Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung. Sozialauswahl. Austauschkündigung. arbeitgeberseitiger Auflösungsantrag. Abgrenzung der Notwendigkeit einer Sozialauswahl i. S. v. § 1 Abs. 3 KSchG zur unzulässigen reinen Austauschkündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Abgrenzung der Notwendigkeit einer Sozialauswahl i. S. v. § 1 Abs. 3 KSchG zur unzulässigen reinen Austauschkündigung.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist weder der Arbeitsplatz des Arbeitnehmer noch der Arbeitsplatz des Mitarbeiters durch die Umstrukturierung weggefallen oder auch nur quantitativ eingeschränkt worden, besteht keinerlei Anlass und Notwendigkeit für die Durchführung einer Sozialauswahl im Sinne von § 1 Abs. 3 KSchG, da die Notwendigkeit einer Sozialauswahl zunächst voraussetzt, dass ein Arbeitsplatzwegfall gegeben ist.

2. Nur eine solche Verknappung des arbeitgeberseitigen Beschäftigungsbedarfs kann dazu führen, dass mehrere bisher nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen untereinander austauschbare und damit vergleichbare Arbeitnehmer um einen verbleibenden Arbeitsplatz konkurrieren müssen.

3. Nur für eine solche auf Grund einer Verknappung des Beschäftigungsbedarfs betriebsbedingt verursachte Konkurrenzsituation schreibt § 1 Abs. 3 KSchG vor, nach welchen Regeln die Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers zu erfolgen hat.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2, §§ 3, 9-10, 1 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 01.12.2010; Aktenzeichen 2 Ca 4245/10)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 01.12.2010 in Sachen

2 Ca 4245/10 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Auflösungsantrag der Beklagten bleibt abgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung vom 14.05.2010, einen Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers sowie einen arbeitgeberseitigen Auflösungsantrag.

Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz und wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge wird auf den Tatbestand des mit der vorliegenden Berufung angegriffenen Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 01.12.2010 in Sachen 2 Ca 4245/10 Bezug genommen. Ergänzend wird ausdrücklich auf die von den Parteien zur Akte gereichten Anlagen hingewiesen, insbesondere auf die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen mit dem Kläger vom 24.03.2009 (Anlage B 4) und vom 05.05.2009 (Anlage B 5) sowie das Beförderungsschreiben vom 20.01.2010 (Anlage A 3), auf die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen mit der Mitarbeiterin D vom 29.12.2006 (Anlage B 20) und vom 23.06.2009 (Anlage B 19) sowie auf die Betriebsratsanhörung vom 07.05.2010 (Anlage B 6). Wegen der Gründe, die die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, der Kündigungsschutzklage und dem Weiterbeschäftigungsantrag stattzugeben sowie den arbeitgeberseitigen Auflösungsantrag abzuweisen, wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 01.12.2010 Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 16.12.2010 zugestellt. Sie hat hiergegen am 22.12.2010 Berufung eingelegt und diese am 02.02.2011 begründet.

Die Beklagte beanstandet, dass das Arbeitsgericht sich in seinen Entscheidungsgründen nicht mit der von ihr vorgetragenen und zum 01.07.2010 durchgeführten Umstrukturierungsmaßnahme befasst habe, in deren Rahmen die vom Kläger geleitete Abteilung Artikeldatenmanagement (ADM) wieder in den IT-Bereich eingegliedert worden sei. Hierdurch sei der Arbeitsplatz des Klägers als Leiter der Abteilung ADM zwar nicht entfallen. Das Arbeitsgericht Köln habe aber übersehen, dass der Kläger nunmehr in dieser Position durch die Mitarbeiterin D im Rahmen einer Sozialauswahl verdrängt werde, da die Mitarbeiterin D über stärkere Sozialdaten als der Kläger verfüge.

Die von der Mitarbeiterin D davor eingenommene Position sei nahtlos zum 01.07.2010 auf den neu eingestellten Mitarbeiter H übertragen worden, einem ausgewiesenen proAlpha-Fachspezialisten, mit dem der Kläger fachlich nicht konkurrieren könne.

Weiter beanstandet die Beklagte, dass das Arbeitsgericht auch ihrem Auflösungsantrag nicht stattgegeben habe. Zur Begründung ihres Auflösungsantrags bezieht sich die Beklagte auf diverse dem Kläger zurechenbare Formulierungen seines Prozessbevollmächtigten im Zuge des vorliegenden Kündigungsschutzrechtsstreits. Wegen der Einzelheiten wird auf Abschnitt IV 2 der Berufungsbegründungsschrift vom 02.02.2011 sowie auf Abschnitt 3 des weiteren Schriftsatzes der Beklagten vom 07.06.2011 Bezug genommen.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt nunmehr

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 01.12.2010, 2 Ca 4245/10, abzuändern und den Kündigungs- schutzantrag sowie den Weiterbeschäftigungsantrag abzuweisen,

hilfsweise: das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2010 gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die aber 5.200,00 € nicht überschreiten sollte.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die gegnerische Berufung ...

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