Entscheidungsstichwort (Thema)
Gratifikation. Freiwilligkeitsvorbehalt. Widerrufsvorbehalt. 13. Gehalt
Leitsatz (amtlich)
1. Wird eine Gratifikation arbeitsvertraglich zugesagt, jedoch unter einen wirksam vereinbarten Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt, so hindert dies zwar grundsätzlich das Entstehen eines entsprechenden Rechtsanspruchs auch für den bereits laufenden Bezugszeitraum.
2. Es spricht jedoch viel dafür, dass der Arbeitgeber von dem Freiwilligkeitsvorbehalt nicht einfach durch schlichte Nichtleistung Gebrauch machen kann, sondern verpflichtet ist, den Arbeitnehmer angemessene Zeit vor dem vereinbarten Fälligkeitstermin darauf hinzuweisen, dass er die vertraglich avisierte Leistung „diesmal nicht” oder jedenfalls nicht in der avisierten Höhe erhalten werde.
Normenkette
BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 04.05.2006; Aktenzeichen 3 Ca 123/06) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 04.05.2006 in Sachen 3 Ca 123/06 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Zahlung eines „13. Monatsgehalts” für das Jahr 2005.
Die Beklagte betreibt eine Steuerberatungsgesellschaft. Der Kläger war vom 10.07.2000 bis zum 31.01.2006 bei der Beklagten als Steuerfachangestellter beschäftigt. Sein monatliches Gehalt betrug zuletzt 2.184,00 EUR brutto. Bis zum Ausscheiden des Klägers beschäftigte die Beklagte vier Mitarbeiter einschließlich einer Auszubildenden. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete aufgrund einer ordentlichen, fristgerechten arbeitgeberseitigen Kündigung vom 25.11.2005, die nicht aus verhaltensbedingten Gründen ausgesprochen wurde.
§ 5 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 10.07.2000 hat folgenden Wortlaut:
”Gehalt/Gratifikation
1. Der Arbeitnehmer erhält ein 13. Monatsgehalt, zahlbar im November eines jeden Jahres. Voraussetzung für die Zahlung des 13. Monatsgehaltes ist das Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses am 01.11. eines jeden Jahres. Im Ein- und Austrittsjahr wird das 13. Gehalt zeitanteilig entsprechend der Anzahl der vollen Beschäftigungsmonate (jeweils 1/12) gezahlt. Die Zahlung des 13. Gehaltes ist darüber hinaus davon abhängig, dass der Arbeitnehmer in laufendem Vergütungsbezug steht.
Für die Zeiten, in denen der Arbeitnehmer aus welchen rechtlichen Gründen auch immer keine Vergütung erhält, entfällt der Anspruch auf Zahlung eines 13. Gehaltes oder vermindert sich zeitanteilig entsprechend.
(2) Der Arbeitnehmer erkennt an, dass das 13. Gehalt freiwillig gezahlt wird und hierauf auch nach wiederholter Zahlung kein Rechtsanspruch besteht.
(3) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dass 13. Gehalt zurückzuzahlen, wenn er aufgrund eigener Kündigung oder aufgrund außerordentlicher oder verhaltensbedingter Kündigung aus einem von ihm zu vertretenden Grund bis zum 31.03. des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres ausscheidet. Die Rückzahlungsverpflichtung gilt entsprechend, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb des vorgenannten Zeitraumes durch Aufhebungsvertrag aus Anlass eines bestehenden Kündigungsgrundes nach Maßgabe des Satzes 1 beendet wird.” (vgl. Bl. 4/5 d. A.).
§ 8 des Arbeitsvertrages des Klägers, welcher Urlaubsfragen regelt, enthält folgenden nachträglichen handschriftlichen Zusatz:
„Es wird ein 14. Gehalt als Urlaubsgeld in den Monaten Juni oder Juli gezahlt. Voraussetzungen wie § 5.”
Auf den vollständigen Inhalt des Arbeitsvertrages wird ergänzend Bezug genommen (Bl. 3 – 8 d. A.).
Die weitere Mitarbeiterin M verfügte über einen gleichlautenden Arbeitsvertrag wie der Kläger.
Bis zum Jahre 2004 einschließlich erhielt der Kläger jeweils das „13. Monatsgehalt” im Sinne von § 5 Abs. 1. Darüber hinaus erhielt er in den Kalenderjahren 2003 und 2004 ein 14. Gehalt als Urlaubsgeld entsprechend § 8 des Arbeitsvertrages.
Auch im Jahre 2005 zahlte die Beklagte im Sommer an den Kläger ein zusätzliches Gehalt als Urlaubsgeld. Ein weiteres zusätzliches Gehalt zahlte die Beklagte im Kalenderjahr 2005 jedoch nicht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe auch für das Kalenderjahr 2005 ein „13. Monatagehalt” im Sinne von § 5 Abs. 1 seines Arbeitsvertrages zu, welches im November 2005 hätte gezahlt werden müssen, aber ohne vorherige Ankündigung nicht gezahlt worden sei. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass es sich bei der in § 5 des Arbeitsvertrages geregelten Leistung um ein echtes 13. Monatsgehalt handele, dessen Zweck darin bestanden habe, die Arbeitsleistung, die er, der Kläger, im Jahre 2005 bereits erbracht habe, zusätzlich zu vergüten. Dies ergebe sich nicht nur aus der ausdrücklichen Bezeichnung als „13. Monatsgehalt”, sondern insbesondere auch daraus, dass die Leistung im Ein- und Austrittsjahr zeitanteilig entsprechend der Anzahl der vollen Beschäftigungsmonate gezahlt worden sei und besonders sinnfällig daraus, dass bei der Berechnung der Höhe des Anspruchs Zeiten, in denen der Arbeitnehmer nicht in laufendem Vergütungsbezug gestanden habe, auszu...