Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe, Beschwerde, Anrechnung der Kündigungsschutzabfindung

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird die Abfindung zum Ausgleich des Schuldensaldos auf dem Girokonto verwand, sind auch diese Beträge letztlich dem Vermögen des Klägers durch Befreiung von bestehenden Verbindlichkeiten zugeflossen; er erspart sich dadurch nicht zuletzt die Zinsbelastung und hat es nun in der Hand, durch neuerliche Inanspruchnahme der ihm eingeräumten Kreditlinie Geld aufzunehmen.

Zahlungspflichten aus privaten Darlehen sind bei der Berechnung der Eigenbeteiligung an den Kosten der Prozessführung grundsätzlich nicht zu berücksichtigen

(Bestätigung der bisherigen Bezirksrechtsprechung).

Wird auf die sofortige Beschwerde hin zwar die Höhe der Einmalzahlung bestätigt, jedoch Ratenzahlung angeordnet, kann dies eine hälftige Reduzierung der Beschwerdegebühr nach § 131 b KostO rechtfertigen.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 2, § 120 Abs. 4; KSchG §§ 9-10; BSHG § 88 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Aachen (Beschluss vom 17.06.2003; Aktenzeichen 8 Ca 4794/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 17.06.2003

Die Beschwerdegebühr wird auf die Hälfte ermäßigt.

 

Tatbestand

I.

Der Klägerin wurde im Kammertermin vom 03.04.2003 für eine Kündigungsschutzklage ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt. Sodann haben die Parteien in diesem Termin einen Vergleich geschlossen, wonach das Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung mit dem 31.12.2002 beendet worden ist und an die Klägerin wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes eine Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 5.500,00 EURO vom beklagten Arbeitgeber zu zahlen war. Noch vor Genehmigung des protokollierten Vergleichs stellte der Vorsitzende auf Antrag des Klägervertreters klar, dass der Prozesskostenhilfebeschluss auch den Mehrvergleich mit umfassen soll.

Nach Anhörung der Klägerin hat die Rechtspflegerin beim Arbeitsgericht Aachen mit Beschluss vom 17.06.2003 – 8 Ca 4794/02 d – die PKH-Bewilligung vom 03.04.2003 unter Bezugnahme auf §§ 124 Nr. 2, 120 Abs. 4 S. 2 ZPO abgeändert und angeordnet, dass „eine Einmalzahlung in Höhe von 550,00 EUR angeordnet wird”.

Gegen den am 30.06.2003 der Klägerin zugestellten Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 30.06.2003, bei dem Arbeitsgericht am 04.07.2003 eingegangen, Beschwerde mit der Begründung eingelegt, sie habe die Abfindungszahlungen zu einem großen Teil dazu verwendet, ihr überzogenes Konto auszugleichen. Ihr habe zu keinem Zeitpunkt ein das Schonvermögen übersteigender Betrag zur Verfügung gestanden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach § 11 RPflG i.V.m. §§ 46 Abs. 2 Satz 3 ArbGG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist, soweit sie sich gegen die Beteiligung der Klägerin an den Prozesskosten in Höhe von 550,00 EUR wendet, nicht begründet. Die Rechtspflegerin hat zu Recht gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 ZPO den Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss abgeändert und die Klägerin zur Zahlung eines einmaligen Betrages in Höhe von 550,00 EUR verpflichtet. Jedoch war der Klägerin Ratenzahlung zu gewähren. Insoweit hatte die sofortige Beschwerde Erfolg.

1. Nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO kann ein Prozesskostenhilfebeschluss dann abgeändert werden, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Durch den Zufluss der Abfindungssumme in Höhe von EUR 5.500,00 änderten sich die Vermögensverhältnisse der Klägerin, so dass es ihr zumutbar ist, sich an den von der Staatskasse verauslagte Prozesskostenhilfevergütung ihres Prozessvertreters in Höhe von EUR 874,64 mit einem Betrag von EUR 550,00 zu beteiligen.

Es entspricht zwischenzeitlich der gefestigter Rechtsprechung, dass es sich bei Kündigungsschutzabfindungen aus Prozessvergleichen um anrechenbares Vermögen im Sinne von § 115 Abs. 2 ZPO handelt (vgl. etwa LAG Hamm, Beschluss vom 10.04.2003 – 4 Ta 750/02 – juris; LAG Hamm, Beschluss vom 4.06.2003 – 4 Ta 355/03 -juris; LAG Berlin, Beschluss vom 11.02.1983, EzA § 115 ZPO Nr. 6; LAG Schleswig-Holstein vom 24.06.1987, LAGE § 115 ZPO Nr. 25; LAG Berlin Beschluss vom 05.04.1989, LAGE § 115 ZPO Nr. 34; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.03.1995, LAGE § 115 ZPO Nr. 51; LAG Hamburg, Beschluss vom 13.08.1997, LAGE § 115 ZPO Nr. 52; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24.09.1997, LAGE § 115 ZPO Nr. 53; A.A. nur LAG Bremen vom 20.07.1988, LAGE § 115 ZPO Nr. 29; LAG Berlin, NJW 1981, 2775; LAG Hamburg, BB 1980, 1801; zum Meinungsstand insgesamt: Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl. 2003, S. 81). Denn sie unterliegen wie alle anderen Vermögensbestandteile der freien Verfügung des Arbeitnehmers und es ist nicht einzusehen, dass sie wegen einer Zweckbindung (Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes) nicht einsetzbar sein sollen.

1. Nach § 115 Abs. 2 ZPO ist Vermögen jedoch nur dann anrechenbar...

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