Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Änderungskündigung zum Zwecke der Geltung eines anderen Tarifvertrages
Leitsatz (redaktionell)
1. Soweit eine Änderungskündigung u.a. die Geltung eines anderen Tarifvertrages als bisher für das Arbeitsverhältnis der Parteien zum Gegenstand hat, ist es für die Bestimmtheit des Änderungsangebots nicht erforderlich, alle Regelungsabweichungen des neuen von dem alten Tarifvertag im einzelnen aufzuführen oder dem Arbeitnehmer den vollständigen Text des nunmehr geltenden Tarifvertrags in Papierform auszuhändigen.
2. Die Bestimmtheit des Änderungsangebots scheitert auch nicht daran, dass der neue Tarifvertrag im Zeitpunkt des Zugangs der Änderungskündigung vertragsrechtlich noch nicht endgültig zustande gekommen ist.
Normenkette
BGB § 151; BetrVG § 102; KSchG §§ 1-2, 6; NachwG § 2; TV Ratio TDG; TVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 27.03.2014; Aktenzeichen 1 Ca 1819/13) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 27.03.2014 in Sachen 1 Ca 1819/13 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um die Rechtswirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung.
Der am .1962 geborene und in Weimar wohnhafte Kläger ist seit dem 01.09.1979 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, zuletzt auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 09.03.2007 (Bl. 4 ff. d. A.), als Vertriebsbeauftragter im Betrieb "T D und B " (im Folgenden: D ) zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 4.074, 16 € beschäftigt. § 7 (Geltung von Tarifverträgen) des Arbeitsvertrages enthält folgende Regelung:
"1. Für die Dauer der Geltung des Tarifvertrags über Pilotkonditionen im Betrieb D und B der D T A gelten für das Arbeitsverhältnis die dort definierten Arbeitsbedingungen in der jeweils geltenden Fassung.
2. Im Übrigen finden auf das Arbeitsverhältnis die für den Betrieb oder Betriebsteil, in dem der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber tätig ist, betrieblich/fachlich jeweils einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Dies sind zurzeit die mit v . abgeschlossenen Tarifverträge."
Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer. In ihrem Betrieb D bestand ein Betriebsrat.
Unter dem 02.05.2013 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat der D einen Interessenausgleich "zur Stilllegung des Betriebs D " (Bl. 15 ff. d. A.) sowie einen Sozialplan "zur Stilllegung des Betriebs D " (Bl. 23 ff. d. A.), auf deren Inhalte Bezug genommen wird.
Mit E-Mail vom 02.07.2013 schrieb der Betriebsrat der D an alle Beschäftigten:
"....am 24.06.2013 hat der Betriebsrat der D der Versetzung der Tarifkräfte zur V zum 01.08.2013 mehrheitlich zugestimmt. Nach der Veröffentlichung des TV Ratio TDG im AVG Portal im Intranet sieht die Mehrzahl der BR-Mitglieder keinen sachlichen Grund mehr, hier die Zustimmung zu verweigern. Auch entspricht die Zustimmung dem Verhandlungsergebnis des IA/SP zwischen AG und Betriebsrat."
Mit E-Mail vom 01.07.2013 (Bl. 289/289 R d. A.), der eine Liste mit Namen und Daten der zu kündigenden Arbeitnehmer beigefügt war, hörte die Beklagte den Betriebsrat der D zur beabsichtigten Änderungskündigung an. Die Liste enthielt u. a. keine Angaben zur Länge der Betriebszugehörigkeit in Jahren und zu den Unterhaltspflichten. Der Anhörung war versehentlich nicht ein vorbereitetes Musterschreiben zu § 102 BetrVG, sondern die Beteiligung zur Versetzung gemäß § 99 BetrAVG als Datei beigefügt.
Mit Schreiben vom 04.07.2013 (Bl. 12 d. A.) widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung.
Mit Schreiben vom 08.07.2013 (Bl. 10 f. d. A.), dem Kläger seinen Angaben im Schriftsatz vom 12.09.2014 zufolge zugegangen am 09.07.2013, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31.07.2013 und bot dem Kläger zugleich die Fortsetzung desselben mit der Maßgabe an, dass er "mit Wirkung zum 01.08.2013 als Arbeitnehmer im Sinne von § 5 Abs. 1 TV Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung der T D G (TV Ration TDG) in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit V der D T A zu den in Abschnitt 1 des TV Ratio TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen tätig" wird.
Mit Schreiben vom 16.07.2013 (Bl. 13 d. A.) nahm der Kläger das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung an.
Zu einem Zeitpunkt nach Ausspruch der Änderungskündigung versetzte die Beklagte den Kläger für den Zeitraum vom 05.08.2013 bis zum 04.08.2016 zur V C S G (V ) als Sachbearbeiter Backoffice nach K . Der Betriebsrat der D und der Betriebsrat des Betriebsrats V hatten der Versetzung zugestimmt.
Der TV Ratio TDG war im Umlaufverfahren unterschrieben worden, und zwar zunächst von den Vertretern der Gewerkschaft v . . Die auch mit den Unterschriften der Vertreter der Arbeitgeberseite versehene Tarifvertragsurkunde war, wie im vorliegenden Verfahren erst im Laufe der Berufungsinstanz bekannt wurde, nach Aus...