Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausübung eines Widerrufsvorbehalts bezüglich einer Werkdienstwohnung
Leitsatz (amtlich)
1. Hinsichtlich der Überlassung von Wohnungen durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer wird zwischen Werkmietwohnungen (vgl. § 576 BGB) und Werkdienstwohnungen unterschieden (vgl. § 576b BGB). Kennzeichnend für die Werkmietwohnung ist, dass sie „mit Rücksicht auf das Bestehen eines Dienstverhältnisses vermietet” wird (§ 576 Abs. 1 BGB). Es wird neben dem Arbeitvertrag ein Mietvertrag abgeschlossen. Demgegenüber ist die Werkdienstwohnung unmittelbarer Bestandteil des Arbeitsvertrages und regelmäßig Teil der Vergütung; es liegt kein selbständiger Mietvertrag vor (§ 576b Abs. 1 BGB). Für die Abgrenzung von Werkmietwohnungen (§ 576 BGB) und Werkdienstwohnungen (§ 576b BGB) kommt es nicht auf die Bezeichnung der Parteien oder deren rechtliche Beurteilung, sondern auf den materiellen Gehalt des Vereinbarten an. Dieser ist durch Auslegung des Vertrags (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln.
2. Für die Kündigung des Mietverhältnisses einer Werkmietwohnung im laufenden Arbeitsverhältnis gelten die allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften der §§ 568, 573 ff., 577a BGB. Ist dem Arbeitnehmer eine Werkdienstwohnung überlassen worden, richtet sich die Beendigung der Wohnraumüberlassung während des bestehenden Arbeitsverhältnisses nach arbeitsrechtlichen Bestimmungen. § 576b BGB findet nur Anwendung, wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist und der Arbeitnehmer die Werkdienstwohnung noch bewohnt.
3. Die Überlassung einer Werkdienstwohnung kann mit einem Widerrufsvorbehalt verbunden werden. Der Widerrufsvorbehalt unterliegt einer Inhaltskontrolle und einer Ausübungskontrolle im Einzelfall gemäß § 315 BGB.
Normenkette
BGB §§ 576, 576b, 308 Nr. 4
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 22.03.2007; Aktenzeichen 6 Ca 3095/06) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22. März 2007 – 6 Ca 3095/06 – abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Kündigungen der Beklagten vom 21.03.2006 und 29.12.2006 unwirksam sind und ihm die Dienstwohnung, in, zu den bisherigen Bedingungen über den 30.09.2007 hinaus zur Verfügung steht.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechtigung des Klägers, weiterhin eine Wohnung der Beklagten zu nutzen.
Der Kläger war zunächst seit dem 14. Januar 1986 als Bademeister bei der Stadt K beschäftigt. Die Beklagte trat aufgrund eines Betriebsübergangs zum 1. Januar 1998 in die Rechte und Pflichten aus diesem Arbeitsverhältnis ein. Das monatliche Bruttogehalt des Klägers beträgt ca. 2.270 Euro.
Mit Schreiben vom 19. September 1988 hatte die Stadt K dem Kläger eine Dienstwohnung in K -M auf dem Gelände des S zugewiesen. In dem Schreiben heißt es:
„Die o. g. Wohnung weise ich Ihnen mit Wirkung vom 01.10.1988 als Dienstwohnung zu. Diese Zuweisung muss u. a. zurückgenommen werden, wenn Sie nicht mehr Inhaber des jetzigen Dienstpostens sind.
Der Mietwert der Wohnung und die Höhe der Nebenabgaben stehen noch nicht fest. Der Mietwert wird daher vorsorglich auf 491,50 DM festgesetzt.”
Der Kläger bewohnt die Wohnung mit seinem am 27. Dezember 2002 geborenen Sohn. Die Miete beträgt zur Zeit 268,30 Euro zuzüglich einer Heizkostenpauschale von 130 Euro.
Mit Schreiben vom 17. Mai 1990 hatte die Stadt K den Kläger für die Dauer der Freibadsaison dem S zugewiesen. Unter dem 17. Mai 1990 teilte sie ihm mit, dass er für die Dauer der Freibadsaison bis einschließlich 2. September 1990 als Vorarbeiter eingesetzt werde. Gleiches erfolgte jedenfalls in den Jahren 1994 und 1997. Im Jahre 1999 wurde der Kläger während der Freibadsaison als Schichtführer im S eingesetzt.
Die Beklagte übertrug dem Kläger mit Schreiben vom 30. September 1999 „das Aufgabengebiet „Schichtführender Schwimmmeister Team 3 West (HB W, HB B, FB S), derzeitiger Standort HB W „. Hiermit war eine Höhergruppierung des Klägers verbunden.
Aufgrund eines im Jahre 2005 erlittenen Unfalls war der Kläger durchgehend bis zum 15. Juli 2007 arbeitsunfähig erkrankt. In den Jahren vor seiner Erkrankung arbeitete der Kläger jedenfalls zeitweise in den Sommermonaten im S. In diesem Sinne ist in einem Zwischenzeugnis vom 14. Mai 2003 ausgeführt, der Einsatz des Klägers erfolge überwiegend als Schichtführer im Weidenbad. Während der Freibadsaison sei er in den vergangenen Jahren als Schichtführer im S eingesetzt worden.
Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 21. März 2006 die Dienstwohnung des Klägers im S zum 30. Juni 2006. Zur Begründung verwies sie darauf, dass dem Bediensteten die Dienstwohnung nur für die Zeit zuzuweisen sei, für die er Inhaber des mit der Dienstwohnung ausgestatteten Dienstpostens sei. Da er zur Zeit die Funktion des schichtführenden Schwimmmeisters mit dem Standortschwerpunkt W übernehme, seien die Voraussetzungen der Dienstwohnung nicht mehr gegeben. Gleichzeitig bot die Beklagte dem Kläger an, die Wohnung zu einer monatlic...