageschrift und des Versäumnisurteils nicht erfolgt sei. Entgegen den Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung sei ein besonderes Geschäftslokal vorhanden, das Büro mit einer eigenen, mit Namen der Firma beschilderten Klingel sei amtsbekannt. Das Beschwerdegericht hat beim Postamt H. 3 eine Auskunft eingeholt, die am 04.12.1993 schriftlich erteilt wurde. Danach gilt für die Deutsche Bundespost Postdienst ein Geschäftslokal, welches vorhanden, jedoch bei wiederholten Zustellversuchen immer verschlossen ist, als nicht vorhanden. Insofern sei die am 09.09. und 02.10.1993 erfolgte Niederlegung korrekt gewesen. Der Kläger hat seinerseits mit Schreiben vom 16.12.1993 zu der sofortige Beschwerde Stellung genommen. Auf den Inhalt der postalischen Auskunft sowie der Beschwerdeerwiderung wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. Die an sich nach § 238 Abs. 2 i.V. mit § 341 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte Beschwerde der Beklagte ist in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt worden, somit zulässig. Sie ist auch in der Sache b...