Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsabgeltung. Zusage. Kündigungsschreiben
Leitsatz (amtlich)
1. Die Erklärung in einem Kündigungsschreiben, es werde eine bestimmte Anzahl von Urlaubstagen abgegolten, stellt ein deklaratorisches Schuldversprechen dar.
2. Ist die Anzahl der Urlaubstage aufgrund einer fehlerhaften Angabe im Personalabrechnungssystem zu hoch angegeben worden, so kann die Erklärung grundsätzlich weder angefochten werden, noch ist es dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf das Schuldversprechen zu berufen.
Normenkette
BGB §§ 782, 119, 242
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 07.07.2011; Aktenzeichen 6 Ca 7600/10) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 7. Juli 2011 – 6 Ca 7600/10 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe des abzugeltenden Urlaubs.
Der Kläger war bei dem Beklagten, der ein Gebäudereinigungsunternehmen betreibt, als Angestellter beschäftigt.
Mit Schreiben vom 30. Juli 2010 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2010. In dem Schreiben heißt, der Kläger erhalte eine Urlaubsabgeltung von 43 Tagen. Die Angabe über die Urlaubsabgeltung erfolgte auf Wunsch des Klägers.
Mit der vorliegenden Klage, die am 23. September 2010 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, verlangt der Kläger von dem Beklagten Zahlung von EUR 9.094,07 nebst Zinsen brutto zur Abgeltung von 43 Urlaubstagen.
Das Arbeitsgericht Köln hat der Klage durch Urteil vom 7. Juli 2011 stattgegeben mit der Begründung, der Beklagte sei an die Zusage, 43 Urlaubstage abzugelten, gebunden. Soweit er dem Kläger nur die Abgeltung der ihm noch zustehenden Urlaubstage habe zusagen wollen, komme dies in der Erklärung nicht zum Ausdruck.
Das Urteil ist dem Beklagten am 29. August 2011 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 27. Juli 2011 Berufung einlegen und diese am 28. Oktober 2011 begründen lassen.
Er trägt vor, aufgrund eines neuen Personalabrechnungssystems S seien die Urlaubstage falsch berechnet worden und in den Lohnabrechnungen unzutreffend angegeben worden. Dem Kläger hätten maximal 13 Urlaubstage zugestanden. Die mit der Abrechnung beauftragte Angestellte habe mit dem Kläger die letzte Lohnabrechnung besprochen, die dann erstellt worden sei. Der Kläger verhalte sich rechtsmissbräuchlich, wenn er auf der Abgeltung von 43 Urlaubstagen bestehe.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 7. Juli 2011 – 6 Ca 7600/10 – die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist darauf, in dem Kündigungsschreiben sei nicht die Berechnung der darin zugesagten Abgeltungstage dargestellt worden. Er habe nicht verlangt, in das Personalabrechnungssystem unrichtige Daten einzugeben. Sofern sich der Beklagte geirrt habe, handle es sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum. Er habe nicht gewusst, dass die abzugeltenden Urlaubstage falsch berechnet worden seien. Da er in der zweiten Jahreshälfte ausgeschieden sei, habe er für das Jahr 2010 den vollen Jahresurlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen erworben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist zulässig.
Sie ist nach § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft und innerhalb der Fristen nach § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet worden.
II. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht Köln den Beklagten verurteilt, an den Kläger EUR 9.094,07 brutto nebst Zinsen zur Abgeltung von 43 Urlaubstagen zu gewähren.
1. Die Erklärung in dem Kündigungsschreiben, der Kläger erhalte eine Urlaubsabgeltung von 43 Tagen, stellt ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar. Es war damit bezweckt, die Anzahl der abzugeltenden Urlaubstage mit dem Ausspruch der Kündigung abschließend festzulegen und einem Streit bei der späteren Abwicklung zu entziehen (vgl. zum deklaratorischen Schuldanerkenntnis: BAG, Urteil vom 11. Mai 1983 – 7 AZR 500/79 – und Urteil vom 10. März 1987 – 8 AZR 610/84 –).
Die Parteien habe es nicht dabei belassen, anhand der Angaben über die Urlaubstage in den monatlichen Lohnabrechnungen diesen Anspruch beim Ausscheiden des Klägers abzuwickeln. Lohnabrechnungen haben nicht den Zweck, die Ansprüche endgültig festzulegen. Bei einem Irrtum kann daher grundsätzlich keine Seite am Inhalt einer Lohnabrechnung festgehalten werden. Ihr kann somit nicht entnommen werden, dass der Arbeitgeber die Zahl der angegebenen Urlaubstage auch dann gewähren will, wenn er diesen Urlaub nach Gesetz, Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag nicht schuldet (vgl. BAG, Urteil vom 10. März 1987 – 8 AZR 610/84 –).
Gerade angesichts dieses Umstandes muss der von dem Beklagten durch Unterschrift bestätigten Erklärung in dem Kündigungsschreiben die weiterreichende Bedeutung zukommen, dass die Anzahl der abzugeltenden Urlaubstage etwaigen Neuberechnungen des Beklagten von vornherein entzogen werden so...