Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmissbräuchliche Kettenbefristung. Befristung des Arbeitsverhältnisses einer Grundschullehrerin. Mehrfachbefristung im Arbeitsverhältnis. Rechtsgrundsätze zur Missbrauchskontrolle

 

Leitsatz (amtlich)

Einzelfall einer rechtsmissbräuchlichen Kettenbefristung des Arbeitsverhältnisses einer Grundschullehrerin.

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Kettenbefristung des Arbeitsverhältnisses einer Grundschullehrerin kann rechtsmissbräuchlich sein.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 28.06.2013; Aktenzeichen 1 Ca 72/13)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung des beklagten Landes gegen das am 28.06.2013 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln- 1 Ca 72/13 - wird zurückgewiesen.

  • 2.

    Das beklagte Land trägt die Kosten der Berufung.

  • 3.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch über die Entfristung ihres Arbeitsverhältnisses.

Die am .1968 geborene Klägerin war zuletzt vom 30.07.2007 bis zum 31.01.2013 ohne zeitliche Unterbrechungen aufgrund von insgesamt 14 mit dem beklagten Land, vertreten durch das Schulamt für den R geschlossenen befristeten Arbeitsverträgen als Lehrkraft in Teilzeit an der katholischen Grundschule "Am B " in P beschäftigt. In § 1 Abs. 2 des letzten Arbeitsvertrages vom 07.07.2012, der eine Unterrichtsverpflichtung von 17 Wochenstunden vorsieht, heißt es:

"Der Befristungsgrund gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 TV-Li. V. m. § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) liegt im konkreten Vertretungsbedarf aufgrund von Elternzeit der Lehrerin/des Lehrers und Lucia Prescher im Umfang von 28 Pflichtstunden."

Mit ihrer am 03.01.2013 erhobenen Klage hat die Klägerin u. a. die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung am 31.01.2013 endet, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 28.06.2013 antragsgemäß festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung am 31.01.2013 beendet worden sei, weil die Befristung gemäß neuerer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts rechtsunwirksam gewesen sei. Wegen der Einzelheiten der arbeitsgerichtlichen Begründung wird auf Bl. 250 ff. d. A. Bezug genommen.

Mit seiner Berufung macht das beklagte Land geltend, im Bereich der Schulen sei die kurze Vertragsdauer und die sich dadurch ergebende Häufung der Verträge schlichtweg auf die Einteilung des Jahres in Schulhalbjahre zurückzuführen. Das dafür maßgebliche Vertretungskonzept beginne am ersten Schultag und ende am letzten Tag des Schulhalbjahres. Für jedes Kalenderjahr fielen damit praktisch mindestens zwei befristete Verträge an. Aus dieser "branchenspezifischen Besonderheit" könne aber keineswegs automatisch auf die Unwirksamkeit der Befristung geschlossen werden. Der letzte Arbeitsvertrag vom 07.07.2012 habe auch einen ganz eindeutigen Sachgrund gehabt, nämlich die Vertretung der Lehrerin P während ihrer Elternzeit bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Lehrerin K ihre eigene Elternzeit beendet gehabt habe und ab dem 01.02.2013 wieder eingesetzt habe werden müssen. Von da an habe es keinen Vertretungsbedarf mehr gegeben.

Das beklagte Land beantragt,

die Entscheidung des Arbeitsgerichts in dem angefochtenen Urteil unter Ziffer 1 aufzuheben und die Klage auch insoweit abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, es habe sich um eine unzulässige Dauervertretung gehandelt. Dauer und Zahl der befristeten Verträge machten deutlich, dass sie zur Deckung des Ausfalls von Stammarbeitskräften beschäftigt worden sei. Der Hinweis auf ein sogenanntes Vertretungskonzept sei nur "pro forma" erfolgt und ändere nichts an dem Dauerbeschäftigungsbedarf. Die im Arbeitsvertrag genannte Frau P befinde sich weiterhin in Elternzeit. Zurzeit sei auch eine weitere Vertretungskraft aus dem sogenannten Vertretungspool an der Schule "Am B " tätig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes haben die Parteien auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung des beklagten Landes ist zwar zulässig, weil sie statthaft(§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht ist mit zutreffenden Gründen zu dem Ergebnis gelangt, dass die letzte Befristung des Arbeitsvertrags der Parteien rechtsunwirksam war und das Arbeitsverhältnis nicht am 31.01.2013 sein Ende fand. Daran vermögen die Einwände der Berufung nichts zu ändern. Im Einzelnen gilt folgendes:

1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht die in der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Anschluss an die grundlegende Entscheidung des EuGH vom 26.01.2012 (C-586/10 - Kücük) entwickelten Rechtsgrundsätze zur Missbrauchskontrolle von sogenannten Kettenbefristungen zugrunde gelegt. Im Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10.07....

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