Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer Versetzung kraft Direktionsrecht. Unmöglichkeit der Beschäftigungspflicht. Gleichwertigkeit zugewiesener Tätigkeit trotz Wegfall von Befugnissen. Besonderes Gewicht des Direktionsrechts bei unternehmerischer Entscheidung
Leitsatz (amtlich)
Einzelfall zur Wirksamkeit einer Versetzung kraft Direktionsrecht und der Frage, ob die zugewiesene Tätigkeit trotz Wegfalls disziplinarischer Führungsbefugnisse gleichwertig ist.
Normenkette
GewO § 106 S. 1; BGB § 315 Abs. 3; BetrVG §§ 99-100; ZPO § 97 Abs. 1; BGB § 275
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 03.05.2019; Aktenzeichen 3 Ca 2401/18) |
Tenor
- Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 03.05.2019 (3 Ca 2401/18) teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
- Die Berufung der Klägerin gegen das vorgenannte Urteil wird zurückgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
- Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung sowie über die Beschäftigung der Klägerin auf ihrem früheren Arbeitsplatz bzw. einem gleichwertigen Arbeitsplatz.
Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen im Konzern D P D G . Sie ist mit der direkten und schnellstmöglichen Bearbeitung von Kundenaufträgen im Bereich des Response- und Direktmarketings mit nachfolgenden Kommunikationsdienstleistungen befasst. Sie betreibt die Geschäftsfelder Adress- und Datenmanagement. Bei der Beklagten ist am Standort T ein Betriebsrat gebildet.
Die Klägerin, geb. am 1967, ist verheiratet und ist seit dem 15.10.2006 bei der Beklagten auf Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 26./31.07.2006 in Vollzeit als "Leiterin Marketing" beschäftigt. Das Nähere dieser Tätigkeit wird durch die Geschäftsführung geregelt. Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt der Klägerin betrug zuletzt 6.639,98 Euro brutto. § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages lautet wie folgt:
"Die Gesellschaft behält sich vor, [der Klägerin] eine andere oder zusätzliche, ihrer Eignung und ihrer Qualifikation entsprechende Tätigkeit, ggf. auch bei einer anderen zum Konzern gehörenden Gesellschaft zu übertragen. Dieser Vorbehalt erstreckt sich auf die Versetzung an einen anderen Ort. Wenn nichts anderes vereinbart wird, gilt dieser Vertrag dann im Übrigen unverändert weiter; bei Zuweisung einer anderen Tätigkeit bei einem anderen Konzernunternehmen wird das aufnehmende Unternehmen ausschließlicher Vertragspartner."
Wegen des weiteren Inhalts des schriftlichen Arbeitsvertrags wird auf Bl. 10-15, 35-40, 82-87 d.A. Bezug genommen.
Aus der "internen Stellenbeschreibung" für die Position "Leiterin Marketing" aus dem Jahre 2006, die auch Grundlage der Bewerbung und Einstellung der Klägerin war, obgleich sie nicht Bestandteil des schriftlichen Arbeitsvertrages wurde, ergaben sich folgende "wesentlichen Aufgaben" für die genannte Tätigkeit:
Entwicklung von Marketing und PR der [Beklagten] in Einklang mit den Vermarktungsplänen des Konzerns
Planung, Koordination und Steuerung aller Marketing- und PR-Maßnahmen
Marktforschung und Wettbewerbsbeobachtung
Führung, Motivation und Weiterentwicklung eines dreiköpfigen Teams
Erster Ansprechpartner des Konzerns bei allen Fragen rund um die Marktkommunikation der [Beklagten]
Vertreten und Durchsetzen der Marketing- und PR-Interessen der Beklagten im Konzern und aktives Unterstützen der Marketing-Maßnahmen des Konzerns durch eigene Ideen und Inhalte
Mitwirken an Produktneuentwicklungen
Steuerung von Agenturen und Dienstleistern.
Wegen des weiteren Inhalts der internen Stellenbeschreibung und die dort angegebenen fachlichen und persönlichen Anforderungen wird auf Bl. 16, 41 d.A. Bezug genommen.
Organisatorisch war die von der Klägerin bekleidete Stellung als Leiterin Marketing mit der Funktion eines "Teamleiters/Teamleiterin" gleichgesetzt (siehe Bl. 3, 62, 632 d.A.). Die Klägerin berichtete allerdings unmittelbar an die Geschäftsführerin P W , wobei die Parteien insofern darüber streiten, ob die Geschäftsführerin dem Bereich Marketing zuzuordnen ist. Die anderen Teamleiter berichteten demgegenüber an die jeweiligen Abteilungsleiter und diese wiederrum an die Bereichsleiter, die wiederum an die Geschäftsführung berichteten.
Soweit es die Aufgaben und die interne Stellung von Teamleitern betrifft, gab es bei der Beklagten ein sog. "Handbuch Personal", das jedoch von der Beklagten im August 2012 außer Kraft gesetzt wurde und seit dem August 2017 aus dem Intranet der Beklagten gelöscht ist. Diese Löschung bestätigte die Klägerin mit E-Mail vom 28.08.2017, 07:42 Uhr, bezüglich deren Inhalts Bezug genommen wird auf Bl. 167 d.A.
In ihrer Position als Leiterin Marketing hatte die Klägerin bis zum Jahr 2017 das Budget jeweils für das jeweilige Folgejahr zu entwerfen. Seitdem plant die Geschäftsführerin der Beklagten das Marketingbudget ohne Mithilfe der Klägerin. Des Weiteren hatte die Klägerin die Aufgabe, die Marketing- und PR-Strategie sowie die Unternehmensstrategie ...