Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezahlung von Arbeitszeitunterbrechungen bei Fluggastkontrolle. Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung. Beteiligung des Betriebsrats bei Pausen
Leitsatz (redaktionell)
Wenn ein Arbeitgeber Pausen ohne die nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats festlegt, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Bezahlung der Pausen.
Normenkette
BetrVG §§ 87, 99
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 15.01.2014; Aktenzeichen 20 Ca 3394/13) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Beklagten und der Berufung der Klägerin im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15.01.2014 - 20 Ca 3394/13 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 839,97 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 213,58 € seit dem 15.01.2013, aus 480,19 € seit dem 15.05.2013 und aus 115,20 € seit dem 15.11.2013 zu zahlen. (Differenzen zu monatlich 160 Stunden für Dezember 2012, Januar 2013 bis April 2013, Juni 2013, Oktober 2013).
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.268,83 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 15.11.2013 zu zahlen (Stundenentgelt für Arbeitsunterbrechungen in der Zeit vom 01.07.2012 bis zum 31.10.2013).
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 205,82 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 15.11.2013 zu zahlen (Zuschläge für Arbeitsunterbrechungen in der Zeit vom 01.07.2012 bis zum 31.10.2013).
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/4 zu tragen.
- Die Revision wird für die Beklagte beschränkt auf den Tenor zu 2. und 3. zugelassen. Für die Klägerin wird die Revision nur insoweit zugelassen, als diese mit ihren Berufungsanträgen zu 1. und 2. unterlegen ist.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der zweiten Instanz noch um Vergütung für Arbeitsunterbrechungen, sogenannte "Breakstunden", und um Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge für solche Arbeitsunterbrechungen für die Zeit von Juli 2012 bis Oktober 2013. Sie streiten darüber hinaus um die Zahlung eines Lohnzuschlags von 1,50 € pro Arbeitsstunde nach dem anzuwendenden Lohntarifvertrag, wobei Zahlungsanträge für die Zeit von Mai 2013 bis Dezember 2013 verfolgt werden und im Übrigen ein Feststellungsantrag gestellt ist. Erstinstanzlich waren noch Entgeltdifferenzen Streitgegenstand waren, die der Klägerin durch das angefochtene Urteil (Tenor zu 1. in Höhe von 839,97 €), zugesprochen wurden und nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens sind.
Die Klägerin begehrt die Bezahlung der angeordneten Arbeitsunterbrechungen aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges. Die Parteien streiten insoweit darüber, ob die Arbeitsunterbrechungen Pausen im Sinne des § 4 Arbeitszeitgesetz sind, ob sie vom Arbeitgeber gesetzeskonform, insbesondere gemäß § 4 Arbeitszeitgesetz "vorab" angeordnet wurden, ob sie billigem Ermessen entsprechen (§ 106 GewO) und kollektivrechtlich wirksam (insbesondere einer Betriebsvereinbarung entsprechend und unter Wahrung des Mitbestimmungsrechtes nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG) angeordnet wurden.
Lohnzuschläge in Höhe von 1,50 € pro Arbeitsstunde begehrt die Klägerin nach dem allgemeinverbindlichen Lohntarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen in NRW vom 05.04.2013.. Der Streit geht hier um die Auslegung der einschlägigen Tarifvorschrift. Der Höhe nach sind diese Ansprüche nicht streitig.
Die Klägerin ist seit dem 04.03.2002 als Flugsicherheitskraft auf dem Flughafen K B zunächst bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten und seit dem 01.09.2009 infolge eines Betriebsübergangs bei der Beklagten tätig. Die Klägerin übt in der Fluggastkontrolle Tätigkeiten als Flugsicherheitsassistentin im Sinne des § 5 LuftSiG aus. Sie kontrolliert als solche die Personen, die die Kontrolle passieren, und die von diesen mitgeführten Gegenstände. Über eine Ausbildung nach § 8 LuftSiG verfügt sie nicht.
Am Flughafen existieren darüber hinaus sogenannte Mischkontrollen, an denen von den Mitarbeitern der Beklagten nicht nur Fluggäste und ihr Gepäck, sondern auch am Flughafen beschäftigtes Personal und Fahrzeuge kontrolliert werden. Die hier von der Beklagten eingesetzten Mitarbeiter sind nach § 5 und nach § 8 LuftSiG geschult.
Am Flughafen K B ist die Beklagte rund um die Uhr in 3 Schichten tätig. Sie führt im Auftrag der B Sicherheitskontrollen durch. Die Zahl der zu den jeweiligen Tageszeiten eingesetzten Arbeitnehmer ist von den oft auch kurzfristig erfolgenden Anforderungen der B abhängig.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die allgemeinverbindlichen Tarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen Anwendung. Ebenso gilt der Manteltarifvertrag...