Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen eines Anspruchs des Arbeitnehmers auf Gewährung zusätzlichen Urlaubs aufgrund betrieblicher Übung. Zulässigkeit der Abrundung von Bruchteilen von Urlaubstagen im Geltungsbereich des MTV Aviation

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine betriebliche Übung kann auch bezüglich übertariflicher Anteile einer einheitlichen Leistung entstehen.

2. Dann muss dem tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers aus Sicht des Arbeitnehmers der Wille zugrunde liegen, auch eine bestimmte übertarifliche Leistung zu erbringen.

3. Die Darlegungslast dafür, dass der Arbeitgeber aus Sicht des Empfängers Leistungen gewähren wollte, zu denen er nicht aus anderem Rechtsgrund verpflichtet war oder sich verpflichtet glaubte, trägt der Kläger als Anspruchsteller (BAG, Urteil vom 21.02.2017 - 3 AZR 455/15).

4. Auch Entscheidung zur Abrundung von Urlaubsbruchteilen nach § 17 MTV Aviation (verneint).

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine betriebliche Übung hinsichtlich der Gewährung zusätzlichen Urlaubs kommt von vornherein nicht in Betracht, wenn der Arbeitgeber sich bei der Urlaubsgewährung erkennbar auf die Regelungen des geltenden Tarifvertrages stützen will.

2. § 17 MTV Aviation sind keine Anhaltspunkte für einen übereinstimmenden Willen der Tarifvertragsparteien zu entnehmen, dass Bruchteile von Urlaubstagen auf- oder abgerundet werden sollen.

 

Normenkette

MTV Aviation § 17 Abs. 2; BGB § 151; BUrlG § 5

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 25.01.2017; Aktenzeichen 20 Ca 2195/16)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts vom 25.01.2017- ArbG Köln 20 Ca 2195/16 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts vom 25.01.2017- ArbG Köln 20 Ca 2195/16 - wird zurückgewiesen.
  3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 80 %, die Beklagte 20 %.
  4. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Resturlaubsansprüche des Klägers für die Jahre 2015 und 2016.

Der am 1971 geborene Kläger ist seit dem 07.05.2001 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern als Fluggastkontrolleur tätig und durchgängig am Flughafen Köln/Bonn eingesetzt. Das Arbeitsverhältnis bestand ursprünglich mit der D - D r S - und W GmbH & Co. KG und ging jeweils im Wege jeweils eines Betriebsübergangs zunächst auf die F GmbH und zum 01.01.2015 auf die Beklagte über.

In § 4 Ziffer 1 des Arbeitsvertrages, der am 14.01. bzw. 04.03.2004 durch den Kläger und die D D S - und W GmbH & Co. KG unterzeichnet wurde, ist ein Erholungsurlaub von 20 Tagen bei einer 5-Tage-Woche geregelt. Im Berufungsverfahren ist unstreitig geworden, dass eine ausdrückliche Vereinbarung - schriftlicher oder mündlicher Art - über einen höheren Urlaubsanspruch des Klägers nicht besteht. Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages, der im Übrigen keine Regelung über die Einbeziehung eines Tarifvertrages enthält, wird auf Blatt 46 bis 49 der Akte Bezug genommen.

Der Kläger ist in einem Schichtrhythmus tätig, in dem auf sechs Arbeitstage drei arbeitsfreie Tage folgen. Im Kalenderjahr 2016 arbeitete der Kläger an 244 Jahresarbeitstagen, im Jahr 2015 arbeitete der Kläger an 254 Jahresarbeitstagen.

Der Kläger ist Mitglied der ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Blatt 226 der Akte). Die Beklagte ist Mitglied im Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (im Folgenden BDSW).

Der zwischen der ver.di einerseits und der Tarifgemeinschaft BDSW, FraSec GmbH und FIS GmbH andererseits geschlossene "Manteltarifvertrag für Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen" vom 04.09.2013 (im Folgenden: MTV Aviation) trifft in seinem § 17 zum Urlaub folgende Regelung:

"§ 17 Urlaub

(1) Soweit nichts anderes im Tarifvertrag geregelt ist, gilt das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) in seiner jeweils geltenden Fassung.

(2) Der Erholungsurlaub des/der Beschäftigten, dessen durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf fünf Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt ist (5-Tage-Woche), beträgt je Kalenderjahr

bei einer Betriebszugehörigkeit von 0 - 2 Jahren

26 Arbeitstage

mit Beginn einer Betriebszugehörigkeit von 3 - 4 Jahren

28 Arbeitstage

mit Beginn einer Betriebszugehörigkeit ab 5 Jahren

30 Arbeitstage.

Bei einer regelmäßigen Verteilung der Arbeitszeit im Kalenderjahr auf mehr oder weniger Arbeitstage pro Woche erfolgt eine entsprechende Umrechnung des Urlaubsanspruchs.

Für im Jahres-/Monatsschichtplan arbeitende Beschäftigte sind Urlaubstage die im Schichtplan regelmäßig ausgewiesenen Arbeitstage.

(...)

Die Umrechnung des Urlaubs erfolgt nach folgender Regel:

Urlaubstage Fünftagewoche * Jahresarbeitstage/260

(...)"

Im Berufungsverfahren ist unstreitig geworden, dass es gemeinsame Erläuterungen beider Tarifvertragsparteien zur Berechnungsweise des Urlaubs nach § 17 MTV Aviation - anders als von der Beklagten zunächst behauptet - tatsächlich nicht gibt.

Der "Tarifvertrag zur Überleitung in den Manteltarifvertrag für Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen vom 04.09.2013" (im Folgenden: Überleitungstarif...

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