Entscheidungsstichwort (Thema)
Erkennbare rechtliche Identität einer Person schließt Rubrumsberichtigung aus. Bestehen eines Vertragsverhältnisses aufgrund betrieblicher Übung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Oberarzt kann einen vertraglichen Anspruch gegen den Chefarzt und/oder den Krankenhausträger haben, an den Privatliquidationseinnahmen des Chefarztes beteiligt zu werden. Liegen keine eindeutigen Erklärungen vor, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob und ggf. gegen wen ein Anspruch besteht.
2. Ein Anspruch kann sich gegen den Krankenhausträger aus einer betrieblichen Übung und gegen den Chefarzt aus einer praktischen Übung ergeben (im Anschluss an LAG Köln 13.01.2011 - 6 Sa 942/10).
3. Besteht ein vertraglicher Anspruch gegen den Chefarzt, kann dieser das Vertragsverhältnis zum Oberarzt nicht schrankenlos kündigen. Eine Kündigung ist unwirksam, wenn sie gegen das Gebot der Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) verstößt. Dies kann der Fall sein, wenn der Chefarzt das Vertragsverhältnis zum Oberarzt kündigt, obwohl er weiterhin Liquidationserlöse erzielt und der Chefarztvertrag eine Beteiligung der nachgeordneten ärztlichen Mitarbeiter vorsieht. Ob die Kündigung zusätzlich einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB unterliegt (so LAG Köln 13.01.2011 - 6 Sa 942/10), bleibt offen.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 241, 315, 328; ZPO §§ 253-254, 295; BGB § 151
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 05.12.2018; Aktenzeichen 4 Ca 663/18) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 05.12.2018 - 4 Ca 663/18 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 22.000,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.000,00 € seit dem 02.02.2017, 02.03.2017, 02.04.2017, 02.05.2017, 02.06.2017, 02.07.2017, 02.08.2017, 02.09.2017, 02.10.2017, 02.11.2017, 02.12.2017, 02.01.2018 02.01.2018, 02.03.2018, 02.04.2018, 02.05.2018, 02.06.2018, 02.07.2018, 02.08.2018, 02.09.2018, 02.10.2018 und 02.11.2018 zu zahlen.
II.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
III.
Die Berufung des Beklagten zu 1) wird zurückgewiesen. (*)
IV.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/3 und der Beklagte zu 1) zu 2/3.
V.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger an den Privatliquidationen des Beklagten zu 1) zu beteiligen.
Der Kläger ist bei der Beklagten zu 2) bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 1. Januar 1998 als leitender Oberarzt angestellt. Auf den Inhalt des Arbeitsvertrages wird Bezug genommen. Der Beklagte zu 1) ist Chefarzt der von der Beklagten zu 2) betriebenen Klinik für Hals - Nasen - Ohren - Heilkunde und plastische Gesichtschirurgie.
Der Beklagte zu 1) ist berechtigt, auf eigene Rechnung Privatpatienten in der Klinik zu behandeln. § 12 des Arbeitsvertrages des Beklagten zu 1) bestimmt:
"§ 12
Finanzielle Beteiligung der nachgeordneten Ärzte
(1) Die nachgeordneten Ärzte werden an den Einnahmen beteiligt, für die dem Arzt ein Liquidationsrecht zusteht (§ 8 Abs. 2).
Zu diesem Zweck führt der Arzt aus den Bruttohonorareinnahmen im Sinne von § 10 Abs. 3 nach Abzug eines Bruttojahresgehaltes im Sinne von § 8 Abs. 1 einen angemessenen Anteil an den Krankenhausträger ab.
Dieser Anteil beträgt mindestens 20 %.
(2) Die Verteilung an die ärztlichen Mitarbeiter erfolgt im Einvernehmen mit dem Arzt. Dabei sind Leistung, Verantwortung und Aufgaben der ärztlichen Mitarbeiter angemessen zu berücksichtigen.
(3) Abrechnungszeitraum ist das Kalenderjahr."
Ausdrückliche Abreden über die Beteiligung des Klägers an den Honorareinnahmen des Beklagten zu 1) bestehen nicht. Der Beklagte zu 1) zahlte bis Dezember 2016 seit mehreren Jahren monatlich 2.000 € an den Kläger. Außer dem Kläger erhielten bis zu drei weitere Ärzte Zahlungen. Der Beklagte zu 1) reduzierte die Zahlung an den Kläger ab Januar 2017 auf monatlich 1.000 €. Mit Schreiben vom 14. Februar 2018 kündigte er "höchst vorsorglich" eine möglicherweise bestehende Verpflichtung gegenüber dem Kläger zum 28. Februar 2018. Gleichwohl leistete er weiter Zahlungen an den Kläger, nach seinen Angaben in unterschiedlicher Höhe, aber jeweils unter 1.000 € monatlich. Der Kläger hat angegeben, er habe weiterhin 1.000 € erhalten.
Die Beklagte zu 2) wies die vom Beklagten zu 1) vorgenommenen Zahlungen an den Kläger in ihren Abrechnungen als "Chefarztzahlung" aus und führte Steuern und Sozialabgaben ab.
Der Beklagte zu 1) hat für die Jahre 2015 bis 2017 Angaben zu seinen Privatliquidationen und den geleisteten Poolzahlungen gemacht. Er hat ausgeführt, er habe an die nachgeordneten Ärzte für 2015 statt geschuldeter 22.745,30 € 58.250 €, für 2016 statt geschuldeter 16.686,68 € 48.250 € und für 2017 statt geschuldeter 18.118,86 € 45.000 € gezahlt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagten seien als Gesamtschuldner v...