Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. freier Arbeitsplatz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, zur Vermeidung der betriebsbedingten Kündigung eines Arbeitnehmers, dessen bisheriger Arbeitsplatz weggefallen ist, eigens eine neue Stelle zu schaffen, die in seinem Arbeitsorganisationskonzept nicht vorgesehen ist.

2. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einige Monate vor der betriebsbedingten Kündigung ein entsprechendes Angebot unterbreitet hatte, eine Einigung hierüber in Kenntnis des bevorstehenden Wegfalls des bisherigen Arbeitsbereiches aber zunächst nicht zustande gekommen war.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2-3; BetrVG § 102

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 15.07.2008; Aktenzeichen 16 Ca 1904/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15.07.2008 in Sachen 16 Ca 1904/08 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in erster Linie um die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz und wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 15.07.2008 Bezug genommen. Richtig zu stellen ist dabei, dass die streitgegenständliche Kündigung der Beklagten vom 22.12.2007 nicht zum 30.06.2008, sondern zum 31.12.2008 ausgesprochen wurde. Zu ergänzen ist, dass die Beklagte dem Kläger nach dessen eigenem Bekunden bereits in einem Gespräch vom 30.05.2007 mitgeteilt hatte, dass sie beabsichtige, die Gebrauchtmaschinenzentrale aufzulösen. Zu ergänzen ist ferner, dass der Kläger mit Schreiben vom 24.09.2007 (Bl. 111 d. A.) seine Zustimmung zu der mit Wirkung zum 01.10.2005 erfolgten Versetzung vom Standort D. an den Standort K. widerrief, wobei er von Ziffer 10.4 des anlässlich der Auflösung des Standorts D. abgeschlossenen Sozialplans vom 26.09.2005 Gebrauch machte.

Wegen der Gründe, die das Arbeitsgericht Köln dazu bewogen haben, der Kündigungsschutzklage stattzugeben und den arbeitgeberseitigen Auflösungsantrag abzuweisen, wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 15.07.2008 Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde am 15.07.2008 verkündet, der Beklagten jedoch erst am 03.04.2009 zugestellt. Die Beklagte hat gegen das erstinstanzliche Urteil am 22.12.2008 und vorsorglich nochmals am 27.04.2009 Berufung einlegen und diese jeweils zugleich auch begründen lassen.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beruft sich zunächst darauf, dass das arbeitsgerichtliche Urteil bereits deshalb aufzuheben sei, weil es aufgrund des Zeitablaufs als sogenanntes Urteil ohne Gründe anzusehen sei. Unabhängig davon hält die Beklagte das Urteil auch in der Sache für fehlerhaft. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der Arbeitsplatz des Klägers ersatzlos weggefallen sei, weil sie die sogenannte Gebrauchtmaschinenzentrale, als deren Leiter der Kläger beschäftigt gewesen sei, ihrer unternehmerischen Entscheidung entsprechend zum 31.12.2007 stillgelegt habe. Sie habe beschlossen, ab dem 01.01.2008 keine Gebrauchtmaschinen mehr zum Zwecke des Handels damit anzukaufen. Zwar würde in den einzelnen Niederlassungen – so wie auch schon in der Vergangenheit – noch mit Gebrauchtmaschinen gehandelt, jedoch beschränkt auf solche Maschinen, die beim Ankauf von Neumaschinen in Zahlung genommen oder nach einem zunächst erfolgten Neuverkauf zurückgenommen werden müssten. Hierbei handele es sich nur um einen sehr geringen Teil an dem früheren Gesamtvolumen des Gebrauchtmaschinenhandels. Solche künftig noch anfallenden Gebrauchtmaschinenverkäufe könnten in den einzelnen Niederlassungen von den dort beschäftigten Neumaschinenverkäufern ohne überobligatorischen Mehraufwand mit erledigt werden.

Die Beklagte und Berufungsklägerin verbleibt bei ihrer Auffassung, dass es sich bei der sogenannten Gebrauchtmaschinenzentrale um einen eigenständigen Betrieb gehandelt habe und dass der Kläger als leitender Angestellter i. S. v. § 14 KSchG anzusehen sei.

Als Leiter der Abteilung für Gebrauchtmaschinenhandel sei der Kläger mit keinem anderen Arbeitnehmer in der K. Niederlassung oder der B. Zentrale vergleichbar gewesen, so dass eine Sozialauswahl nicht durchzuführen gewesen sei. Auch habe kein anderer freier Arbeitsplatz existiert, auf dem der Kläger hätte weiterbeschäftigt werden können. Für die im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung freien Arbeitsplätze eines gewerblichen Vorführers im Marketing und eines Produktmanagers Light Equipment in B. hätten dem Kläger die beruflichen Qualifikationen einer Ingenieurausbildung bzw. einer handwerklichen Ausbildung im Kfz-Bereich gefehlt. Andere Arbeitsplätze seien nicht frei gewesen. Erst recht hätte der Kläger, nachdem er der Versetzung von D. nach K. widersprochen gehabt habe, nicht an dem nicht mehr existierenden Standort D...

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