Rechtsmittel zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Diskriminierungsverbot. Teilzeitarbeit. Freischichten. Wechselschichten
Leitsatz (amtlich)
Nach dem Kenntnisstand der arbeitsmedizinischen Wissenschaft sind auch halbzeitig beschäftigte Teilzeitkräfte durch Schichtarbeit – anteilig – belastet und gefährdet. Ob die Belastungen von halbzeitiger Tätigkeit bis zur Vollzeitbeschäftigung überproportional ansteigen, kann von der Wissenschaft z.Z. nicht beantwortet werden. Der Ausschluß solcher Teilzeitkräfte von Arbeitszeitvergünstigungen (Sonderfreischichten), die dem Ausgleich der Belastung durch Schichtarbeit dienen, verstößt daher nach der Rechtsprechung des BAG gegen das Diskriminierungsverbot des BeschFG, auch wenn er in einer Dienstvereinbarung enthalten ist: Diese ist dann insoweit nichtig.
Normenkette
BeschFG § 2 Abs. 1; EWGVtr Art. 119
Verfahrensgang
ArbG Köln (Aktenzeichen 5 Ca 2873/91) |
Gründe
Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des in dieser Sache ergangenen Urteils der erkennenden Kammer vom 10.01.1992 verwiesen.
Auf die Revision der Klägerin hat das BAG das o.a. Urteil mit Urteil vom 11.03.1993 aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. In den Gründen hat es ausgeführt: Wenn eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit dem Ausgleich besonderer Belastungen diene, so könnten Teil zeitbeschäftigte einen Anspruch auf anteilige Arbeitszeitverkürzung haben. Ein Anspruch auf anteilige Arbeitszeitverkürzung bestehe dann aber nicht, wenn der Arbeitgeber nachweise, daß die besonderen Belastungen, deren Ausgleich die Arbeitszeitverkürzung diene, bei dem Teilzeitbeschäftigten auch nicht anteilig gegeben seien. Hierzu hätte das LAG den beantragten Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erheben müssen. Dabei komme es darauf an, ob durch den Wechselschichtdienst, der im Betrieb des Beklagten praktiziert wird, eine Belastung entstehe, die mit der Dauer der Arbeitszeit (von halbzeitiger Teilzeit- bis zur Vollzeitbeschäftigung) überproportional ansteigt, so daß sie für voll zeitbeschäftigte Arbeitnehmer unverhältnismäßig höher ist als für hälftig teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer und ob die gesundheitli-[xxxxx] festgestellt, daß es durch die Schichtarbeit zu einer Belastung und Gefährdung auch der Teilzeitbeschäftigten kommt; das „könne nicht fraglich sein.” Wahrscheinlich seien die Belastungen bei den Teilzeitbeschäftigten geringer. Ob dies jedoch über- oder unterproportional sei, könne nicht beantwortet werden. Ob die Belastungen von halbzeitiger Teilzeit bis zur Vollbeschäftigung überproportional anstiegen, sei nach bisherigen Kenntnissen nicht zu entscheiden. Die Belastungen bestünden aber auch bei Teilzeitbeschäftigten anteilig.
Danach ist nicht aufzuklären, ob die anteilige Belastung der Klägerin ihrem Zeitanteil entspricht oder dahinter zurückbleibt. Nach den dargestellten Grundsätzen des BAG, an die die Kammer gebunden ist (§ 565 Abs. 2 ZPO), trifft den Nachteil der Unaufklärbarkeit den Beklagten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, wobei die Kammer davon ausgeht, daß sie ohne weiteres auch die Revisionskosten als Kosten des Rechtsstreits erfaßt; der Streitwert ist unverändert geblieben.
Weil der Rechtsstreit nach Klärung der Rechtsfragen durch das BAG nicht mehr von grundsätzlicher Bedeutung ist, wurde die Revision nicht erneut zugelassen. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
Unterschriften
Schunck, Steinhauer, Jost
Fundstellen