Entscheidungsstichwort (Thema)

WDR Betriebsrente Anpassung Riesterkorrekturfaktor

 

Leitsatz (amtlich)

Es erscheint zweifelhaft, ob eine Jeweiligkeitsklausel auch nach regulärem Renteneintritt die Veränderung der Versorgungszusage deckt. Besondere Zweifel ergeben sich, wenn von einer Dienst/Betriebsvereinbarung zum Tarifvertrag gewechselt wird. Die Regelungen des Altersvermögenseinkünftegesetzes, die zu einem langsameren Ansteigen der Sozialversicherungsrente führen, sind jedenfalls nicht geeignet die Absenkung der Nettovergleichsvergütung in einem Gesamtversorgungssystem zu rechtfertigen. Allenfalls ist die Sozialversicherungsrente so weiter zu berechnen, wie sie sich ohne die Änderung des § 68 SGB VI errechnet hätte.

 

Normenkette

BetrAVG §§ 2, 5, 17, 16; SGB VI § 68

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 24.02.2005; Aktenzeichen 1 Ca 8552/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.02.2007; Aktenzeichen 3 AZR 735/05)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.02.2005 – 1 Ca 8552/04 – wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Betriebsrente des Klägers nicht in der Weise ermittelt werden kann, dass die Gesamtversorgungsobergrenze nach Maßgabe des „Riester-Korrekturfaktors” gekürzt wird.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die richtige Berechnung der Betriebsrente des Klägers.

Der am 26.09.1938 geborene Kläger war vom 01.10.1967 bis 30.09.2001 Arbeitnehmer des Beklagten. Während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses wurde dem Kläger eine Betriebsrentenzusage erteilt, welche sich während des Arbeitsverhältnisses mehrfach änderte. § 11 des Arbeitsvertrages lautet insoweit:

„Der W gibt dem Arbeitnehmer eine Versorgungszusage nach den beim W geltenden Bestimmungen.”

Hinsichtlich der Arbeitszeitregelung und der Urlaubsregelung nimmt der Arbeitsvertrag die beim Beklagten gültigen tariflichen Vereinbarungen in Bezug. Im Übrigen fehlt eine tariflichen Bezugnahmeklausel.

Bei Erteilung der arbeitsvertraglichen Versorgungszusage im Arbeitsvertrag vom 01.10.1967 fand die Versorgungszusage 62/70 in Form einer Gesamtzusage Anwendung. Im Jahre 1979 ist diese erstmals durch Dienstvereinbarung abgelöst worden. Diese Dienstvereinbarung ist erneut durch die Dienstvereinbarung vom 31. Juli 1998 in der Fassung vom 21. Dezember 1998 abgelöst worden. Diese Dienstvereinbarung (DV 98) hält der Kläger zur Berechnung seiner Betriebsrente für maßgeblich. Er vertritt die Ansicht, dass Änderungen, die nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eingetreten sind, ihn nicht mehr betreffen.

Demgegenüber vertritt der Beklagte die Ansicht, dass auch spätere Änderungen der Versorgungsordnung auf den Kläger Anwendung finden, da die arbeitsvertragliche Regelung als Jeweiligkeitsklausel auszulegen sei, deren Wirkung mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis und dem Eintritt in die Rente nicht ende.

Der Beklagte kündigte die DV 98 zum 31.07.2001. Mit Wirkung zum 15. Dezember 2002 schloss der Beklagte mit dem Personalrat eine neue „Grundsatz-Dienstvereinbarung” zur DV 98. Hierin vereinbarten die Betriebsparteien, dass die DV 98 durch einen Versorgungstarifvertrag abgelöst werden soll. Dieser Tarifvertrag ist am 16.06.2003 unterzeichnet worden und sieht vor, dass die bisherige Gesamtversorgungsobergrenze bei der nächsten Neuberechnung für jeden Arbeitnehmer um den Faktor 0,9914 gemindert wird. Für die Folgejahre ist eine Tabelle eingearbeitet, die die Fortschreibung dieses sogenannten Riester-Korrekturfaktors vorsieht. Hintergrund der Einführung dieses Korrekturfaktors ist die Betriebsrentenstruktur des Beklagten und die Veränderung der Sozialversicherungsrenten durch die Neufassung des § 68 SGB VI (Rentenreform 2002).

Nach der ursprünglichen Versorgungszusage hat der Kläger einen Anspruch auf Betriebsrente, die 60 % seines letzten Bruttogehalts umfasst. Dieser Betrag setzt sich durch Erwerb der einzelnen Prozentpunkte je nach Betriebszugehörigkeitsdauer zusammen. Der Kläger hat eine Betriebszugehörigkeit erbracht, die zum Erwerb sämtlicher Prozentpunkte führte.

Durch Veränderung der Steuer- und Sozialabgabenlast führte diese ursprüngliche Bruttozusage dazu, dass bei den Mitarbeitern, die den maximalen Prozentsatz durch Betriebszugehörigkeit erreicht hatten, eine Überversorgung eingetreten ist. Der Abbau dieser Überversorgung erfolgte dadurch, dass eine Deckelung des maximalen Rentenanspruchs auf einen Betrag zwischen 90 und 93,5 % eines vergleichbaren Nettoeinkommens erfolgte. Der Kläger hatte hier nach der DV 98 den Prozentsatz von 93,4 % der vergleichbaren Nettovergütung erreicht. Zur Berechnung seiner individuellen Betriebsrente war deshalb zunächst das ruhegeldfähige Bruttoeinkommen eines vergleichbaren Mitarbeiters, der noch im Dienst ist, festzustellen. Hiervon waren die Lohnsteuer nach Steuerklasse 3, der Solidaritätszuschlag und die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, zur Arbeitslosenversicherung, zur Krankenversicherung...

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