Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrente. feste Altersgrenze. vorzeitiges Ausscheiden. unverfallbare Anwartschaft. vorzeitiger Rentenbezug. versicherungsmathematischer Abschlag. zeitratierliche Kürzung
Leitsatz (amtlich)
1. Nimmt ein mit einer unverfallbaren Betriebsrentenanwartschaft vor Erreichen der festen Altersgrenze ausgeschiedener Mitarbeiter die vorgezogene gesetzliche Altersrente und zugleich auch die vorgezogene Betriebsrente in Anspruch, so kann seine Betriebsrente einer doppelten Kürzung unterzogen werden: Der vorgezogene Betriebsrentenbezug kann durch einen versicherungsmathematischen Abschlag kompensiert werden, die fehlende Betriebstreue vom Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis bis zur festen Altersgrenze durch eine zeitratierliche Kürzung gemäß § 2 BetrAVG.
2. Die Vorschrift einer Versorgungsordnung, die in solchen Fällen zusätzlich zu einem versicherungsmathematischen Abschlag eine doppelte zeitratierliche Kürzung (insgesamt also eine dreifache Kürzung) vorsieht, verstößt gegen zwingendes Gesetzesrecht (§ 2 BetrAVG) (Anschluss an BAG NZA 2002, 93 ff.).
3. Eine zweite zeitratierliche Kürzung kommt allenfalls als „versicherungsmathematischer Abschlag im untechnischen Sinn” dann in Betracht, wenn die Versorgungsordnung keine eigene Regelung der Kompensationsfrage wegen vorzeitigen Rentenbezuges enthält.
Normenkette
BetrAVG §§ 2, 6
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 28.06.2002; Aktenzeichen 2 Ca 12310/01) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 28.06.2002 in Sachen 2 Ca 12310/01 teilweise wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum März bis Oktober 2001 143,20 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach dem DÜG aus je 17,90 EUR seit dem 01.03., 01.04., 01.05., 01.06., 01.07., 01.08., 01.09. und 01.10.2001 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine monatliche Kassenrente in Höhe von 142,14 EUR brutto zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger zu 78 %, die Beklagte zu 22 %. Hiervon ausgenommen sind die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts entstandenen Kosten, die allein dem Kläger zur Last fallen.
Die Kosten der Berufungsinstanz tragen beide Parteien je zur Hälfte.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Für den Kläger wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe eines Betriebsrentenanspruchs des Klägers.
Der am 12.11.1939 geborene Kläger war vom 01.04.1976 bis zum 30.06.1998 bei der G. beschäftigt. Die Arbeitgeberin erteilte dem Kläger zu Beginn des Arbeitsverhältnisses eine Versorgungszusage nach dem Leistungsplan B. der Satzung ihrer V, der Beklagten. Die Satzung der Beklagten enthält, soweit vorliegend von Interesse, u.a. folgende Regelungen:
„§ 4 Arten der Mitgliedschaft
1. Die hat
1.1 ordentliche Mitglieder
1.2 außerordentliche Mitglieder.
…
§ 5 Erwerb der ordentlichen Mitgliedschaft
1. Mitglied der V. ist oder wird jeder Betriebsangehörige – sofern nicht eine gesonderte Regelung erfolgt –, der in den Diensten der Trägerunternehmen steht oder in die Dienste der Trägerunternehmen eintritt und dem von einem der Trägerunternehmen eine Zusage auf betriebliche Altersversorgung nach den Regelung dieser Satzung erteilt worden ist und der die folgenden Bedingungen erfüllt:
.1 Der Betriebsangehörige muss das Mindestaufnahmealter von 25 Jahren und eine ununterbrochene Dienstzeit in den Unternehmen von mindestens 5 Jahren vollendet haben.
.2 Der Betriebsangehörige muss vor Vollendung des 55. Lebensjahres in die Dienste eines der Unternehmen getreten sein.
…
§ 6 Erlöschen der ordentlichen Mitgliedschaft und Entzug von Leistungsansprüchen
1. Die ordentliche Mitgliedschaft erlischt
…
.2 Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit den Unternehmen, ohne dass Ruhegeldansprüche gegen die V. bestehen, es sei denn, die Mitgliedschaft bleibt als außerordentliche Mitgliedschaft gemäß § 7 aufrechterhalten, …”
In § 32 der Satzung ist über das „Entstehen des Anspruchs auf Altersrente” folgendes regelt:
„1. Altersrente erhält ein Mitglied, dass das 65. Lebensjahr (feste bzw. Regelaltersgrenze) vollendet hat.
1. Vorgezogene Altersrente erhält ein Mitglied, das Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nimmt …”
Wegen des „Erwerbs der außerordentlichen Mitgliedschaft”, der „Höhe des Ruhegeldes” und der „Höhe des Ruhegeldes für außerordentliche Mitglieder nach § 7 der Satzung” wird auf die im Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils auszugsweise zitierten weiteren Satzungsvorschriften der §§ 7, 73 und 74 Bezug genommen.
Seit dem 01.03.2001 erhält der Kläger die vorgezogene gesetzliche Altersrente sowie von der Beklagten die vorgezogene betriebliche Altersrente im Sinne von § 32 Ziff. 2 der Satzung. Die Höhe der Rente hat die ...