Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezahlung von Arbeitszeitunterbrechungen bei Fluggastkontrolle. Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung. Beteiligung des Betriebsrats bei Pausen
Leitsatz (redaktionell)
Wenn ein Arbeitgeber Pausen ohne die nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats festlegt, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Bezahlung der Pausen.
Normenkette
BetrVG §§ 87, 99
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 13.12.2013; Aktenzeichen 1 Ca 103/12) |
Tenor
Auf die Berufungen beider Parteien wird unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13. Dezember 2013 - 1 Ca 103/12 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.593,01 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.417,66 € brutto seit dem 01.01.2013, aus 255,23 € brutto seit dem 01.04.2013 und aus 920,12 € brutto seit dem 01.10.2013 zu zahlen (Arbeitsunterbrechungen von Juni 2010 bis September 2013).
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 216,30 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2013 zu zahlen (Differenz zu monatlich 160 Stunden für Januar 2013).
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 6/10 und die Beklagte 4/10 zu tragen.
- Die Revision wird für die Beklagte beschränkt auf den Tenor zu 1. und für die Klägerin beschränkt auf die Abweisung ihrer Berufungsanträge zu 1. und 2. (Lohnzuschlag von 1,50 € pro Arbeitsstunde) zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten - nachdem erstinstanzlich noch weitere Entgeltdifferenzen Streitgegenstand waren, die der Klägerin durch ein nicht angefochtenes Teilurteil und teilweise noch durch das erstinstanzliche Schlussurteil (Tenor zu 4. des erstinstanzlichen Schlussurteils in Höhe von 216,30 €), das im Übrigen Gegenstand der Berufung ist, zugesprochen wurden und zweitinstanzlich nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens sind - in der zweiten Instanz noch um Vergütung für Arbeitsunterbrechungen, sogenannte "Breakstunden", und um Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge für solche Arbeitsunterbrechungen für die Zeit von Juni 2010 bis September 2013. Sie streiten darüber hinaus um die Zahlung eines Lohnzuschlags von 1,50 € pro Arbeitsstunde nach dem anzuwendenden Lohntarifvertrag.
Die Klägerin begehrt die Bezahlung der angeordneten Arbeitsunterbrechungen aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges. Die Parteien streiten insoweit darüber, ob die Arbeitsunterbrechungen Pausen im Sinne des § 4 Arbeitszeitgesetz sind, ob sie vom Arbeitgeber gesetzeskonform, insbesondere gemäß § 4 Arbeitszeitgesetz "vorab" angeordnet wurden, ob sie billigem Ermessen entsprechen (§ 106 GewO) und kollektivrechtlich wirksam (insbesondere einer Betriebsvereinbarung entsprechend und unter Wahrung des Mitbestimmungsrechtes nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG) angeordnet wurden.
Lohnzuschläge in Höhe von 1,50 € pro Arbeitsstunde begehrt die Klägerin nach dem allgemeinverbindlichen Lohntarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen in NRW vom 05.04.2013 für die Zeit vom Mai bis zum Oktober 2013. Des Weiteren verfolgt die Klägerin insoweit einen Feststellungsantrag. Der Streit geht hier um die Auslegung der einschlägigen Tarifvorschrift. Der Höhe nach sind diese Ansprüche nicht streitig.
Die Klägerin ist seit dem 05.03.2005 als Flugsicherheitskraft auf dem Flughafen K B zunächst bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten und seit dem 01.09.2009 infolge eines Betriebsübergangs bei der Beklagten tätig. Die Klägerin übt in der Fluggastkontrolle Tätigkeiten als Flugsicherheitsassistentin im Sinne des § 5 LuftSiG aus. Sie kontrolliert als solche die Personen, die die Kontrolle passieren, und die von diesen mitgeführten Gegenstände. Über eine Ausbildung nach § 8 LuftSiG verfügt sie nicht.
Am Flughafen existieren darüber hinaus sogenannte Mischkontrollen, an denen von den Mitarbeitern der Beklagten nicht nur Fluggäste und ihr Gepäck, sondern auch am Flughafen beschäftigtes Personal und Fahrzeuge kontrolliert werden. Die hier von der Beklagten eingesetzten Mitarbeiter sind nach § 5 und nach § 8 LuftSiG geschult.
Am Flughafen K B ist die Beklagte rund um die Uhr in 3 Schichten tätig. Sie führt im Auftrag der B Sicherheitskontrollen durch. Die Zahl der zu den jeweiligen Tageszeiten eingesetzten Arbeitnehmer ist von den oft auch kurzfristig erfolgenden Anforderungen der B abhängig.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die allgemeinverbindlichen Tarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen Anwendung. Ebenso gilt der Manteltarifvertrag für Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen, der bundesweit abgeschlossen ist und ebenfalls allgemeinverbindlich ist. Der seit dem 01.01.2006 gültige Manteltarifvertrag enthält in § 9 Ausschlussfristen. In § 3 des Manteltarifvertrages sind Lohnzuschläge geregelt, unter anderem ein 50%-iger für Sonntagsarbeit zwischen 0:00 Uhr und 24:00 Uhr und ein 100%-iger für Ar...