Entscheidungsstichwort (Thema)
Versetzungsklausel. Unwirksamkeit. Bestimmtheit der Versetzungsanordnung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine vorformulierte Vertragsklausel, wonach die Arbeitgeberin berechtigt ist, einer Filialleiterin eine andere Tätigkeit im Betrieb zuzuweisen, die ihren Kenntnissen und Fähigkeiten entspricht, ist unwirksam, wenn sie keine Einschränkung dahin enthält, dass es sich um eine gleichwertige Tätigkeit handeln muss. Sie benachteiligt die Arbeitnehmerin unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
2. Zur wirksamen Ausübung des gesetzlichen Versetzungsrechts nach § 106 Satz 1 GewO gehört es, dass hinreichend bestimmt ist, welche Aufgaben die Arbeitnehmerin künftig wahrnehmen soll.
Normenkette
BGB §§ 307, 315; GewO § 106 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 07.06.2006; Aktenzeichen 7 Ca 1042/06) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 7. Juni 2006 – 7 Ca 1042/06 – wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin weiterhin als Filialleiterin der Filiale Frechen zu beschäftigen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin versetzen durfte.
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1. Juli 1991 beschäftigt.
Mit schriftlichen, von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrag vom 9. Juni 1992 vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin ab dem 1. Juni 1992 als Niederlassungsleiterin für die Niederlassung K -M eingestellt war. Zugleich vereinbarten sie, dass die Beklagte sich vorbehielt, dieses Aufgabengebiet zu ergänzen und der Klägerin eine andere Tätigkeit im Betrieb zuzuweisen, die ihren Kenntnissen und Fähigkeiten entsprach. Seit der Schließung der Filiale M ist die Klägerin als Filialleiterin in der Filiale F tätig.
Die von der Klägerin als Filialleiterin zu verrichtenden Tätigkeiten sind in einer Stellenbeschreibung vom 2. Dezember 1998 bezeichnet, die von der Beklagten anlässlich einer geplanten DIN-ISO-Zertifizierung als Bestandteil eines Management-Handbuchs erstellt worden ist. Ihre Aufgabe besteht u. a. darin, Aufträge anzunehmen, Waren zu bestellen, das Lager zu verwalten, die Mitarbeiter einzuteilen, Rechnungen zu erstellen, die Kasse zu führen und abzurechnen.
Die Klägerin erhält neben ihrem Gehalt auch eine Umsatzprovision, wobei ab 1. Juli 2000 bei monatlichen Umsätzen der Niederlassung bis DM 149.999,99 ein Provisionssatz von 0,50 %, bei monatlichen Umsätzen ab DM 150.000,00 bis DM 179.999,99 ein Provisionssatz von 1,00 % und bei monatlichen Umsätzen ab DM 180.000,00 ein Provisionssatz von 1,10 % gilt.
Die Klägerin ist seit September 2005 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Sie wird nach eigenen Angaben ab Ende Januar 2007 an einer 5- bis 6-wöchigen Rehabilitationsmaßnahme teilnehmen.
Als technischer Betriebsleiter ist der Ehemann der Klägerin in der Filiale F tätig. Dort sind insgesamt 7 Arbeitnehmer tätig. Daneben betreibt die Beklagte Filialen in B mit insgesamt 6 Arbeitnehmern und in L mit insgesamt 2 Arbeitnehmern. Auch unterhält sie an ihrem Hauptsitz in K -P neben der Verwaltung und dem Einkauf einen Reparaturbetrieb, in dem – wie in den Filialen – Autoscheiben verkauft und eingebaut bzw. repariert werden.
Mit Schreiben vom 12. Oktober 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, da über einen längeren Zeitraum die Umsätze in der Filiale F rückläufig seien, habe sie sich entschlossen, die dortigen Arbeitsabläufe und Verantwortlichkeiten zu überprüfen und ggf. strukturell zu verändern. Nachdem sie die Klägerin und ihren Ehemann am 13. September 2005 über die Planungen unterrichtet habe, hätten beide sich arbeitsunfähig gemeldet. Sie habe entschieden, die Klägerin zunächst vorübergehend in den Reparaturbetrieb in K -P zu versetzen, wo sie dieselbe Tätigkeit wie in der Filiale F zu verrichten habe. Der Ehemann der Klägerin solle künftig nicht mehr als technischer Betriebsleiter der Filiale F im Montagebereich mitarbeiten, sondern von F aus alle Filialen aufsuchen und überwachen.
Mit der am 6. Februar 2006 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Versetzung und verlangt von der Beklagten, sie weiterhin als Filialleiterin in der Niederlassung F zu beschäftigen.
Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, den erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträgen und wegen der Gründe, die die 7. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 7. Juni 2006 Bezug genommen.
Das Urteil ist der Klägerin am 31. August 2006 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 2. Oktober 2006 (Montag) Berufung einlegen und diese am 24. Oktober 2006 begründen lassen.
Die Klägerin ist der Ansicht, nach dem Arbeitsvertrag und der Stellenbeschreibung sei die Beklagte nicht berechtigt, sie gegen ihren Willen in den Reparaturbetrieb in K -P zu versetzen. Die Beklagte sei nac...