Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 25.11.1999; Aktenzeichen 6 Ca 4147/99) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25.11.1999 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 6 Ca 4147/99 – abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für das Jahr 1999 sechs bezahlte Ausgleichstage nachzugewähren.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Gewährung bezahlter Ausgleichstage nach dem Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden der Systemgastronomie Bereich Westdeutschland (MTV).
Die Klägerin ist seit dem 01.07.1996 bei der Beklagten zu einem monatlichen Bruttogehalt von 2.200,00 DM beschäftigt. Seit 1999 gewährt die Beklagte bei Neueinstellungen ab 01.07.1996 keine Ausgleichstage mehr. Die Klägerin beansprucht für 1999 sechs Ausgleichstage nach § 3 Nr. 2 MTV. Nach dieser Bestimmung ist an alle vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer/innen jeweils für zwei Beschäftigungsmonate ein bezahlter Ausgleichstag zu gewähren. Die Beklagte vertritt die Auffassung, für Neueinstellungen ab 01.07.1996 sehe § 3 Nr. 3 MTV ab 1999 keinen Anspruch mehr auf Gewährung von Ausgleichstagen vor. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für 1999 sechs bezahlte Ausgleichstage zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und die eingereichten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Sie ist aufgrund der Zulassung durch das Arbeitsgericht nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig begründet worden.
Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist begründet. Der Klägerin sind die von ihr in Anspruch genommenen Ausgleichstage für 1999 nachzugewähren.
1. Der Anspruch folgt aus § 3 Nr. 2 S. 1 MTV. Nach dieser Bestimmung erhalten alle vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer/innen wie die Klägerin jeweils für zwei Beschäftigungsmonate einen bezahlten Ausgleichstag. Die Sonderregelung in § 3 Nr. 3 a MTV steht dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Diese Bestimmung enthält keine Regelung über Ausgleichstage ab 1999. Ob die Tarifvertragsparteien damit für den in § 3 Nr. 3 a genannten Personenkreis der ab 01.07.1996 Neueingestellten keine Ausgleichstage mehr gewähren wollten oder ob nunmehr der allgemeine Grundsatz des § 3 Nr. 2 MTV eingreifen sollte, ist durch Auslegung des Tarifvertrages zu ermitteln.
2. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien ist über den reinen Wortlaut hinaus mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages, gegebenenfalls auch eine praktische Tarifübung ergänzend herangezogen werden. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. u. a. BAG, Urteil vom 25.10.1995 – 4 AZR 478/94 –).
a) Der Wortlaut des Tarifvertrages hilft nicht weiter, denn in § 3 MTV ist nicht ausdrücklich geregelt, ob die ab 01.07.1996 neueingestellten Arbeitnehmer/innen für 1999 Ausgleichstage erhalten sollen oder nicht.
b) Unter Berücksichtigung des Zusammenhangs der tariflichen Bestimmungen ergibt sich folgendes: § 3 Nr. 2 S. 1 MTV regelt einen generellen Anspruch auf Arbeitszeitausgleich für alle Arbeitnehmer. Von dieser Regelung macht § 3 Nr. 3 a für Neueinstellungen ab 01.07.1996 eine Ausnahme dergestalt, dass Arbeitnehmer/innen für 1996 keinen Ausgleichstag erhalten, für 1997 einen und für 1998 zwei Ausgleichstage. Daraus folgt aber nicht, dass ab 1999 keine Ausgleichstage mehr gewährt werden sollten. Nach dem systematischen Aufbau spricht mehr für eine zeitlich begrenzte Ausnahmeregelung des § 3 Nr. 3 a MTV im Verhältnis zur allgemeinen Regelung des § 3 Nr. 2 S. 1 MTV mit der Konsequenz, dass mit Ablauf des Jahres 1998 die Ausnahmeregelung endet. Die Tarifvertragsparteien haben für die Jahre 1997 und 1998 die Ausgleichstage aufsteigend gewährt und für das Jahr 1996 ausdrücklich geregelt, dass es keine Aus...